HATTINGEN. . Für Ernährungsexperte Udo Rabast aus Hattingen hat kein Lebensmittel allein eine gesundheitsfördernde Wirkung. Die vegane Ernährung lehnt er ab.

Wie müssen wir uns ernähren, um gesund alt zu werden? Lässt sich etwa durch so genanntes „Functional-Food“-Lebensmittel unser Wohlbefinden positiv beeinflussen oder das Risiko für bestimmte Erkrankungen senken? Und ist „Superfood“ tatsächlich unverzichtbar für eine gesunde Ernährung? Auf diese und weitere Fragen gibt der Hattinger Ernährungsmediziner, Internist und Gastroenterologe Prof. Udo Rabast , der jüngst ein neues Buch über gesunde Ernährung herausgegeben hat, im WAZ-Interview Antwort.

Fast täglich neue wissenschaftliche Erkennnisse, wie man sich gesund ernähren sollte

Herr Rabast, warum wird über Ernährung heute so viel geredet?

Udo Rabast: Das liegt an zwei Dingen. Es gibt bei uns inzwischen fast alle Lebensmittel zu kaufen, das war noch vor wenigen Jahrzehnten anders. Ferner gibt es fast täglich neue wissenschaftliche Erkennnisse, wie man sich gesund ernähren sollte. Da die Ernährung Auswirkungen auf unsere Lebenserwartung hat, möchte man darüber einfach Bescheid wissen.

Was sind denn wichtige Bestandteile einer gesunden Ernährung?

Sind gut für die Gesundheit:Nüsse – natürlich nicht in Mengen, sondern in Maßen.
Sind gut für die Gesundheit:Nüsse – natürlich nicht in Mengen, sondern in Maßen. © Ralf Rottmann

Ich nenne nur mal ein paar Dinge: Obst und Gemüse sollten wir täglich, fetten Seefisch zwei Mal wöchentlich, an rotem Fleisch höchstens 600 Gramm pro Woche verzehren. Statt tierischer Fette sollte Oliven- oder Rapsöl verwendet und Nahrung mit vielen komplexen Kohlenhydraten verzehrt werden. Die sind in Vollkornprodukten, aber auch in Bohnen oder Linsen enthalten. Auch Nüsse, probiotischer Joghurt und dunkle Schokolade sind gut für die Gesundheit. Natürlich nicht in Mengen, sondern in Maßen.

Kaffeetrinker erkranken seltener an Nieren- und Leberkrebs

Vieles davon kommt einem durchaus bekannt vor.

Ja, aber mitunter ändern sich Kenntnisse über den gesundheitlichen Wert von Lebensmitteln. Mit meinem Buch will ich einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand geben. Nur ein Beispiel: In Studien sind Menschen. die nach einer aus den 1980er-Jahren stammenden Empfehlung täglich fünf Portionen Obst und Gemüse verzehren, nicht nennenswert seltener von Krebs oder Arteriosklerose betroffen als die, die kleinere Mengen hiervon essen.

Auch zum Kaffeekonsum haben sich die Ansichten geändert.

Der Genuss von Kaffee hat auch positive Effekte für die Gesundheit.
Der Genuss von Kaffee hat auch positive Effekte für die Gesundheit. © Michael Korte

Untersuchungen zufolge erkranken Kaffeetrinker seltener an Nieren- und Leberkrebs. Und mäßiger Alkoholkonsum erhöht das gute HDL-Cholesterin signifikant. Dabei reichen mehrmals zehn Gramm pro Woche, enthalten in einer halben Flasche Bier oder einem kleinen Glas Wein, aus. Wer nie Alkohol getrunken hat, sollte aber nicht anfangen, ihn aus gesundheitlichen Gründen zu trinken, da eine, wenn auch geringe Abhängigkeitsgefahr besteht.

Gibt es solche positiven gesundheitlichen Auswirkungen auch bei den in Mode geratenen funktionellen Lebensmitteln?

Oft handelt es sich beim ausgelobten Nutzen um reine Spekulation. Klar ist: Nicht eine einzelne Maßnahme bringt den positiven Gesundheitseffekt, sondern die Vielzahl verschiedener. Insofern hat auch Superfood – Begriff für besonders vitamin-, mineral- oder ballaststoffreiche Lebensmittel – allein keine gesundheitsfördernde Wirkung. Eine vermehrte Zufuhr kann sogar negativ sein – etwa der übermäßige Verzehr von Schokolade.

Bei Veganern kann die Versorgung mit essenziellen Nährstoffen problematisch werden

Gibt es Weiteres, von dem Sie abraten?

Ja, von einer rein veganen Ernährungsweise. Die ist zwar im Kommen, aber bei Veganern kann die Versorgung mit essenziellen Nährstoffen problematisch werden. Insbesondere das Vitamin B12 sollte substituiert werden. Eine ovo-lakto-vegetarische Ernährung dagegen entspricht einer absolut vollwertigen Ernährung.

Wir haben jetzt viel über gesunde Ernährung gesprochen. Doch spielt nicht auch das Gewicht eine Rolle in punkto gesunder Lebensstil?

Ja, ein normales Körpergewicht ist für die Gesundheit gut, aber man sollte es mit dem Schlanksein nicht übertreiben. So gilt bei 18- bis 25-Jährigen ein Body-Maß-Index von 18 bis 25 als okay. Mit 55 Jahren dürfen wir einen BMI bis 29,9 haben und hätten immer noch die höchste Lebenserwartung. Zu beachten ist, dass der BMI für besonders große und besonders kleine Menschen oftmals kein so guter Richtwert ist.

Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen, allerdings nicht sklavisch

Verraten Sie uns zum Abschluss, was Sie tun, um sich fit zu halten?

Ich versuche, die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen, allerdings nicht sklavisch.

>>> RATGEBER: WAS SCHADET UNS, WAS TUT UNS GUT?

Gesunde Ernährung, gesunder Lebensstil. Was schadet uns, was tut uns gut?“ heißt der im Springer-Verlag erschienene Ratgeber von Prof. Udo Rabast, der auf Alltagsfragen rund um die Ernährung verständliche Antworten aus der Wissenschaft gibt.

Der Ratgeber hat gut 300 Seiten und kostet 22,99 Euro (ISBN: 978-3-662-56511-7).