Hattingen. Psychotherapeuten aus Hattingen geben in ihrem Ratgeber Tipps für mehr Selbstwert. Sie erklären, wann übertriebenes Lob von Eltern schaden kann.
„Kein Antidepressivum hilft so gut, wie positive Worten von seinen Lieben“, sagt Psychotherapeut Fabian Chmielewski (39). Gemeinsam mit seinem Praxiskollegen Sven Hanning (40) hat er einen Ratgeber geschrieben, der Menschen helfen soll, sich selbst wieder mehr zu schätzen: „Ganz viel wert – Selbstwert aktiv aufbauen und festigen“.
Geringer Selbstwert ist Ursache vieler Probleme
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„Selbstwert ist eines der wichtigsten Themen in der Psychotherapie und eines der häufigsten Ziele, das Menschen haben. Aber bisher hatte niemand einen pragmatischen Ansatz“, erklärt Sven Hanning. In ihrem Buch wollen die beiden, die in Hattingen eine Praxis haben, nun Tipps geben, wie man lernt, sich selbst wertzuschätzen. Dabei können Eltern übrigens auch schon ihren Kindern helfen und sie so für das Leben stärken.
Schwierigkeiten mit dem eigenen Selbstwert liegen vielen Probleme zugrunde, äußern sich aber höchst unterschiedlich. „Beim Selbstwert gibt es ‘The Good, the Bad and the Ugly’“, sagt der 40-Jährige Hanning im Anlehnung an einen bekannten Film. Good – also ein gutes Selbstwertgefühl. „Bad“ steht für die Menschen mit einem schlechten Selbstwertgefühl, die oft unsicher auftreten. Und dann gibt es „ugly“, die hässliche Seite eines zu geringen Selbstwerts. Die zeigt sich oft in Aggressivität, aber auch im scheinbar übersteigerten Selbstwert. „Es wird eine grandiose, selbstherrliche Fassade aufgebaut. In den meisten Fällen ist das aber gespielt“, erläutert Hanning.
Echter und anhängiger Selbstwert
Dabei kann ein Mensch eigentlich gar nicht zu viel Selbstwert haben, betonen die Therapeuten. Zumindest dann, wenn es ein authentisches Selbstwertgefühl ist. „Andere abzuwerten ist aber immer schädlich“, unterstreichen sie. Chmielewski verdeutlicht, dass ein authentischen Selbstwertgefühl durch die Erfüllung von Grundbedürfnissen geschaffen wird: Bindung (Liebe und Schutz), Selbstbestimmung (Freiheit und Kontrolle) und Kompetenz (Erfolg und Anerkennung). Negativ ist ein Selbstwert, der anhängig ist von anderen – von der Anzahl der Instagram-Follower, von Likes oder ähnlichem.
In der Regel wird der Selbstwert schon in der Kindheit geprägt durch verschiedene Bilder von sich selbst. Der Mensch lernt „So bin ich“, „So sollte ich sein“ und „So wäre ich gern“. Deshalb können auch Eltern dazu beitragen, ihren Kindern einen guten Start zu ermöglichen. „Sie sollten das Kind nicht mit Anforderungen überhäufen, es lieben wie es ist und das auch zeigen“, rät Sven Hanning.
Kindern ein realistisches Bild vermitteln
Regeln, wie „nur wer etwas leistet, ist etwas wert“, schmälern das Selbstwertgefühl. „Aber übertrieben positive Betrachtungen des eigenen Kindes sind ebenso ein Problem“, schränkt Chmielewski ein. Wichtig sei es auch, Grenzen von anderen einzubeziehen. „Eltern müssen ein realistisches Bild vermitteln, keine freie Selbstbestimmung um jeden Preis“, erklärt er.
Klar sein muss aber auch: „Auch mit tollen Eltern können Menschen ein Selbstwert-Problem entwickeln.“ Und auch jemand mit einem guten Selbstwert kann in eine Krise geraten – sei es durch eine Trennung, Jobverlust oder anderes.
Praktische Tipps für besseres Selbstwertgefühl
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Dann wollen Fabian Chmielewski und Sven Hanning mit ihrem Buch helfen. „Man muss keine psychische Erkrankung haben, um das Buch zu lesen“, betonen sie. Ihre Tipps sind praxisnah: „Schreiben Sie alles auf, was sie an sich gut finden und fragen Sie, was andere an Ihnen gut finden“, schlägt Hanning vor. Oft fiele den Betroffenen erst nichts ein. „Wer sich aber die kritischen Gedanken über sich selbst bewusst macht, kann sich auch bewusst werden, welche Stimme in einem wirkt – die, die mir sagt was ich tun soll oder das, was meine eigenen Bedürfnisse sind.“ Das ist der erste Ansatz zu mehr Wertschätzung für sich selbst.