Hattingen. Chöre sind durch das Coronavirus besonders betroffen – nicht nur in Hattingen. Die meisten Mitglieder sind in der Risikogruppe 70 plus.

„Wir befinden uns in einer Schockstarre. Man kann mit der Situation gar nicht umgehen“, gibt Burkhard Kneller, Kreisvorsitzender des Chorverbandes EN-Nord zu. Kein Mensch wisse, wann es wieder losgeht und wann das Coronavirus die Menschen wieder aus seinem Würgegriff lässt. Dabei laufen auch für die Chöre der Ehrenamtlichen die Kosten weiter. Zum Beispiel für Mieten der Proberäume. „Viele bekommen existenzielle Probleme“, sagt er.

Mit insgesamt drei Chören tritt seine Hattinger Sängervereinigung häufig auf

Burkhard Kneller ist Vorsitzender des Chorverbandes EN-Nord und der Hattinger Sängervereinigung.
Burkhard Kneller ist Vorsitzender des Chorverbandes EN-Nord und der Hattinger Sängervereinigung. © Fischer | Walter Fischer

Mit insgesamt drei Chören tritt seine Hattinger Sängervereinigung häufig auf. „Bis auf den Jazzchor sind alle Mitglieder in der Risikogruppe, was Corona betrifft. Denn sie sind altersmäßig alle 70 plus“, sagt Kneller. Auch der gemischte Chor Mundwerk EN ist in der Altersgruppe angesiedelt. Nur der Jazzchor bestehe aus der nächst jüngeren Generation, die zwischen 45 und 55 Jahre alt ist.

„Wir sind mit unserem Männerchor noch in der komfortablen Lage, im Holschentor kostenlos proben zu dürfen. Aber unseren Chorleiter Gregor Brück, der Kirchenmusiker ist, haben wir fest engagiert.“ Und man könne ihn als Profi natürlich nicht von den Mitgliedsbeiträgen alleine – 90 Euro pro Jahr pro Mitglied – bezahlen. Da sei man auch auf die Einnahmen angewiesen, die man bei großen Auftritten bekomme.

Zum Stadtjubiläum in Sprockhövel war ein Kreis-Chorfest mit zehn Chören geplant

Geplant worden sei zum Beispiel, zum Stadtjubiläum in Sprockhövel ein Kreis-Chorfest mit zehn Chören zu veranstalten. Dafür müsse man proben, was zurzeit nicht möglich ist. Man sei auch dringend auf die Einnahmen aus dem Parkfest am Holschentor angewiesen, auf dem die Mitglieder Getränke und Würstchen verkaufen. Genauso wie der Männerchor immer einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt in der Altstadt hat. Diese Einnahmen werden im darauffolgenden Jahr benötigt.

Der Jazzchor Voicemail EN der Hattinger Sängervereinigung beim Weihnachtskonzert im vergangenen Dezember.
Der Jazzchor Voicemail EN der Hattinger Sängervereinigung beim Weihnachtskonzert im vergangenen Dezember. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Aber mindestens genauso schlimm, wenn nicht gravierender, sei das Wegbrechen der sozialen Kontakte. „Wir haben natürlich sehr viele alleinstehende Frauen bei uns, mit denen wir uns regelmäßig treffen.“ Jetzt gehe die Verbindung nur noch übers Telefon, die Menschen drohten, wirklich zu vereinsamen.

Der Chor erfülle ja nicht nur eine wichtige Aufgabe auf musikalischer Ebene, sondern auch auf sozialer. „Das Schlimme ist, dass es keinen Schuldigen gibt. Wir fühlen uns so ausgeliefert und sitzen zurzeit wie das Kaninchen vor der Schlange“, sagt Burkhard Kneller.

Der Zusammenhalt und die sozialen Verbindungen zeigen sich bei vielen Aktivitäten

Der Zusammenhalt und die guten sozialen Verbindungen zeigten sich bei so vielen Aktivitäten. Zum Beispiel bei der Vatertagstour, die nicht nur für Männer gedacht ist. „Die wird in diesem Jahr möglicherweise ja auch ausfallen.“

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Auf dem Programm, das für dieses Jahr vorbereitet war, stünden viele kleinere Konzerte, für die man nicht unbedingt intensiv proben müsse. Aber fest eingeplant seien auch einige richtig große Konzerte. „Da kann man nicht einfach so auftreten, dafür müssen wir wirklich intensiv proben“, sagt der Kreisvorsitzende des Chorverbandes EN. Zum Beispiel brauche man für das große Sommerkonzert mindestens sechs bis sieben Proben. „Solche Auftritte gehen nicht einfach von Null auf Hundert.“

Jetzt heißt es also für die insgesamt 110 Personen der drei Chöre konsequent zu Hause zu bleiben. Das befolgt auch Burkhard Kneller zusammen mit seiner Frau Bärbel, die Schatzmeisterin des Männerchores und Mitglied im geschäftsführenden Vorstand ist.