Hattingen. . Nervöser Angeklagter bedankt sich nach dem Prozess für die Einstellung des Verfahrens. Er will jetzt in die Zukunft blicken.
Immer wieder wischt sich der Angeklagte S. Tränen weg, schlägt die Hände vors Gesicht, zeigt sich nervös. Er ist der Beleidigung angeklagt. Doch für ihn ging es gestern vor dem Schöffengericht um mehr – denn er steht noch unter Bewährung.
Der 19-Jährige soll im Juli nachts im Bus von Bochum nach Hattingen laut mit einer Bekannten gesprochen haben, die ihn ermahnte, leiser zu sein. „Ich kann so laut sein, wie ich will“, soll der Beschuldigte später im Bus gesagt haben. „Kannst Du nicht“, erwiderte ein Student. Den S. dann beleidigt haben soll, indem er Geschlechtsverkehr mit weiblichen Familienmitgliedern des Studenten androhte. Ein Freund von S. griff ein, mahnte ihn zur Ruhe – auch mit Androhung von Schlägen.
Verdacht: Per Handy Verstärkung geholt
Der Angeklagte soll im Bus telefoniert haben. Er behauptet: mit seiner Mutter. Doch der Verdacht: Er informierte einen Bekannten, denn als der Student wie der Beschuldigte in Hattingen-Mitte ausstieg, fiel ihn ein bis dahin Unbeteiligter an. Der Student ging zum Taxistand, rief von unterwegs die Polizei.
An massive Beleidigungen will sich der Beschuldigte erst nicht erinnern, will mit dem Angriff nichts zu tun gehabt haben, bietet an, seine Telefonprotokolle zu überprüfen. Er ist noch Schüler, hat eine Ausbildung in Aussicht. „Ich war damals stark alkoholisiert. Ich gehe seitdem nicht mehr feiern, trinke nicht mehr. Ich gucke in die Zukunft.“
Vertreter der Staatswaltschaft legt Geständnis nahe
Angesichts der Zeugenaussagen legt der Vertreter der Staatsanwaltschaft ihm mehrfach ein Geständnis nahe: „Ich baue ihnen eine goldene Brücke. Bei der Vorbereitung habe ich an eine Einstellung gedacht, wenn Sie sich geständig zeigen. Sie sind in einem Alter, wo man Verantwortung übernehmen muss. Beleidigungen passieren in ihrem Alter. Aber man muss dazu stehen.“ Was der Beschuldigte dann tut. Auch Richter Dr. Karl-Martin Lucks befürwortet die Einstellung. S. soll 80 Sozialstunden leistet. Er bedankt sich erleichtert und schlägt dem Jugendgerichtshelfer noch im Saal vor, wo er sie ableisten könnte.