Hattingen. Für die Praxis von Birgit und Ingo Kühnemund in Hattingen gibt es derzeit viele Veränderungen. Teils laufen Therapien während der Krise weiter
Seit 21 Jahren arbeitet Ingo Kühnemund von der Praxis für Logopädie Kühnemund am Rathausplatz 2 in Hattingen schon als Logopäde, ist außerdem Dozent an der Awo-Logopädieschule. Er ist auch in der Corona-Krise für Patienten und Schüler da - teilweise online.
"Natürlich therapieren wir derzeit weniger. Anfangs hatten wir von uns aus den neurologischen Patienten, die beispielsweise einen Schlaganfall hatten, abgesagt, denn das Risiko schien uns hoch", erklärt Kühnemund (51). Viele Eltern von Kindern hätten dafür ihrerseits die Therapie abgesagt. "Aber inzwischen kommen gerade von Elternseite wieder mehr Anfragen nach Therapien für Kinder, weil sie jetzt so viele Wochen zuhause sitzen und merken, dass dringend wieder etwas passieren muss", so Kühnemund.
Logopäde Ingo Kühnemund in Hattingen therapiert nicht nur in Corona-Zeiten auch online
Kreativ und bemüht sein müssten derzeit alle. "Es ist alles schwieriger, aber es geht", betont der Logopäde. Mit seiner Frau Birgit hat er eine weitere Praxis in Remscheid, arbeitet dort mit einer Klinik zusammen. "Die Untersuchung von Patienten mit Schluckstörung hat meine Frau dort zwar mit Mundschutz und unter Einhaltung der Hygienerichtlinien gemacht, aber dennoch ist das in diesen Zeiten ein schwieriges Unterfangen. Es gab auch Corona-Verdachtsfälle."
Mit einer Maske zu arbeiten, sei für die logopädische Therapie mit Kindern "sinnfrei". Darum habe sich die Praxis für eine Plexiglas-Lösung entschieden. "Es war nicht einfach, entsprechenden ,Spuckschutz' überhaupt noch zu bekommen. Ein Patient hat uns dann aus Holz Halterungen gesägt, so dass der Therapeut jetzt auf der einen Seite der Scheibe, der Patient auf der anderen sitzt."
Deutschlandweit fragen Patienten die Stottertherapie von Ingo Kühnemund nach
Auch das Desinfizieren macht derzeit einen guten Teil der Arbeitszeit der Praxismitarbeiter aus. "Man muss immer aufpassen, dass man auch ausreichend Desinfektionsmittel hat. Die sind ja auch Mangelware." Eigens ein Handtrockensystem hat die Praxis in der Corona-Krisenzeit angeschafft.
Die Praxis ist Fachpraxis für Stottertherapien und Schluckstörungen. Schon vor langer Zeit hat sich Ingo Kühnemund auf die Stottertherapie spezialisiert, hilft Patienten aus ganz Deutschland in Intervall-Therapien. Teilweise wurden die Betroffenen dabei online unterstützt. Das funktioniere gut. Und so habe er auch schon Erfahrungen mit Online-Therapien machen können. "Ich habe nicht bei Null angefangen."
Eine Online-Sprachtherapie eignet sich nicht für alle Patienten
Aber eine Online-Therapie würde sich nicht für jeden und ganz besonders nicht für Kinder eignen, bei denen Blickkontakt auch sehr wichtig sei. "Dennoch ist es gut, dass es derzeit von den Kassen eine Sonderregelung für die Online-Therapie gibt." Kühnemund beschreibt aber auch, dass gerade das Datenschutz-Thema bei Therapien ein großes sei. "Es gibt aber Software, die Richtlinien-konform ist", erklärt er.
Per Videotherapie arbeitet er derzeit beispielsweise mit vielen Jugendlichen zwischen zwölf und 16 Jahren, die stotterten. "Das funktioniert gut. So können Sprechtechniken geübt und in Erinnerung gehalten werden." Auch mit den Schülern der Awo-Logopädieschule steht er online in Kontakt.
Bildschirm der Praxis kann für Patienten freigeschaltet werden
Zudem hat Kühnemund die Möglichkeit, seinen Bildschirm freizuschalten für Patienten. "Ich habe als ein Beispiel ein Laut-Memory auf dem Rechner, damit übe ich gerade das richtige S mit einem Mädchen. Ich höre Fehler und kann dann korrigieren." Insgesamt bemühten sich derzeit alle Mitarbeiter, Materialien fürs Online-Lernen zu adaptieren.
Kühnemund befürchtet für einige Patienten, besonders neurologische Patienten und Kinder, schon einen Therapierückschritt nach einer langen Pause. "Das stellen wir ja schon nach beispielsweise den Sommerferien fest, wenn die Übungen im Urlaub oder zuhause nicht fortgeführt worden sind."
Info-Kasten:
Ingo Kühnemund ist seit 1997 staatlich anerkannter Logopäde und selbstständig in eigener Praxis seit 1999. Er ist Lehrlogopäde für den Bereich Stottern und Poltern seit 1999 an Lehranstalten für Logopädie, Supervisor, zertifizierter NeuroVitalis-Trainer, Mitglied in den Gremien “Schlaganfall” und “Kindergesundheit” des Gesundheitsamtes der Stadt Remscheid.
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