Hattingen. Der Obst- und Gemüseverkäufer Herbert Schnabel ist eines der Originale in Hattingen: Als Marktschreier schafft er es bis ins ZDF-Abendprogramm.
Kein Zweifel, er redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Viel, oft laut, selten leise. Das hat ihn bekannt gemacht, zu einem Original: Herbert Schnabel, der sich als Bananen-Herbert einen Namen gemacht hat, ist Obst- und Gemüseverkäufer. Und er ist Marktschreier – so hat er es bis ins Fernsehen zu Thomas Gottschalk geschafft.
Unvergessen ist dieser Tag 1987: Eine Chinese kauft bei Herbert Schnabel auf dem Wochenmarkt ein – und vergisst eine Tüte mit 10.000 DM auf dem Blumenkohl. Es war die Zeit, als die Chinesen den Hochofen auf der Hütte abgebaut haben. Selbstverständlich hat er das Geld zurückgegeben. Finderlohn? „Die haben mich zum Essen ins Ledigenheim eingeladen“, sagt er in einem Gespräch mit der WAZ. Und nach China sollte er kommen, Ferien machen. Aber China ist nix für den Hattinger, er fliegt lieber nach Gran Canaria – dorthin, wo die Bananen wachsen.
Ausgerechnet Bananen, sie bestimmen sein Leben
Womit wir mitten im Thema sind. Ausgerechnet Bananen, sie bestimmen sein Leben. Sie bereiten ihm Freude, so wie er seinen Kunden Freude macht. Sie bescheren unvergesslichen Anekdoten und machen Bananen-Herbert zur Marke.
Herbert Schnabel wird am 8. Juli 1947 in Blankenstein geboren. Schon im Alter von sieben, acht Jahren rollt er mit einem Wagen voller Einkellerungskartoffeln durchs Dorf. Als Jugendlicher kommt er immer wieder auf den Wochenmarkt, um Grünzeug für seine Karnickel zu holen. Er beobachtet, wie Birnen und Bananen, Kartoffeln und Karotten die Besitzer wechseln, wie Gemüsekisten von Lastwagen gehievt werden, wie die Menschen mit ihrer zupackenden und bodenständigen Art bei jedem Wind und Wetter ihrem Handwerk nachgehen. „Und dann bin ich einfach dageblieben“, erzählt er.
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Wir schreiben das Jahr 1962, als der Junggeselle bei „Früchte Brandenstein“ anheuert – und durch seine besondere Art zu einer kleinen Berühmtheit auf dem Wochenmarkt wird. Und in der Fußgängerzone, denn Brandenstein betreibt viele Jahre einen festen Stand auf der oberen Heggerstraße. Wenn Kinder vorbeilaufen, gibt es eine Gratis-Banane auf die Hand, für die Eltern einen flotten Spruch – schon ist er mitten im Verkaufsgespräch.
Grüne Schürze und brauner Hut sind seine Markenzeichen
Grüne Schürze und brauner Hut, das das sind seine Markenzeichen. Und eben seine Schnüss, sein Schnabel, der ihm so manchen Preis eingebracht hat. Denn in den 1980er-Jahren wird Bananen-Herbert in die Gilde der Marktschreier aufgenommen. Seite an Seite mit Wurst-Achim und Blumen-Antje reist er durchs Land, begeistert auf Stadtfesten und Jahrmärkten. Er holt seine stimmgewaltigen Kollegen auch zur Hattinger Leistungsschau „Das Fest“ in seine Heimat.
Aus für Hattinger Traditionsunternehmen
Das Traditionsunternehmen „Obst und Gemüse Brandenstein“ hat im Sommer 2019 den Betrieb eingestellt. „Gesundheitsbedingte Gründe“ hätten sie zur Aufgabe der Marktstände gezwungen, erklärt die Familie. Das Ladenlokal an der Blankensteiner Straße gab es schon länger nicht mehr. Zudem seien „die Geschäfte seit einigen Jahren völlig rückläufig“ gewesen.
„Obst und Gemüse Brandenstein“ blickt auf eine mehr als 80-jährige Geschichte: Georg Brandenstein hatte seinen kleinen Lebensmittelladen im Jahr 1933 an der Blankensteiner Straße eröffnet, seit 1954 war die Familie auch auf den Wochenmärkten – zuletzt in Hattingen-Mitte und Welper – vertreten. Das Unternehmen bleibt über drei Generationen in Familienhand.
Höhepunkt in Bananen-Herberts Karriere als witzig-wortgewandter Verkäufer ist der Auftritt bei Thomas Gottschalk in dessen Samstagabend-Sendung „Na sowas“ 1987. Zwei Minuten lang darf er seine Kunst präsentieren – und er ist danach bekannt wie ein bunter Hund. „Das war ein sehr schönes und spannendes Erlebnis“, erinnert er sich Herbert Schnabel.
Und immer wieder kommt es zu einer dieser Anekdoten
Auch privat ist er humorvoll, wenn er das auch nicht jedem zeigt. „Der tut manchmal nur so doof“, verraten seine Kolleginnen. Nein, der Herbert sei in Ordnung, auch hilfsbereit.
Selbst im Ruhestand bleibt er unruhig und verkauft weiter – je nach Saison auch Erdbeeren und Spargel. Und dabei kommt es dann wieder zu einer dieser Anekdoten: Etwa bei dem Kunden, der sich telefonisch beraten lässt, welche Spargelsorte er nehmen solle – und sich dann vier einpacken lässt. Nicht Kilo, nicht Pfund, nein, vier Stangen. „Da war das Gespräch ja teurer als der Spargel“, schüttelt Schnabel den Kopf. Staunend sieht er die Kundin, die sich am Stand 20 Einkaufstüten schnappt („Die passen so gut in den Mülleimer“) – ohne Gemüse oder Obst zu kaufen.
Als Rentner ist er weiterhin hin und wieder mit am Stand
„Ich habe mir alles angeeignet“, sagt Herbert Schnabel im WAZ-Interview zu seinem 70. Geburtstag. Und fügt stolz an: „55 Jahre bei einer Firma – das soll mir erst mal einer nachmachen“.
Als Rentner ist Herbert Schnabel aber nur hin und wieder dabei, aus Spaß an der Freunde und fürs Urlaubs-Zubrot. Denn er will ja wieder nach Gran Canaria – dorthin, wo die Bananen wachsen.
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