Hattingen. Der 36-Jährige übernimmt den Vorsitz von Friedhelm Stratmann. Scharf freut sich über Musikangebote für Kinder und hofft auf eine Trendwende.
Wenn Friedel Stratmann sich demnächst häufiger in sein Wohnmobil setzt und mit seiner Frau verreist, dann weiß er den Männergesangsverein Liederfreund 1880 Hattingen-Welper in guten Händen. Der erste Vorsitzende übergibt sein Amt an Michael Scharf. Die beiden verbindet mehr als die Leidenschaft für Gesang – nämlich die Erinnerung an Scharfs Großvater, der in beiden das Engagement für den Verein weckte. Auch der Großvater war einst Vorsitzender, später Ehrenvorsitzender des Vereins.
„Als ich damals auf der Hütte anfing, war Michael Scharfs Großvater mein erster Meister“, erinnert sich Stratmann (76). Kesselkomponenten habe er gefertigt. „Wir saßen drin und haben unsere Stimme probiert. Es hallte. Da rief Michael Scharfs Großvater, wir sollten arbeiten, nicht singen. Das könnten wir beim Liederfreund machen.“ Einen Satz, den sich Stratmann merkte.
Familientradition wird fortgeführt
Später, im Ruhestand, zog Stratmann „von Hattingen nach Welper“, kam an einem Schaukasten vorbei. „Darin hing ein Bild, darauf erkannte ich einige. Zur Schnupperprobe beim MGV Liederfreund wurde eingeladen. Da bin ich dann hin und mit offenen Armen empfangen worden“, erinnert sich Stratmann.
Er will Michael Scharf mit Rat und Tat zur Seite stehen. Der ist seit 1996 Mitglied beim MGV Liederfreund – und führt so eine Familientradition fort. „Das war ein Familiending: Großvater, Vater, mein älterer Bruder, dann ich. Als Kinder waren mein Bruder und ich bei den Konzerten – und haben am lautesten geklatscht und gejubelt“, sagt Michael Scharf (36), dessen Bruder Thomas Scharf Chorleiter der Liederfreunde ist.
Eine Reise als Abschiedsgeschenk
Schon im vergangenen Jahr kündigte Stratmann an, sein Amt abgeben zu wollen. „Es ist doch viel Arbeit. Meine Kinder verreisen auch alle mit dem Wohnmobil. Sie meldeten sich immer von unterwegs mit dem Hinweis: Wir leben Deinen Traum, Du träumst noch. Das ändert sich jetzt.“ Stratmann ist immer noch gerührt, wenn er an das Abschiedsgeschenk denkt, das ihm der Chor gemacht hat: „Eine Woche mit meinem Wohnmobil auf einem Campingplatz auf Fehmarn – mit meiner Frau.“ Als Sänger bleibt er dem Chor natürlich erhalten.
Michael Scharf ist Lehrer am Berufskolleg in Wuppertal, unterrichtet Mathe, Politik, Wirtschaft, Informatik, Religion. Mit seiner Frau und zwei Töchtern (zweieinhalb Jahre und einen Monat alt) lebt er in Sprockhövel – und will unbedingt auch mehr Menschen für den Chor gewinnen. „Das ist nicht einfach“, weiß er. Denn: Die Menschen würden sich heute nicht mehr gerne binden. „Selbst Fußballvereine haben ja Probleme.“
Erfahrung in der Vorstandsarbeit
Seine Tochter etwa würde den ganzen Tag singen. „Das ist ja etwas, was Kinder gerne machen. Es scheint dann aber verloren zu gehen, abgewöhnt zu werden.“ In Schulen würde heute nur noch wenig gesungen. „Inzwischen gibt es aber viele Musikangebote für Kinder. Vielleicht leitet das eine Trendwende ein.“ Erfahrung in der Vorstandsarbeit hat Michael Scharf schon sammeln können. Er war bereits stellvertretender Kassierer und Kassierer des Vereins.
Dass Friedel Stratmann die Auftritte der Liederfreunde moderiert hat, findet Michael Scharf gut. Er will das auch tun.