Hattingen. Nikolaus Groß aus Niederwenigern widmet sein bewegtes Leben und gutherziges Wirken der Familie, der Arbeiterbewegung und seinem Glauben.

„Habt keine Trauer um mich – ich hoffe, dass mich der Herr annimmt. Hat er nicht alles wunderbar gefügt. Er ließ mich in einem Hause, in dem ich auch in der Gefangenschaft manche Liebe und menschliches Mitgefühl empfing. Er gab mir über fünf Monate Zeit – wahrlich eine Gnadenzeit – mich auf die Heimholung vorzubereiten. (...) Sieh’, liebe Mutter, so menschlich schwer und schmerzlich mein frühes Scheiden auch sein mag – Gott hat mir gewiss eine große Gnade erwiesen.“ (Auszug aus dem Abschiedsbrief von Nikolaus Groß, 21.1.1945)

Nikolaus Groß hat keine Chance, die Nazis dulden keine Kritiker. Der herzensgute, aber auch streit­bare Kämpfer für Freiheit und Frieden wird am 15. Januar 1945 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Die zynische Begründung: „Er schwamm mit im Verrat, muss folglich auch darin ertrinken!” Am 23. Januar 1945 wird Groß in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Er ist weit gereist und doch so bodenständig. Er liebt es, von seinen Liebsten, seiner Familie, umgeben zu sein, zieht sich aber genauso gerne an seinen Schreibtisch zurück. „Wenn von uns etwas verlangt wird, was gegen Gott oder den Glauben geht, dann dürfen wir nicht nur, sondern müssen den Gehorsam (gegen Menschen) ablehnen”, schreibt Nikolaus Groß in seiner Glaubens­lehre (1943). Es ist diese Offenheit, die ihn ins Blickfeld der Nationalsozialisten rückt. Im August 1944 wird er im Zusammenhang mit dem Hitler-Attentat des 20. Juli ver­haftet, obwohl er damit nichts zu tun hat. Doch werden ihm Kontakte zu Kreisen um Claus Schenk Graf von Stauffenberg nachgesagt.

In der Kohlegrube beginnt sein Engagement

Nikolaus Groß wird am 30. September 1898 in Niederwenigern ge­boren. Sein Vater ist Zechenschmied. Nach seiner Wennischen Volksschulzeit fährt auch Groß ein: Fünf Jahre lang ist er unter Tage in einer Kohlengrube – und hier beginnt auch sein Engagement in der ka­tholischen Arbeiter­bewegung. Er wird Mitglied der Zentrumspartei, schließt sich dem Antonius-Knappenverein (heute KAB) Niederwenigern an und steigt zudem als Hilfsredakteur bei der Zeitung „Bergknappe“ ein.

Nikolaus Groß, gedankenversunken an seinem Schreibtisch, der so ausgerichtet ist, dass er immer seine spielenden Kinder auf dem Hof im Blick hat.
Nikolaus Groß, gedankenversunken an seinem Schreibtisch, der so ausgerichtet ist, dass er immer seine spielenden Kinder auf dem Hof im Blick hat. © waz/Archiv

Nikolaus Groß ist viel unterwegs, aber so oft wie möglich zu Hause. Den Schreibtisch stellt er so auf, dass er seine Kinder im Hof sehen kann: ­Klaus, Berny, Marianne, Elisabeth, Alexander, Bernhard und Leni erfüllen sein Leben, ebenso wie seine Frau Elisabeth (auch aus Niederwenigern), die er liebevoll „Mutter“ nennt („Unsere Herzen schlagen im gleichen Takt“).

Umzug nach Köln, 1930er-Jahre. Die Nationalsozialisten sind präsenter denn je, die Zeit für Widerstand ist gekommen, meint Groß. Er ist Chefredakteur der „Ketteler Wacht“, einem KAB-Organ, als er am 14. September 1930 schreibt: „Wir lehnen als katholische Arbeiter den Nationalsozialismus nicht nur aus politischen und wirtschaftlichen Gründen, sondern entscheidend auch aus unserer religiösen und kulturellen Haltung entschieden und eindeutig ab.”

Konflikte während der Kölner Jahre

Es liegt auf der Hand, dass solche Aussagen Konflikte mit den Nazis auslösen. Gegen Mittag des 12. August 1944 wird Nikolaus Groß von der Gestapo in Köln verhaftet. „Vati, wohin gehst Du“, fragt die gerade fünf Jahre alte Leni, nicht wissend, dass es die letzte Begegnung mit ihrem geliebten Vater ist.

Schwere Tage für die Familie, Mutter Elisabeth hofft bis zuletzt auf ein Wiedersehen. Vergebens: Theodor Hüpgens, ein Freund von Nikolaus Groß, überbringt seiner Familie Anfang Februar 1945 die Todesnachricht aus Berlin – eine offizielle gibt es bis heute nicht. „Die Tage, die mir bleiben, will ich ganz dem Gebet hingeben. Gott möge sich meiner armen Seele erbarmen und Euch mit seinem Segen und seiner Gnade begleiten.“ (21.1.1945)

Papst Johannes Paul II. spricht Widerstandskämpfer Nikolaus Groß aus Niederwenigern am 7. Oktober 2001 auf dem Petersplatz selig.

Nikolaus-Groß-Haus in Niederwenigern

Gegenüber des Mauritiusdoms in Niederwenigern steht das Nikolaus-Groß-Haus – ein Museum, das Leben und Wirken des Wennischen Widerstandskämpfers in Erinnerung hält.

­Das Haus ist immer sonntags von 10.30 bis 12 Uhr geöffnet. Zudem können unter der Rufnummer 4 01 20 Besichtigungstermine vereinbart werden.