Hattingen. Politiker sehen die hohe Ausfallzahlen bei der Hattinger Stadtverwaltung kritisch. Sie wollen sich intensiver mit dem Thema beschäftigen.

Die Ratsfraktionen haben einen kritischen Blick auf den Krankenstand bei der Stadtverwaltung gerichtet. „In der Industrie liegt der Schnitt unter drei Prozent, im öffentlichen Dienst unter sechs Prozent. Hattingen aber liegt seit fünf Jahren dauerhaft im zweistelligen Bereich – das ist einfach zu viel in dieser Stadt“, sagte Gilbert Gratzel (FDP) jetzt im politischen Personalausschuss.

Gratzel rechnete vor: „Wenn dauerhaft jeden Tag 35 bis 40 Stellen nicht besetzt sind, kostet das die Stadt rund zwei Millionen Euro im Jahr. Aktuell fallen in dieser Verwaltung aber noch mehr aus.“

Gründe: „Erstens Motivation, zweitens Identifikation!“

Woran es liegt, hat sich der Libe­rale gefragt. Seine Antwort lautet: „Erstens Motivation, zweitens Identifikation!“ Und dann erklärte er: „Manche denken: Was soll ich hingehen, dankt mir doch eh keiner. ­Ihnen fehlt Wertschätzung, sie sind sich der Bedeutung ihrer Aufgabe nicht bewusst. Bei anderen ist die Frage: Was ist ihnen ihre Stadt wert? Wer geht auch mal mit Schnupfen zur Arbeit, denn Schnupfen ist keine Krankheit.“

Auch Gerhard Nörenberg (CDU) redete Klartext: „Stress gibt es auch in anderen Betrieben, da sind die Krankenstände aber nicht so hoch.“ Achim Paas (SPD) erwiderte, dass eine Kommunalverwaltung nicht mit der freien Wirtschaft vergleichbar sei, er räumt aber ein, dass die Zahl der „Bettkanten-Entscheider“ („Hast du ein Schnüpfchen oder gehst du arbeiten?“) in Verwaltungen vielleicht etwas größer sei.

Stressbelastungen werden nicht mehr so kompensiert wie früher

Frank Mielke, Personalchef der Stadtverwaltung, machte deutlich, dass der hohe Krankenstand kein Hattingen-Problem, sondern eines der Kommunalverwaltungen in dieser Region sei. Und dass die Verwaltung ein Gesundheitsmanagement anbietet, „das leider nicht so nachgefragt wird wie erhofft“. Seine Einschätzung: „Es ist eine schwierige Gesamtsituation. Stressbelastungen werden nicht mehr so kompensiert wie früher, weil es für viele auch in ihrem Privatleben mehr Stress und andere Belastungen gibt.“

Wie berichtet, hat sich die Zahl der Fehltage pro Kopf im vorigen Jahr von 22,24 auf 24,07 vergrößert – ein Anstieg von rund elf Prozent.

„Die Verwaltung muss ihren eigenen Weg finden, da herauszukommen“, so Achim Paas. „Sie muss sich aber auch auf den Weg machen.“

Künftig wollen sich die Ratsfraktionen deshalb intensiver mit dem Thema beschäftigen und haben darum gebeten, es regelmäßig auf die Tagesordnung zu setzen.