Hattingen. . Heimatverein: Es mangelt in der Stadt an erkennbaren Spuren für die Bergbau-Epoche. Dabei wurden in Hattingen mehr als 270 Zechen registriert.
Hattingen untertage? Dazu gebe es weder viel Material noch am Thema allzu viel Interesse, warnten Skeptiker den Heimatvereinsvorsitzenden Lars Friedrich, als der die Idee hatte, dem Ganzen eine Ausstellung zu widmen. Und dann wurde „Hattingen untertage“ anno 2015 mit 2680 Besuchern die bislang bestfrequentierte im Museum im Bügeleisenhaus! Denn Bergbau hat es in dieser Stadt ja durchaus jede Menge gegeben.
Mehr als 270 registrierte (Klein)-Zechen, erklärt Friedrich, seien auf Hattinger Gebiet von den Anfängen des Ruhrbergbaus bis Mitte der 1970er Jahre registriert worden – von der Verleihung der Zeche Hülsiepenbank im Wodantal anno 1684 bis zum Aus von Glücksstern II in Stüter, der letzten Hattinger Kleinzeche, die im Jahre 1972 stillgelegt wurde. Das Landesoberbergamt, so Friedrich, habe im Vorjahr die Anzahl der verlassenen Tagesöffnungen auf Hattinger Gebiet zudem mit 1095 angegeben – davon sind 918 Schächte, also senkrecht in den Berg getrieben, und 177 sind Stollen, waagerecht oder leicht ansteigend in den Berg getrieben. „Ein Großteil der Tagesöffnungen ist dabei wohl der Nachkriegszeit geschuldet: Man brauchte Kohle als Heizmaterial“, so Friedrich.
12.000 Arbeiter im Bergrevier Hattingen
Holthausen, Blankenstein, Stüter: Das übrigens seien Schwerpunktgebiete des Kohleabbaus gewesen, betont der Heimatvereinsvorsitzende. Die größte Hattinger Nachkriegszeche, das von 1939 bis 1965 betriebene Steinkohlebergwerk Aurora in Holthausen, gab in Spitzenzeiten dabei immerhin fast 300 Menschen Arbeit. Und eine Statistik aus dem Jahre 1910 besagt, dass damals auf den 17 Bergwerken des Bergreviers Hattingen rund 12.000 Belegschaftsangehörige gezählt wurden – macht im Schnitt gut 700 Beschäftigte pro Zeche.
Doch trotz dieser ‘zigtausende Bergleute mangelt es in Hattingen an erkennbaren Spuren für die Bergbau-Epoche. Gut, Tagesbrüche wie jener 1967, als sich auf dem Sportplatz in Niederwenigern während eines Fußballspiels die Erde auftat, oder der 1970 in Winz, als knapp hinter einem Bus die Straße 25 Meter tief aufriss, erinnern daran, dass auch Hattingen eine Untertage-Vergangenheit hat. Aber sonst? „Selbst wenn man mit offenen Augen durch diese Stadt geht, sieht man vom Bergbau hier so gut wie nichts“, sagt Friedrich.
So gebe es hier kein übertägiges Wahrzeichen wie etwa den Malakowturm der Zeche Alte Haase in Sprockhövel. Ja, selbst Kunst im öffentlichen Raum, die an die Bergbau-Ära erinnert, sei in Hattingen rar; und wenn, dann vielen kaum bekannt. Mit Ausnahme wohl des 1988 eingeweihten Treidelbrunnens auf dem Untermarkt, der an die Kohlenschifffahrt auf der Ruhr erinnert. Das Wandbild an der Roonstraße 5, das zwei Bergleute mit Geleucht zeigt und das Bruno Spychalski einst für die IG Bergbau fertigte, als die in dem Gebäude noch ihre Geschäftsstelle hatte, ist dagegen weniger augenfällig platziert. Und auch den Bergmann auf einem sich über drei Etagen erstreckenden Fenster des Glaskünstlers Wilhelm de Graaf im Standesamt an der Bahnhofstraße 48 sieht nicht gleich jeder. „Schade“, findet Friedrich.
Ein Herz aus Kohle
Zumal er durch die Resonanz auf die Ausstellung „Hattingen untertage“ darin bestärkt worden ist, dass der Bergbau sehr viele Menschen auch in Hattingen bis heute bewegt. Rund 300 Objekte von fast 70 Leihgebern kamen damals für die Sonderschau zusammen, „gefühlt hatte jeder zweite Hattinger Haushalt eine Grubenlampe zu Hause“, sagt Friedrich.
Zu den besonderen Leihgaben zählt für ihn übrigens ein Kohlenstück in Herzform, noch immer im Museum im Bügeleisenhaus ausgestellt. Bergmann Otto Käthler hatte es einst im Schacht Eugen Eickmann der Zeche Aurora gefunden. – Und heute, am 21. Dezember 2018, da der deutsche Steinkohlenbergbau mit Schließung der Bottroper Zeche Prosper-Haniel endgültig eingestellt wird, ist es wohl nicht nur für diese Stadt ein vielsagendes Symbol.