Hattingen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die geschäftsmäßige Sterbehilfe erlaubt. So bewertet ein Hattinger Intensivmediziner das Urteil.
Ein wichtiges Urteil zur Sterbehilfe hat jüngst das Bundesverfassungsgericht gefällt: Jeder Mensch habe das Recht, selbstbestimmt sterben zu dürfen – auch mit Hilfe von Dritten. „Damit gibt es eine Verunsicherung weniger“, sagt Prof. Ulrich Kampa, Intensivmediziner am Evangelischen Krankenhaus.
2015 war das Verbot eingeführt worden, geschäftsmäßig Sterbehilfe zu leisten. Dieses Verbot verstoße gegen das Grundgesetz, stellten die Karlsruher Richter jetzt fest. „Ich halte in dem Zusammenhang das Wort geschäftsmäßig für völlig unpassend“, sagt Kampa.
Kampa: Natürlich darf Sterbehilfe kein Instrument der Marktwirtschaft werden
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Natürlich dürfe Sterbehilfe kein Instrument der Marktwirtschaft werden. In erster Linie gehe es einem Patienten ja darum, wieder gesund zu werden, wenn er sich in die Hände eines Arztes begebe. „Aus dem Grunde steht immer an erster Stelle die empathische Beziehung zwischen Arzt und Patient. Ich will ja als Arzt kein Botschafter des Todes sein“, so der Hattinger Arzt. Es gebe aber nachvollziehbare Gründe, dass ein Mensch den Entschluss fasst, so nicht mehr leben zu wollen. „Es kann ja auch jeder Mediziner für sich entscheiden, ob er einem solchen Wunsch des Patienten entsprechen will und kann. Es wird ja niemand gezwungen.“
Das Gesetz, das die Karlsruher Richter jetzt kippten, habe jahrelang zur Verunsicherung geführt, betont Kampa. Aber es sei schon bisher so gewesen, dass man auf nachvollziehbaren Wunsch eines todkranken Menschen Medikamente zur Verfügung stellen durfte, die der Patient selbst einnimmt, wenn er seinem Leben ein Ende setzen will. „Denn wenn Suizid nicht strafbewehrt ist, kann auch die Hilfe dazu nicht strafbewehrt sein“, so der Intensivmediziner. Aktive Sterbehilfe stehe dagegen weiter unter Strafe.
Für todkranke Menschen lässt mitunter der Druck nach, sterben zu wollen, wenn sie die Freiheit haben, den Zeitpunkt selbstbestimmt zu wählen
Oft machten Mediziner sogar die Erfahrung, dass für todkranke Menschen der Druck nachlässt, sterben zu wollen, wenn sie die Freiheit haben, den Zeitpunkt selbstbestimmt zu wählen. „Oft leben sie dann wieder auf.“
https://www.waz.de/panorama/die-unterschiedlichen-formen-der-sterbehilfe-id228551325.htmlFür Ulrich Kampa nimmt bei einer Hilfe zum Sterben aber stets die Beziehung zum Patienten eine Schlüsselrolle ein. Man müsse zum Beispiel die Ursache für den Sterbewunsch herausfinden und nachvollziehen können. Im nächsten Schritt gehe es darum, ob man der Person mit therapeutischen Mitteln wieder zu mehr Lebensfreude und Gesundheit verhelfen könne. „Ich muss als Arzt auch herausfinden, wie gut der Patient informiert ist, was an medizinischen Maßnahmen ergreifen kann, damit es ihm wieder besser geht. Das alles muss ein Mensch wissen, ehe er sich für den Tod entscheidet.“