Hattingen. . Im Messerstecher-Prozess erhebt ein Zeuge Vorwürfe: Niemand sonst habe dem Opfer in Hattingen geholfen. Das droht bei unterlassener Hilfeleistung

Im Messerstecher-Prozess gegen den selbst ernannten Hattinger „Philosophen“ machte ein Ersthelfer anderen Zeugen schwere Vorwürfe. Niemand habe ihn bei der Versorgung des Opfers unterstützt – nicht einmal eine Krankenschwester. Niclas von Hobe, Sprecher der Essener Staatsanwaltschaft erklärt, was der Gesetzgeber bei unterlassener Hilfeleistung vorsieht.

Dazu, ob in dem aktuellen Fall eine unterlassene Hilfeleistung vorliegt, möchte sich der Sprecher nicht äußern. Grundsätzlich sei der Straftatbestand aber in Paragraf 323c des Strafgesetzbuchs geregelt. Der besagt, dass Hilfe erforderlich und zumutbar sein muss, erklärt von Hobe. Wird sie dann nicht geleistet, droht eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.

Helfer müssen sich nicht in Gefahr bringen

Erforderlich sei sie zum Beispiel nicht, wenn sich beispielsweise um einen gestürzten Radfahrer schon eine Traube Menschen versammelt hätte, die hilft. „Dann macht man sich nicht strafbar, wenn man nicht auch noch als elfter seine Hilfe anbietet“, so der Staatsanwalt.

Ein Helfer muss sich nicht selbst in Gefahr bringen. Dann wäre die Hilfeleistung nicht zumutbar.

Auch ein Beruf verpflichtet nicht unbedingt zur Hilfeleistung. Im Fall der Messerstecherei hatte der Zeuge unter anderem eine Krankenschwester belastet, die nicht eingegriffen habe. „Eine Profession ist nicht dafür entscheidend, ob sich jemand strafbar gemacht hat. Sie kann aber im Falle einer Verurteilung bei der Strafzumessung eine Rolle spielen.“

Gaffer und blockierte Rettungsgasse

Für die Strafverfolgung einer unterlassenen Hilfeleistung ist nicht notwendig, dass jemand einen Anzeige erstattet. Denn: „Es ist kein Antragsdelikt, wie zum Beispiel ein Hausfriedensbruch oder eine Beleidigung“, sagt von Hobe. Heißt: Erhält die Staatsanwaltschaft Kenntnis von einer unterlassenen Hilfe, kann sie vom Amts wegen ermitteln. Anzeige erstatten kann man natürlich dennoch.

Erst seit knapp zwei Jahren gilt übrigens eine Ergänzung des Paragrafen 323c. Danach wird auch bestraft, wer jemanden behindert, der „einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will“. „Das sind zum Beispiel Gaffer-Fälle“, sagt von Hobe. Auch das Blockieren der Rettungsgasse kann darunter fallen.

Ebenfalls seit 2017 sieht das Gesetz (Paragraf 115) eine Strafe für denjenigen vor, der Rettungskräfte durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt behindert.