Hattingen. Eine Wanderausstellung in der St.-Georgs-Kirche gibt Einblicke in das Projekt „Hospiz macht Schule“. Was Ehrenamtler in diesem erleben.

„Oma ist verreist.“ „Gott hat Tante Hildegard zu sich geholt, weil er sie so sehr lieb hat.“ Solche und ähnliche Sätze hören Kinder von Erwachsenen, wenn diese ihnen zu verstehen geben wollen, dass ein geliebter Mensch nicht mehr da ist. Krankheit, Sterben und Tod sind Tabuthemen – oft auch bei Kindern. In der St.-Georgs-Kirche aber werden diese Themen nun in der Wanderausstellung „Hospiz macht Schule“ in den Blickpunkt gerückt. Zudem zeigen speziell geschulte Ehrenamtler des Ambulanten Hospizdienstes, wie man mit Kindern über Krankheit, Sterben und Trauer redet – in einer an Grundschulen durchgeführten Projektwoche.

Kinder gehen nach dem Projekt viel liebevoller und achtsamer miteinander um

Werner Lutzke ist einer von ihnen. Er war Lehrer und wollte nach seiner Pensionierung und dem Tod zweier naher Verwandter ehrenamtlich als Hospizhelfer arbeiten. Seit 2015 geht er nun in die Grundschulen. Von der Arbeit ist er begeistert: „Die Kinder gehen nach der Woche viel liebevoller und achtsamer miteinander um.“

Kinder haben eine gesunde Neugier an den Themen, beobachten die Ehrenamtler. Auch entwicklungspsychologisch wird das bestätigt: So sei gerade das Grundschulalter von größter Bedeutung für die Entwicklung des Todesverständnisses für Kinder. Deshalb sei es so wichtig, dass Kinder mit eingebunden, ihnen schwere Krankheiten oder der Tod nicht verschwiegen werden.

Tafel zur Ausstellung „Hospiz macht Schule“, die zurzeit in der evangelischen St.-Georgs-Kirche in Hattingen zu sehen ist.
Tafel zur Ausstellung „Hospiz macht Schule“, die zurzeit in der evangelischen St.-Georgs-Kirche in Hattingen zu sehen ist. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Kinder bekommen mit, wenn etwas nicht stimmt

Wer als Kind nicht durch sein familiäres oder schulisches Umfeld bei schmerzlichen Verlusten einfühlsam und tröstend begleitet wird, leidet als Erwachsener an diesen unbewältigten Trauererlebnissen. „Kinder bekommen mit, wenn etwas nicht stimmt, wenn Mama und Papa Trauer verheimlichen. Wenn man dann nicht mit ihnen spricht, fangen sie an zu fantasieren und denken sich Dinge aus“, so Lutzke.

Er rät Eltern deshalb, Trauer zuzulassen, auch die eigene. Wie lange jemand trauere, sei ganz unterschiedlich.

Christel Kleinebrecht meint sogar: „Man hört nicht auf zu trauern. Aber die Trauer wird mit der Zeit ruhiger.“ Außerdem würden Kinder anders trauern als Erwachsene. Wichtig sei es, auf das weinende und trauernde Kind mit ernsthaften Interesse einzugehen. Erwachsene sollten Kindern sachlich und gefühlvoll erklären, was sie wissen wollen.

Kinder dürfen durchaus mit ans Sterbebett der Oma - oder zur Beerdigung

Karin Klemt, ehrenamtliche Helferin, findet, dass Kinder – sofern sie denn möchten – durchaus mit ans Sterbebett der Oma dürfen oder an der Beerdigung. „Wenn man dem Kind vorher beschreibt, wie es Oma gehen wird, dass sie etwa schwer Luft bekommt und deshalb lauter atmet, kann das Kind sich eine bessere Vorstellung von der Situation machen. Es versteht die Zusammenhänge und kann dann entscheiden, ob es mitwill oder nicht.“

Bei der Austellungseröffnung dabei waren (v. li.). Beate Achtelik, Lisel Schleimer, Silvia Kaniut vom Ambulanten Hospizdienst, Thomas Wienand, Grafiker bei der Agentur Ruhrgrafen, Christel Kleinebrecht und Monika Eilers, ehrenamtlich im Ambulanten Hospizdienst aktiv.
Bei der Austellungseröffnung dabei waren (v. li.). Beate Achtelik, Lisel Schleimer, Silvia Kaniut vom Ambulanten Hospizdienst, Thomas Wienand, Grafiker bei der Agentur Ruhrgrafen, Christel Kleinebrecht und Monika Eilers, ehrenamtlich im Ambulanten Hospizdienst aktiv. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Für manche Kinder sei es sogar wichtig, die tote Oma nochmal zu sehen. „Sie wollen im wahrsten Sinne des Wortes begreifen und den Körper berühren, um verstehen zu können, dass der Mensch tot ist.“ Wenn das Kind mitkommen will auf die Beerdigung, rät Klemt dazu, eine zweite Person zu bitten, sich um das Kind zu kümmern, falls man selbst in dem Moment nicht in der Lage dazu sein sollte.

Wenn man Dinge selbst erfährt, prägen sie sich viel besser ein

Das Begreifen hat auch Grafiker Thomas Wienand von der Agentur „Ruhrgrafen“ in Konzeption und Realisation der Ausstellung einfließen lassen. „Wir schauen den ganzen Tag auf Bildschirme. Bei einer Ausstellung brauchen wir Dinge zum Anfassen, Verschieben und Drehen. Wenn man Dinge selbst erfährt, prägen sie sich viel besser ein.“

Die Ausstellung zeigt dabei die Projektarbeit von „Hospiz macht Schule“, sie ist aus den Inhalten und Erfahrungen der seit 2012 vom Hospizdienst durchgeführten Projektwochen entstanden und richtet sich vornehmlich an Erwachsene. Sie informiert erstmalig öffentlich über die Projektwoche.

>>> WANDERAUSSTELLUNG „HOSPIZ MACHT SCHULE“

Die Wanderausstellung „Hospiz macht Schule“ gastiert noch bis Samstag, 23. November, in der St.-Georgs-Kirche. Zu sehen ist die Ausstellung montags bis samstags von 10.30 und 12.30 Uhr sowie von 15 bis 17 Uhr.

Begleitet wird die Ausstellung durch Vorträge: Am Dienstag, 12. November, spricht um 18 Uhr Annette Wagner vom Trauerzentrum für Kinder und Jugendliche aus Witten zu Fragen von Kindern: „Wo ist das Loch in der Seele?“. Am Montag, 18. November, spricht Karin Klemt vom Ambulanten Hospizdienst Witten-Hattingen e. V. zum Thema „Mit Trauer leben“.

Während der Ausstellungszeit werden Führungen angeboten. Anmelden kann man sich dafür bei den Koordinatorinnen der Regionalgruppe Hattingen, Silvia Kaniut und Beate Achtelik, unter 0174-9797029 oder 0163-4005671, sowie per