Hattingen. NRW-Schulen sollen ab nächster Woche für Abschlussklassen öffnen können. Schulleitungen spielen mögliche Szenarien für eine Schulöffnung durch.
Zweigleisig sind viele Lehrer in Hattingen in den Osterferien gefahren: Sie haben einerseits geplant, welche Materialien sie Schülern zur Verfügung stellen, wenn Schulen wegen der Corona-Krise geschlossen bleiben. Andererseits haben sie regulär Unterricht geplant. In NRW soll der Unterricht für Abschlussklassen ab nächster Woche laut Ministerpräsident Armin Laschet wieder möglich sein.
"Wir müssen in diesen Zeiten einfach flexibel sein. Die Lehrerin des vierten Schuljahres hat beispielsweise über Padlet ein digitales Klassenzimmer vorbereitet, aber auch den Unterricht normal geplant", sagt Andrea Müller-Feld, Leiterin der Gemeinschaftsgrundschule Alt-Blankenstein. Dem Homeschooling, der Schule daheim, steht also von Lehrerseite aus nichts im Wege.
Schule in Hattingen muss vor einer Öffnung in Corona-Zeiten auch noch grundgereinigt werden
Sie zählt auf, was vor einer Öffnung der Schule noch erledigt werden müsste: "Wir hatten - wie viele Schulen - in den Ferien Handwerker hier. Da muss erst eine Grundreinigung erfolgen, die Kontaktflächen müssen gesäubert werden. Das braucht Vorlauf. Wir wollen und werden die Hygienemaßnahmen einhalten."
Dr. Elke Neumann, Leiterin der Gesamtschule Hattingen, bereitet mit ihrem Team nicht nur den Unterricht daheim weiter vor, sondern spielt mit dem Kollegium alle möglichen Szenarien für eine Schulöffnung - wann auch immer - durch. "Wir haben die Option mit den Fünfer- und Sechserklassen durchgespielt, dann mit dem zehnten Jahrgang getrennt von der Oberstufe." Das sei alles nicht einfach, zumal etwa ein Viertel der Lehrer ausfallen würde, weil die Betroffenen zu einer Risikogruppe zählten.
Schüler müssen in Regeln zum Abstand und zur Hygiene geschult werden
Schulungen mit den Schülern hinsichtlich der Verhaltensregeln hält sie für notwendig, spricht sich dafür aus, dass Schüler, die vor einem Abschluss stehen, diesen in abgespeckter Version ablegen können.
Gespannt ist Rolf Kaßner, kommissarischer Leiter der Gemeinschaftsgrundschule Niederwenigern Nikolaus Groß darauf, wie die Schule wieder starten wird. "Denn es gibt ja auch Lehrer über 60 Jahren, die zur Risiko-Gruppe gehören und dann wohl nicht unterrichten. Es müssen Konzepte entwickelt werden, wenn die genauen Bedingungen bekannt sind", erklärt er.
Gewerkschaft sieht das Problem, dass einige Lehrer zu einer Risikogruppe zählen
Ulrich Pohl von der Ortsgruppe Hattingen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht bei einer Schulöffnung ebenfalls das Problem, dass in Kollegien teils Lehrer wären, die aufgrund ihres Alters oder aufgrund von Vorerkrankungen zu einer Risikogruppe gehörten. Zudem betont er, dass es bei älteren Schülern eher die Chance gebe, dass sie sich an die Abstands- und Hygieneregeln hielten. "Bei den jüngeren Schülern, denke ich, ist das schwieriger."
Stellung bezogen hat auch das Elternnetzwerk NRW, in dessen Leitungsgremium die Hattingerin Alla Weber sitzt. "Wir haben am Mittwoch in einer Stellungnahme mit Empfehlungen der Elternverbände NRW zur Bewältigung der Corona-Krise an den Schulen veröffentlicht. Dort fordern wir nicht nur, dass Hygienekonzepte für Schulen erstellt und umgesetzt werden, sondern auch, dass zentrale Prüfungen wie das Abitur ausgesetzt werden", erklärt Alla Weber. Eine bundesweite Anerkennung des jeweiligen Abschlusses ohne Prüfungen sei zwingend notwendig.
Bildungschancen für manche Schüler sind in Homeschooling-Zeiten sehr schlecht
Alla Weber betont auch, wie ungleich die Bildungschancen für Kinder und Jugendliche seien. Denn es gebe Eltern, die sich intensiv um die Bildung ihrer Kinder kümmerten. Andere dagegen seien dazu nicht in der Lage. Das mache sich gerade in Corona-Zeiten deutlicher bemerkbar. Es gebe es Schüler, die kein eigenes digitales Endgeräte daheim hätten, die keine lernförderlichen Strukturen in den eigenen vier Wänden vorfänden, die sich ein Zimmer mit mehreren Geschwistern teilten oder schlecht Deutsch sprächen.
Info:
Die Schulen in Nordrhein-Westfalen sind seit Montag, 16. März, geschlossen. Die Schüler haben in dieser Zeit von den Lehrern auf unterschiedlichsten Wegen Aufgaben zugeschickt bekommen.
Wie genau diese Arbeiten und insgesamt dieses laufende Halbjahr bewertet werden sollen, steht bislang noch nicht fest.