Hattingen. Zwölf Teilnehmer, die als „schwer erreichbar“ gelten, finden einen Weg ins geregelte Leben. Viele von ihnen sind in ihrer Jugend oft gescheitert.

Junge Menschen, die von Sozialleistungen (Hartz 4) leben, sind von Armut und sozialer Ausgrenzung besonders bedroht. Oft stehen dem Weg zum Ausbildungsplatz oder zur Erwerbstätigkeit massive, individuelle Probleme gegenüber. Drohender Wohnungsverlust, Schulden oder Sucht machen es den jungen Erwachsenen unmöglich, ihre eigene Zukunft aktiv zu gestalten. Der Verein „HAZ Arbeit + Zukunft“ unterstützt nun in einer neuen Form junge Erwachsene zwischen 16 und 24 Jahren bei der Lösung solcher Schwierigkeiten.

Dirk Lünenschloß vom HAZ spricht von „schwer erreichbaren jungen Erwachsenen“. Das Projekt „StärkEN“ wird durch das Jobcenter gefördert und startete im April 2019. Im Gegensatz zu anderen Projekten sei es „aufsuchender Natur“, so Lünenschloß.

Der Erstkontakt zwischen Teilnehmer und Sozialpädagoge findet im Jobcenter statt

Zwar werden die jungen Erwachsenen zunächst postalisch über die Teilnahme an der Maßnahme informiert – aber oft sei es so, dass der Briefkasten gar nicht geleert werde. Manchmal ist der Klient auch verzogen, hat seine Wohnung verloren, schläft mal hier und da auf dem Sofa von Freunden. Die Sozialpädagogen versuchen auf dem zweiten Weg den telefonischen Kontakt aufzubauen. „Wir recherchieren dann, wo die sein könnten, wenden uns an Eltern und Nachbarn“, so Lünenschloß.

Der Erstkontakt zwischen Teilnehmer und Sozialpädagoge finde oft im Jobcenter selbst statt, so Karsten Bringmann (47), der gemeinsam mit seinem Kollegen Andreas Wolff die zwölf jungen Menschen im Projekt betreut.

Feilen für ein besseres Leben: In der Schlosserei des HAZ arbeiten junge Erwachsene im Rahmen des Projekts „StärkEN“.
Feilen für ein besseres Leben: In der Schlosserei des HAZ arbeiten junge Erwachsene im Rahmen des Projekts „StärkEN“. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Zunächst gilt es, eine Vertrauensbasis aufzubauen. „Wertschätzung und Toleranz sind wichtig, und dass man sich auf Augenhöhe trifft“, betont der 47-Jährige. Seine Aufgabe ist nicht einfach – Fingerspitzengefühl ist gefragt.

Die jungen Erwachsenen stecken oft in einer schwierigen Situation und schaffen es nicht, aus eigener Kraft die Lage zu ändern oder sich Hilfe zu suchen.

Erst einmal müssen ganz grundsätzliche Probleme behoben werden

Ziel des Projektes ist es, durch intensive Unterstützung die persönliche und soziale Situation zu verbessern und auf lange Sicht schulische und berufliche Perspektiven zu entwickeln. Das sei aber immer ein weiter Weg, gesteht Lünenschloß.

Erst einmal müssten ganz grundsätzliche Probleme behoben werden. Anfangen kann das beim der Anschaffung eines funktionierenden Kühlschranks oder der Beantwortung der Frage, wo ich Lebensmittel herbekomme, wenn ich kein Geld habe.

„Sie haben nie gelernt, auf ihre Ressourcen zu schauen“

„Die jungen Menschen können auf Anhieb erklären, was sie alles nicht können. Sie haben aber nie gelernt, auf ihre Ressourcen zu schauen“, erklärt Lünenschloß das Problem. „Sie sind im Leben schon oft gescheitert und haben so den Glauben an sich verloren.“

Oft tragen sie eine Art „Erblast“ mit sich herum, wie Lünenschloß die problematischen Familienverhältnisse der Klienten beschreibt. Erfahrung mit Gewalt, Verwahrlosung, Einkommensarmut, Überschuldung, niedrige Formalbildung oder Suchtprobleme kennen die Teilnehmer oft aus ihrer Kindheit.

Bei „StärkEN“ machen die Teilnehmer in der Regel ein halbes Jahr mit

Die eigenen Stärken zu erkennen, lernen die Teilnehmer beispielsweise durch die praktische Erprobung in den Werkstätten des HAZ. Bis die jungen Menschen so weit sind, ein Praktikum zu absolvieren, sich um einen Ausbildungsplatz zu bemühen oder den Schulabschluss nachzumachen, dauert es.

Bei „StärkEN“ machen die Teilnehmer in der Regel ein halbes Jahr mit, daran schließen sich dann berufsorientierende Maßnahmen an, vorausgesetzt sie haben ihre Probleme wie Drogensucht und Wohnungslosigkeit überwunden.