Hattingen. Haschisch hat ein Mann aus Hattingen jahrelang geraucht, mit fatalen Folgen. Zum Gedenktag für verstorbene Drogenabhängige erzählt die Mutter.
Wenn das eigene Kind Drogen nimmt, bricht für Eltern eine Welt zusammen. Dann machen sie sich schwere Selbstvorwürfe, versuchen verzweifelt, ihr Kind wieder weg zu bekommen von der Droge. Auch bei Elke (68) aus Hattingen war das so, als ihr Sohn in jungen Jahren begann, Haschisch zu rauchen. Und auch wenn er heute clean ist, sagt sie: „Der Sohn, wie ich ihn vor der Drogenzeit hatte, ist tot.“
Etwa 16 Jahre alt war ihr Sohn, als Elke sein Haschisch-Konsum auffiel
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Etwa 16 Jahre alt sei ihr Sohn gewesen, als ihr auffiel, dass er Haschisch rauchte, sagt Elke, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Doch jedes Mal, wenn sie ihn damit konfrontierte, habe er dies abgestritten oder sei ihr ausgewichen.
Zunehmend mehr habe sie gemerkt, wie sich sein Verhalten veränderte, er immer seltener Regeln einhielt, antriebsloser wurde, aber auch aggressiv. Elke wandte sich an die Drogenberatungsstelle, fand schließlich den Weg zum Hattinger Elternkreis drogengefährdeter und drogenabhängiger Jugendlicher. Dieser sei ihr bis heute eine Stütze. „Der Elternkreis hilft, einander gegenseitig zu stärken, klar zu machen, dass nicht wir verantwortlich sind für die Sucht unseres Kindes.“ Fest stehe nur: „Es trifft immer die Schwächsten und die Liebsten.“
Irgendwann registrierte Elke, dass er Stimmen hörte
Wie ihren Sohn, einen „sehr sensiblen jungen Mann“. In der Pubertät rutschte er immer weiter in seine Haschisch-Welt ab. Irgendwann registrierte Elke, dass er sich verfolgt fühlte, Stimmen hörte. Doch zum Arzt bekam sie ihn nicht. Bis zu jenem Tag, als ihr Sohn, den sie inzwischen erstmals rausgeschmissen hatte, wieder vor ihrer Tür stand. Mit der Faust habe er diese eingeschlagen, sei dann zu seiner Oma geflüchtet. Sie habe die Polizei gerufen, die den Sohn aus deren Wohnung holte und in eine Klinik brachte. Dort wurde eine schizophrene Störung diagnostiziert, nicht unwahrscheinliche Folge des Cannabis-Konsums.
Elke erzählt, wie sie mit dem Sohn in den Folgejahren ein Wechselbad der Gefühle durchlebte: mit Phasen, in denen es schien, als bekomme er sein Leben mit Hilfe von Medikamenten doch noch in den Griff. Und mit starken Abstürzen. Immer wieder fand der Sohn dann einen, der sich ihm annahm. Elke, den Vater, die Oma.
Eltern, die sich langfristig zu Co-Abhängigen machen, verlängern die Sucht des Kindes
Genau davon, so die 68-Jährige, werde im Elternkreis abgeraten. Wenn jemand seine Suchtproblematik nicht einsieht, therapieresistent bleibt, müsse die Familie „in Liebe loslassen“. Statt sich langfristig zu Co-Abhängigen zu machen. „Das verlängert die Sucht nur.“ Doch wie den meisten Eltern, so sei auch ihr dieser Schritt „emotional sehr schwer gefallen. Manchen gelingt er nie“.
So kennt sie ein Paar, dessen Tochter an Heroin verstarb. Als das Mädchen selbst schon zu schwach war, sich den Stoff zu besorgen, habe ihr Vater dies voller Verzweiflung angesichts des leidenden Kindes getan. Bis heute, so Elke, sei das Paar nicht über den Tod hinweg. „Ein Kind zu verlieren, ist eh’ schon ein traumatisches Erlebnis. Aber es an Drogen zu verlieren? Das kann man kaum verarbeiten.“
Vor einigen Jahren versuchte der Sohn, sich das Leben zu nehmen
Auch Elke geht das so. Rund fünf Jahre ist es jetzt her, als sie einen Anruf von der Polizei erhielt: Ihr Sohn hatte versucht, sich mit dem Sprung von einer Brücke das Leben zu nehmen. Seitdem ist er querschnittsgelähmt, der nun 44-Jährige lebt heute in einer Pflegeeinrichtung, Elke besucht ihn regelmäßig. „Es ist wichtig“, sagt sie, „sich jeden Tag aufs Neue bewusst zu machen, für was es sich auch in einer solchen Situation noch zu leben lohnt.“
Kontakt zum Hattinger Elternkreis drogengefährdeter und drogenabhängiger Jugendlicher über die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe, 02324/ 95 49 71.