Hattingen. Autor Hellmut Lemmer ist eine Institution der Kultur in Hattingen. Kubischu, Eisenmänner, eigene Romane, der 73-Jährige hat ein großes Spielfeld.
Herzkartoffel. Kubischu. Wóz. Ja, auch die Eisenmänner, unbedingt der Förderpreis für Junge Literatur. Bewahren und Voranbringen von Kunst und Kultur, das Gegenwärtige der Gesellschaft. In jedem Fall: Hellmut Lemmer.
Mit Tochter Lene auf Spurensuche in Namibia
Möchte man die Geschichte des Südstädters erzählen, gibt es viele Geschichten. Beispielsweise die, wie er sich mit seiner Tochter Lene nach Namibia aufgemacht hat, um den familiären Wurzeln nachzuspüren – Lemmers Großvater Karl Skär hat in Südwestafrika in einer Mission gearbeitet, seine Mutter wurde in Kolmannskuppe geboren.
„Es war toll für mich, mit meiner Tochter unterwegs zu sein. Ein schönes Erlebnis“, erinnert sich Hellmut Lemmer. Mehr noch, sie erleben ein „faszinierendes Land“ – und entdecken die alte Schule von Kolmannskuppe, in der die Mutter einst gelernt hat. Zwischen Bergen von Sand kraxeln die beiden durch die früheren Klassenräume – sie sind auf Spurensuche in Namibia.
Gesammelte Geschichten
Im Jahr 2019 ist Hellmut Lemmers zweiter Roman erschienen, der den Titel „Herzkartoffel“ trägt. Die besonders geformte Knolle, die dem Buch den Titel gibt, betitelt die erste von insgesamt 33 Geschichten über die Fünfziger Jahre im Sauerland.
Das Taschenbuch hat 232 Seiten und kostet 14,90 Euro. Es ist im Woll-Verlag erschienen und kann mit der ISBN-Nummer 978-3943681918 im Handel bestellt werden.
Lemmer hat ein Fläschchen Sand mitgebracht. Denn dieser Sand fasziniert ihn – nicht nur, dass er im Laufe der Jahre, der Jahrzehnte, überall vorgedrungen ist und alles verdeckt, nein, er konserviert auch. „Nichts verrottet, es gibt keine Luftfeuchtigkeit“, sagt der Autor im WAZ-Gespräch, als er sein Buch über die Reise vorstellt: „Der Sand der Namib“, sein wohl persönlichstes Werk.
Studium der Germanistik und der Geographie
Hellmut Lemmer kommt am 26. Februar 1947 in Hunswinkel im Sauerland auf die Welt. In Bochum und Berlin studiert er Germanistik und Geographie und wird Lehrer. Und wenn er sich nicht gerade ums Curriculum kümmern muss, schreibt er gerne: Gedichte, Erzählungen, Kurzgeschichten.
Auch interessant
Mitte der 1980er-Jahre ist er längst in die Hattinger Kulturszene eingebunden, als eine Gruppe gemeinschaftlich beschließt, noch ein bisschen aktiver als andere zu werden. „Es gab wenig Kultur in der Stadt, auch keinen Veranstaltungsraum“, erinnert er sich später gemeinsam mit Christa Heinbruch, Martin Funda und Ulrich Velling. „Die Schulenburg stand leer und wir dachten: Die würde sich als Kulturzentrum eignen.“
Initiative wird zur Kultur- und Bildungskooperative Schulenburg
Aus dieser Initiative geht schließlich die Kultur- und Bildungskooperative Schulenburg, kurz: Kubischu, hervor. Das Kulturzentrum scheitert zwar, dennoch hatte sich ein fester Wille durchgesetzt: „Wir machen jetzt mehr Kultur in der Stadt – auf andere Art und Weise.“
Sie engagieren sich im Hüttenkampf, veranstalten natürlich Lesungen, sind beim Altstadtfest präsent, ja, sogar im Karneval. Und sie rufen der Förderpreis für Junge Literatur ins Leben, eine Auszeichnung, die schnell einen besonderen Ruf weit über die Stadtgrenzen hinaus gewinnt. Hellmut Lemmer ist immer dabei, leitet oft die Jurysitzungen, die gerne auch im eigenen Garten stattfinden. Gemeinsam haben sie ein Herz für die kleinen, die unbekannten Kulturschaffenden.
Auch interessant
Hellmut Lemmer hat durch seine enge Verbindung zum polnischen Künstler Zbigniew Fraczkiewicz eingefädelt, dass die Steinskulptur Wóz heute im Gethmannschen Garten liegt, auch, dass die restlichen Eisenmänner 2019 nach Hattingen geholt werden. Nein, er würde das niemals als seinen Verdienst ansehen, schon gar nicht mag er darüber sprechen, weil er immer die Gemeinschaft sieht – das große Rad lässt sich nur drehen, wenn auch die Kleinteile funktionieren.
Hellmut Lemmers Blick geht stets voraus
Und so geht sein Blick stets voraus: Kulturelle Veranstaltungen und Aktionen werde es weiter geben – „vermutlich aber in teils anderer Form“, erklärt er Anfang des Jahres. Hattingen sieht er gut aufgestellt, gerade auch durch viele private Initiativen. Aber: „Ich wünsche mir, dass die Stadt diese künftig noch stärker finanziell und organisatorisch unterstützt. Denn ohne eine Förderung lokaler Aktivitäten könnten Kulturinteressierte abwandern in andere Orte, und das wäre ein echter Bedeutungsverlust für die Stadt.“
>>> Weitere Hattinger Gesichter und Geschichte(n):
>>> WOHLGEMUTHS HERZ FÜR DIE HEIMAT UND DIE ARBEITER