Hattingen. . Stephan Anpalagans Beitrag gegen die AfD verbreitete sich 2018 in sozialen Netzwerken. Seitdem hat sich für den Hattinger einiges verändert.

Den Beitrag gegen die AfD auf Facebook schrieb er aus einem „spontanen Wutanfall“ heraus. Das war vor gut einem Jahr. „Ich kann mich noch erinnern, es war am 27. Januar 2018“, sagt Stephan Anpalagan. Da war er wegen einer Erkältung außer Gefecht und sah sich zu Hause den Film „Der Pianist“ an. Ein Streifen über einen Menschen, der den Nationalsozialismus durchlitten hat. Seit dem Tag hat sich für den 35-jährigen Theologen, Unternehmensberater, Kolumnisten und Keyboarder der Hattinger Band Microclocks die Welt geändert. „Zum Positiven“ stellt er erstaunt fest.

Auf seinen Facebook-Eintrag habe er überraschenderweise eine riesige Resonanz von Menschen bekommen, die seine Meinung vertreten. „6000 Mal ist der Eintrag geteilt worden, zwei- bis dreihunderttausend Mal wurde er aufgerufen. Das hätte ich nie gedacht“, sagt der 35-Jährige.

Ermutigen, sich gegen Hetze zu stellen

Offenbar seien viele ermuntert und ermutigt worden, sich gegen die Hetze der AfD öffentlich zu Wort zu melden, ihre Stimme zu erheben und nicht nur Wut im Stillen zu haben. Verändert habe sich auch in Deutschland die Stimmung seit den Anschlägen 2001 auf das World Trade Center. „Dass plötzlich über den Islam diskutiert, dass Muslime zum Feindbild wurden und sich die Stimmung gegen Dunkelhäutige richtete, das hat es vorher nicht gegeben“, berichtet er von seinen Erfahrungen.

Er, der als Baby mit den Eltern aus Sri Lanka nach Deutschland kam, kennt seitdem zum Beispiel Überprüfungen an Bahnhöfen. „Kaum steigt man mit Hunderten aus dem Zug aus, wird man herausgepickt und überprüft. Nur weil man nicht deutsch aussieht.“ Solche Erfahrungen sind für Stephan Anpalagan mittlerweile Alltag geworden. Trauriger Alltag.

Kampf mit Worten für die Demokratie

Seine Waffe, um für die Demokratie in Deutschland zu kämpfen, ist das Wort. Er verurteilt Gewalt – egal von wem und egal, gegen wen sie sich richtet. Das gelte genauso für den Angriff auf den AfD-Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz. Eine Tat, die er aufs Schärfste verurteilt. „Ich diskutiere häufig mit AfD-Abgeordneten, weil wir in der Demokratie vom Diskurs leben.“ Daher geht Anpalagan nicht pauschal gegen die Rechten an, sondern zitiert sie mit ihren rechten Hetz-Sprüchen, stellt handfeste Vergleiche zwischen der Nazi-Zeit und der AfD heute an. Und dabei findet er viele Mitstreiter.

„Vor allem im Hattinger Rathaus trifft man auf viele Menschen, die Gesicht gegen Rechts zeigen. Das macht Mut. Und es werden offenbar immer mehr, die sehen, dass es nicht mehr reicht, die Rechten nur auszuhalten“, freut er sich.

Begeistert von Hattinger Schülern

Besonders überwältigt war er auf der Demo „Hattingen hat Haltung“ zum 80. Jahrestag der Reichspo-gromnacht vor dem Rathaus. „Ich bin unglaublich stolz, dass über 1000 Schülerinnen und Schüler dorthin gekommen sind“, sagt er.

Das zurückliegende Jahr hat ihn veranlasst, noch aktiver zu werden, um die Demokratie zu schützen. „Ich gründe gerade mit zwei Freunden eine gemeinnützige Gesellschaft, um vor allem im ländlichen Raum aktiv zu werden. Denn wenn das letzte Einzelhandelsgeschäft dicht macht und der letzte Spielplatz abgebaut wird, dann kommt für die Menschen die Perspektivlosigkeit“, weiß Anpalagan. Er ergänzt: „Das ist an vielen Orten im Osten festzustellen, aber auch anderswo auf dem Land. Und in dieses Vakuum drängen die Rechten mit Angeboten für die Jugend. Dem wollen wir in Zukunft etwas entgegensetzen.“ Mehr könne er zurzeit noch nicht sagen, denn das Projekt sei gerade in Arbeit.

>>> Aufbau eines Netzwerks gegen Rechts

Für Stephan Anpalagan haben sich viele Perspektiven ergeben, seit er vor einem Jahr einen Eintrag auf Facebook zur AfD verfasst hat. Mittlerweile schreibt er als Kolumnist für verschiedene Medien, wird zu Gesprächsrunden eingeladen, hält Reden.

Er findet viele Mitstreiter, redet auf verschiedenen Veranstaltungen und arbeitet mit unterschiedlichen Organisationen an einem Netzwerk gegen Rechts. Unterstützung findet er dabei inzwischen deutlich mehr als noch vor einem Jahr.