Bochum/Hattingen/Witten. . Weise, aber noch lange nicht leise: Die Fantastischen Vier liefern beim Zeltfestival eine fulminante Show. 5000 Fans feiern am Kemnader See.
Qualitätslieferung des deutschen Sprechgesangs: Vier Männer mittleren Alters, alle ganz in schwarz, geben rund zwei Stunden lang alles, sie rappen, reimen und rocken. Sie wissen schon: Sie sind die da, die auf der Bühne steh‘n, sie sind da, die 5000 den Kopf verdreh‘n... Kurz: Die Fantastischen Vier haben das Zeltfestival Ruhr am Kemnader See mit Energie aufgeladen.
Es gibt diese Momente während der Show, in denen du da stehst und denkst: Jo, die vier Jungs sind aber auch älter geworden; Augenblicke, in denen du feststellst: Na die Leute um dich herum sind aber auch nicht mehr so jugendlich frisch wie bei deinem ersten Fanta-Konzert damals; es sind Sekunden, in denen dir unmissverständlich klar wird: Ey, auch du bist keine 20 mehr! Konzerte lassen eben Erinnerungen an juvenilere Tage aufleben, sie sind aber auch immer ein Spiegel der Gegenwart.
Hüpfende Begeisterung und entspanntes Abhängen
Die Fantas verbinden das alles mehr als geschickt. Mal was Altes („Der Picknicker“), mal was Neues („Tunnel“); mal hüpfende Begeisterung („Was geht“), mal entspanntes Abhängen („Pipis und Popos“). Die Pioniere des deutschen Hip-Hop wissen halt, wie es geht – sie drücken die richtigen Knöpfe, wie beispielsweise And.Ypsilon, der stoisch im Hintergrund stehend den Soundteppich ausbreitet; dazu spielen sich Smudo, Thomas D. und Michi Beck die Wortfetzen zu – klar, für sie müsste das Wort Rampensäue erfunden werden müsste, wenn es dieses nicht längst gäbe.
Auch die Zwischentöne stimmen. Eine Ansprache gegen die AfD („Wir brauchen euch gegen diese fucking-Endzeit-Stimmung“) gehört ebenso dazu wie kindische Blödeleien, die beweisen, dass sich die Herren auch nach 29 Jahren gemeinsamer Band-Geschichte immer noch ganz gut verstehen. Sie sind zwar inzwischen alle um die 50, schon durchaus weise, aber noch lange nicht leise. Das aktuelle Album „Captain Fantastic“ ist das inzwischen zehnte in ihrer Historie, und ein Ende scheint nicht in Sicht.
„Tag am Meer“ beim Abend am See
Höhepunkte? Das brutal durchdringende „Krieger“, kein Zweifel, der abfeiernde WM-Party-Hit „Zusammen“, das neo-nostalgische „Die da?!“ in der Zugabe natürlich. Und beim „Tag am Meer“ wird der Abend am See zum relaxten Chill-out. Fassen wir also zusammen: Das Konzert war ein Höhepunkt für sich, da kommt am See so schnell keiner heran.
Die Fantastischen Vier waren zum dritten Mal am Kemnader See. Bei der Premiere des Zeltfestivals vor zehn Jahren ging ihnen der Saft aus – denn gleich zweimal versagte die Stromversorgung ihren Dienst, die Fans mussten mehr als eine Stunde auf die Fortsetzung warten. Diesmal hatten die Fantas genügend Saft – und ihre enorme Energie sorgte für 5000 begeisterte Besucher, fast alle irgendwo im mittleren Alter.