Hattingen. Mit einer praxisintegrierten Ausbildung wollen Berufskolleg und Stadt Hattingen mehr Erzieher gewinnen. Das steckt dahinter.
Hattingen habe „teils erhebliche Probleme“, seine städtischen Kindertagesstätten mit entsprechendem Personal auszustatten, sagt Frank Mielke, Fachbereichsleiter Personal und Kämmerer bei der Kommune. „Aufgrund von Fluktuation und Erkrankungen haben wir zeitweilig sogar schon mal Gruppen schließen müssen.“ Gegenzusteuern gegen derlei Entwicklung hofft die Stadt nun nicht zuletzt mit PIA, einer praxisintegrierten Ausbildung.
Am Dienstag wurde ein entsprechender Kooperationsvertrag mit dem Berufskolleg unterzeichnet.
NRW-weit fehlen insgesamt rund 16.000 Erzieher
Das Problem fehlender Fachkräfte in der frühkindlichen Bildung ist dabei kein Hattingen-spezifisches Problem, laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung fehlen derzeit NRW-weit insgesamt rund 16.000 Erzieher. PIA, eine Art duale Erzieher/-innen-Ausbildung, die auf Anregung von Kita-Trägern entwickelt worden ist, soll nun neue Zielgruppen für den Erzieherberuf begeistern.
Bei PIA werden Praxis und Schule über drei Jahre verzahnt
Anders als in der klassischen Ausbildungsform, bei der auf zwei Jahre Vollzeit-Schule ein einjähriges Berufspraktikum folgt, werden bei PIA Praxis und Schule über drei Jahre verzahnt. Gestartet wird dabei mit drei Schul- und zwei Praxistagen die Woche zu je acht Stunden. Zudem erhalten die angehenden Fachkräfte über die gesamte Ausbildungsdauer eine Vergütung, ansteigend von 1450 Euro monatlich im ersten bis zu 1800 Euro im dritten Ausbildungsjahr.
Es gibt von Anfang an ein Gehalt
Auch dieses Gehalt von Anfang an (für deren Auszahlung die Stadt Hattingen als Träger der beteiligten Kitas Zuschüsse aus Bundesmitteln erhält) sei für manchen Auszubildenden dabei ein echter Pluspunkt, betont Holger Hoffmann, Leiter des Berufskollegs Hattingen. „Zu uns kommen schließlich immer wieder mal Leute, die an einer Ausbildung zum Erzieher interessiert sind, die sich eine unentgeltliche Ausbildung aber nicht leisten können.“
Und die zuständige Abteilungsleiterin der Fachschule für Sozialpädagogik, Mechthild Böker, erklärt: Zielgruppe für PIA seien „überwiegend etwas Lebensältere sozialpädagogisch Interessierte, die auf eine Ausbildungsvergütung angewiesen sind“.
Gut zwei Dutzend Bewerbungen sind bei der Stadt eingegangen
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Für die Teilnahme an PIA, die in Hattingen im August 2020 starten soll und neben der mehrjährigen Kita-Ausbildung auch ein sechs- bis achtwöchiges Praktikum etwa in der Jugendhilfe oder im Offenen Ganztag beinhaltet, seien bei der Stadt dabei gut zwei Dutzend Bewerbungen eingegangen; die meisten Bewerber seien zwischen 25 und 35 Jahren alt, sagt derweil Nicole Böker, Abteilungsleiterin Kindertagesbetreuung bei der Kommune. Die Auswahlgespräche für die zunächst vier Ausbildungsplätze in den städtischen Kitas liefen dann in Kürze. Bis 2022 solle zudem jede der zwölf städtischen Kitas einen PIA-Auszubildenden beschäftigen.
Zudem, ergänzt Mechthild Böker, hätten auch Träger weiterer Hattinger Kitas bereits ihr Interesse an einer PIA-Zusammenarbeit mit dem Berufskolleg angemeldet.
Die angehenden Erzieher durch ihre lange Praxiszeit in einer Einrichtung dauerhaft an die Kita binden
Vielleicht setzen ja auch sie dabei ebenso wie Frank Mielke auf das, was Hattingens Kämmerer den Konrad-Lorenz-Effekt nennt: „dass es uns gelingt, angehende Erzieher durch ihre lange dreijährige Praxiszeit in einer Einrichtung dauerhaft an unsere Kitas zu binden.“