Hattingen. Die Stadt hat einen Vertrag mit dem Ruhrverband vorbereitet und wirbt bei den Ratsparteien um Zustimmung. Die Gebühren sollen stabil bleiben.

Um Eurosummen in Millionenhöhe geht es bei Etatberatungen immer wieder. Die hier ist ganz sicher eine Premiere: Rund 110 Millionen Euro will die Stadt Hattingen auf einen Schlag einnehmen, indem sie dem Ruhrverband den Betrieb des kommunalen Kanalnetzes überträgt.

Mit diesem finanziellen Paukenschlag soll der größte Teil der auf allen Bürgern lastenden Kassenkredite in Höhe von 130 Millionen Euro abgelöst werden. „Das verschafft uns Liquidität und enorm viel neuen Handlungsspielraum“, sagten Bürgermeister Dirk Glaser und Kämmerer Frank Mielke am Donnerstagabend im Rat. Sie hielten Etatreden zur Einbringung des Haushaltsentwurfs für 2019.

Schnittstellen werden vermieden

Beim angestrebten Partnerschaftsmodell würde der Ruhrverband den Betrieb des Kanalsystems im gesamten Stadtgebiet übernehmen. Er wäre dann nicht mehr nur für die Reinigung des Abwassers zuständig, die zurzeit auch im Klärwerk Hattingen durchgeführt wird, sondern auch für die Ableitung des Wasser von den Häusern bis zur Kläranlage. Vorteile für die Stadt: Sie wäre komplett aus der Verantwortung, vor allem was die Unterhaltung der Kanäle angeht. Und behielte dennoch die Gebührenhoheit. Die Sätze würden für eine gewisse Zeit festgeschrieben, starke Anstiege seien ausgeschlossen.

Die hohe Summe ergibt sich daraus, dass der Ruhrverband der Stadt Hattingen die in den nächsten 100 Jahren zu erwartenden Gebühren auf einen Schlag vorstreckt und der Kämmerer die tatsächlichen Gebühren dann Jahr für Jahr zurücküberweist. Für den Verband rechnet sich das Geschäft betriebswirtschaftlich wohl vor allem deshalb, weil er das gesamte Kanalnetz künftig aus einer Hand planen, bauen, finanzieren und betreiben kann. Er hat angekündigt, in diesem Bereich weiter wachsen zu wollen, um Synergien zu erzielen.

Ganz auf Hattingen zugeschnitten

„Der Vertrag ist eine ganz und gar auf Hattingen zugeschnittene Lösung und kein Mustergeschäft“, betont Frank Mielke. Vor allem habe er nichts mit jenen Cross-Border-Geschäften zu tun, mit denen andere Städte in den vergangenen Jahren gezockt hatten.

„Wirtschaftsprüfer haben den Vertrag akribisch unter die Lupe genommen und auch die Gemeindeprüfungsanstalt NRW hat am Mittwoch grünes Licht gegeben. Die Vorgehensweise würde als großer Beitrag zur Haushaltskonsolidierung anerkannt“, ergänzt Mielke. Über die 110 Millionen Euro hinaus könne Hattingen mit weiteren jährlichen Zahlungen rechnen. Überweisungen in sechsstelliger Höhe bis hin zu einer Million Euro seien realistisch. Auch das werde den Etat massiv entlasten.

Die politischen Parteien werden sich nach den Herbstferien mit dem Thema beschäftigen.