Die Stadt Hattingen lehnt einen I-Helfer für einen Autisten fürs Homeschooling ab. Der Kreis entscheidet in seinem Zuständigkeitsbereich anders.
Während der Ennepe-Ruhr-Kreis in der Corona-Zeit sehr wohl eine Inklusionsassistenz für das Lernen im häuslichen Umfeld bewilligt, wenn Kinder schon zuvor einen Integrationshelfer hatten, lehnt die Stadt Hattingen das ab. Das führt für eine Familie in Hattingen zu einer schwierigen Situation.
Ein Elfjähriger mit Autismus in Verbindung mit ADS sowie einer Lern- und Schwerbehinderung besucht mit Hilfe einer Inklusionshelferin eine Regelschule. „Die Assistenz ist jedes Jahr vom Jugendamt Hattingen bewilligt worden.“ Doch dann schlossen die Schulen wegen Corona – und die Bewilligung lief zum 31. März aus. Schon lange vorher hatte die Mutter den Antrag auf Weiterbewilligung gestellt. „Ich habe in der Krise dann gebeten, dass die Inklusionshelferin meinen Sohn im häuslichen Umfeld bei der Erledigung der Schulaufgaben begleitet und ihm hilft, an den Online-Konferenzen teilzunehmen“, sagt die Mutter.
Eingabe zum Epidemie-Gesetz
Die Mutter hat eine E-Mail an die Referentin des Bürgermeisters geschickt und eine Nachricht via Facebook-Messenger an Bürgermeister Dirk Glaser. Die Nachrichten sollen laut Stadt nicht eingegangen sein.
Inzwischen hat sich die Mutter an den Landtag gewandt mit einer Eingabe zum Epidemie-Gesetz NRW, doch eine verbindliche Regelung für Kinder und Schüler mit Behinderung zu schaffen. „Ich habe ein Aktenzeichen bekommen. Das wird also besprochen werden.“ Inzwischen haben sich einige Verbände zu dem Thema positioniert.
Das lehnte das Jugendamt der Stadt ab. Der Grund: „Aufgabe ist bei Leistungen nach dem SGB VIII das Ermöglichen der Teilnahme am Leben der Gemeinschaft. Wobei dazu nicht der häusliche Bereich zählt. Denn die Hilfe ist keine Hausaufgabenhilfe, sondern soll dem Kind Techniken vermitteln, mit seiner Störung am Leben teilzunehmen. Es handelt sich mithin also nicht um eine Betreuungsunterstützung im häuslichen Bereich“, argumentiert Dirk Achenbach, Leiter des Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie allgemein, ohne auf den konkreten Fall eingehen zu wollen.
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„Das war für uns ein Schock. Ich arbeite in einem systemrelevanten Bereich, habe also Anspruch auf Notbetreuung in der Schule.“ Die musste die mehrfache Mutter nun in Anspruch nehmen. Und für die Notbetreuung bewilligte die Stadt auch die Integrationshilfe. Derzeit wird der Elfjährige dort betreut. „Es wäre doch aber besser, wenn er seine Aufgaben erledigen könnte, vormittags an Konferenzen und damit am Klassenleben teilnehmen könnte“, bedauert die Mutter.
Dabei will sie gar nicht mit dem Finger auf die Stadt zeigen, sondern ärgert sich vielmehr, dass es keine verbindliche Regelung gibt und Vorschriften unterschiedlich ausgelegt werden. Denn: „Ich hatte Kontakt zum EN-Kreis, der bewilligt die Assistenz im häuslichen Umfeld.“ Und zwar für Kinder, für die der Kreis zuständig ist, also körperlich und geistig Behinderte. Der Hattinger aber gilt als seelisch behindert – und fällt damit in den Zuständigkeitsbereich des städtischen Jugendamtes. „So muss ich mein Kind jetzt in die Notbetreuung geben, wo er einem Infektionsrisiko ausgesetzt ist, statt ihn daheim mit Hilfe der Assistenz an den Schul-Online-Angeboten teilnehmen zu lassen“, erklärt die Mutter.