Hattingen. Werner Lutzke ist für den Ambulanten Hospizdienst Hattingen-Witten aktiv. Im Interview sagt er, warum Männer dieses Ehrenamt ausüben sollten.
Werner Lutzke (70) ist seit fünf Jahren ehrenamtlicher Hospizhelfer. Als er den Vorbereitungskursus des Ambulanten Hospizdienstes Hattingen-Witten absolvierte, war er der einzige Mann. Im Interview erzählt er hier, warum auch Männer dieses Ehrenamt ausüben sollten.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich zu engagieren?
Werner Lutzke Ich hatte mir immer vorgenommen, nach meiner Pensionierung noch mal etwas Sinnvolles zu machen. Als ehemaliger Lehrer dachte ich daran, an die Uni zurückzukehren und Geschichte zu studieren. Dann machte mich meine Frau auf einen Artikel in der Zeitung aufmerksam, wo von der Ausbildung zum ambulanten Hospizhelfer die Rede war. So kam eins zum anderen. Die Idee, erneut zu studieren, liegt jetzt auf Eis.
Warum haben Sie sich von diesem Ehrenamt angesprochen gefühlt?
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Das hat viele Gründe. Helfen fand ich schon immer wichtig. Einschneidende Erfahrungen in meinem Leben haben dazu geführt, dass ich mich mit den Themen Sterben und Tod auseinandersetzen musste. Als meine erste Ehefrau 2006 die Diagnose bekam, dass sie an ALS (Anm. d. Red.: eine nicht heilbare, degenerative Erkrankung des Nervensystem) litt, war das erste halbe Jahr ganz schlimm. Man konnte nur an diesen Fakt denken, und auch die Arbeit als Lehrer lenkte mich nicht von den Gedanken ab. Im Laufe der Zeit wurde es besser. Wir bekamen Unterstützung vom Pflegedienst, den Menschen der Lebenshilfe und einem Palliativmediziner. So konnte ich meine Frau bis zu ihrem Tod pflegen, dafür ging ich in Altersteilzeit. Vier Tage in der Woche war ich zuhause, um mich um meine Frau zu kümmern. Das war eine intensive Erfahrung mit dem Tod. Sie ist schließlich in meinen Armen eingeschlafen. 2012 starben dann innerhalb eines halben Jahres meine Mutter und mein Vater. Aber da war es eine andere Situation: Sie hatten ein erfülltes, langes Leben.
Wie war es für Sie als einziger Mann den Kurs unter lauter Frauen zu absolvieren?
Manchmal fühle ich mich schon als Hahn im Korb, auch heute noch. Wir treffen uns in der Gruppe ja weiterhin regelmäßig, um über unsere Erfahrungen im Ehrenamt zu sprechen. Man erfährt eine große Form der Annahme. Ich hatte vorher vor allem mit Menschen zu tun, die Gefühle nicht so gut äußern können. Hospizhelfer sind da von einem ganz anderen Schlag. Es ist sehr bereichernd; sowohl der Kurs als auch das Ehrenamt selbst. Ich denke, dass gerade Männer, die ja eher weniger emotional sein wollen, von solch einer Arbeit profitieren können.
Wie sieht der Alltag als Hospizhelfer aus?
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Den Alltag gibt es nicht. Während der Ausbildung absolviert man ein Praktikum. Ich habe damals eine über 90-jährige Damen begleitet, die im Altenheim lebte. Sie war nicht krank, sie wollte aber nicht mehr leben. Ich habe sie wöchentlich für zwei Stunden besucht. Wir sind raus gegangen und haben geredet. Viele Menschen haben am Ende ihres Lebens das Bedürfnis ihre Geschichte zu erzählen, das tat sie. Es war sehr spannend für mich als historisch interessieren Menschen. Und sie war auch sehr interessiert an meinen Erlebnissen.
Wie viel Zeit muss man mitbringen?
Vorbereitungskursus für Hospizhelfer
Der Ambulante Hospizdienst Hattingen-Witten e. V. bietet zurzeit wieder einen Vorbereitungskursus an. Die Teilnehmer werden in dem Kurs befähigt, Menschen mit lebensverkürzenden Erkrankungen und deren Angehörige zu begleiten und zu unterstützen.
Die Einsatzgebiete der ehrenamtlichen Hospizhelfer sind – je nach Wunsch – Witten, Hattingen und Teile von Sprockhövel. Der Hospizdienst sucht für diese wichtige Tätigkeit Menschen, die empathisch, zuverlässig, kreativ und engagiert sind.
Die Teilnahme am Kursus verpflichtet nicht zur ehrenamtlichen Mitarbeit. Jedem steht es zu jeder Zeit frei zu sagen, dass er das Ehrenamt nicht ausüben kann.
Mehr Informationen gibt es bei Silvia Kaniut und Beate Achtelik vom Ambulanten Hospizdienst: 0174/ 97 97 029; oder per E-Mail unter der Adresse: AHD-hattingen@gmx.de
Fast drei Jahre habe ich sie bis zu ihrem Tod begleitet. Dass man jemanden so lange Zeit besucht, ist aber eher die Ausnahme. Einen an Krebs erkrankten Mann, der austherapiert war, besuchte ich etwa ein dreiviertel Jahr zuhause. Auch hier ging es vor allem ums Zuhören. Mittlerweile bringe ich verstärkt meine Kernkompetenzen als Lehrer ein und gehe in die Schulen, um mit Grundschülern und angehenden Erzieherinnen am Berufskolleg über die Themen Sterben, Tod und Trauer zu sprechen. Das Projekt nennt sich „Hospiz macht Schule“. Was den Zeitaufwand angeht, gibt es keine Verpflichtungen. Die Hauptamtlichen Hospizhelferinnen sprechen die Möglichkeiten individuell ab.