Hattingen. . Vor 40 Jahren ist Annette Michler in die Nationalmannschaft der Turner aufgestiegen. Der Boykott der Olympischen Spiele änderte für sie alles.

  • Die Hattingerin hat relativ spät mit dem Turnen begonnen, trainierte aber fleißig
  • Schon mit 13 Jahren wurde Annette Michler Deutsche Meisterin
  • Nach dem Boykott der Olympischen Spiele in Moskau gab sie das Turnen auf

„Ein Wunderkind ist sie nicht“, schrieb die WAZ vor 40 Jahren über Annette Michler-Hanneken. „Stimmt“, sagt sie heute, „ist sie nicht“. Aber talentiert und erfolgreich war die damals 13-jährige Turnerin vom TuS Hattingen. Seit kurzem gehörte sie im Januar 1977 der B-Nationalmannschaft an, stand an der Schwelle zur Spitzenturnerin. Und tatsächlich feierte sie in den kommenden Jahren große Erfolge – bis nach 1980 plötzlich alles vorbei war.

„Das war Talent, aber auch harte Arbeit“, erklärt Annette Michler-Hanneken. Immerhin wurde sie mehrfach Deutsche Meisterin in verschiedenen Disziplinen, nahm an Europa- und Weltmeisterschaften teil. Dabei war sie erst mit acht Jahren zum Turnen gekommen. „Eigentlich war ich da schon zu alt und auch zu groß“, sagt sie. Aber die Schwester turnte und Annette war begeistert und wollte mit. „Damals sagte Hennes Saamann, der Mann meiner späteren Trainerin, zu mir: ‘Zugucken gibt’s nicht, sondern mitmachen’“, lacht sie. Also trainierte die Schülerin – bald sechs Tage die Woche, jeweils vier Stunden.

Annette Michler mit 13 Jahren.
Annette Michler mit 13 Jahren. © Fischer

Ihr liebstes Turngerät sei der Stufenbarren gewesen, das beste aber der Schwebebalken, erinnert sie sich. Schon in ihrem ersten Jahr in der Leistungsklasse 1 gewann sie auf dem Balken ihre erste Deutsche Meisterschaft.

Turnen neben einer Nadia Comăneci

„Am intensivsten waren die Teilnahmen an der Weltmeisterschaft“, sagt die 53-Jährige. Damals hatte die junge Turnerin vor allem internationale Vorbilder. „Neben einer Nadia Comăneci zu turnen, das war unvergleichbar“, schwärmt sie und lacht: „Und außerdem hatte ich dort das entlastende Gefühl, international ohnehin nichts reißen zu müssen.“

Einer ihrer größten Erfolge kam auf dem Turnfest in Hannover 1978 ganz überraschend. „Ich war vorher verletzt und konnte nicht trainieren. Schon die ersten zehn wären super gewesen.“ Aber irgendwie lief es gut und Annette Michler gewann den Achtkampf, am Stufenbarren und am Schwebebalken, wurde am Pferd Zweite und am Boden Dritte.

Und Annette Michler-Hanneken heute.
Und Annette Michler-Hanneken heute. © OH

Und als ihr großer Traum, die Teilnahme an den Olympischen Spielen, gerade zum Greifen nahe war, wurden die Spiele 1980 in Moskau boykottiert. „Ich war schwer enttäuscht. Da war die Motivation weg. Das Ziel fehlte plötzlich“, sagt sie. Von heute auf morgen hörte sie mit dem Turnen auf – „ganz schön unvernünftig, weil ich gar nicht abtrainiert habe.“

Salto vom Bootsrand ins Wasser

Für Sport begeisterte sich Annette Michler-Hanneken aber weiter, studierte Sport. Heute arbeitet sie für die Unfallkasse NRW mit dem Schwerpunkt Arbeits- und Gesundheitsschutz in Schulen. „Ich schaue, wie man Schulgebäude sicher gestalten und Menschen gesund erhalten kann.“ Dafür ist sie mittlerweile in ganz Deutschland unterwegs.

In Hattingen wohnt Annette Michler-Hanneken nicht mehr. „Aber es ist immer ein schönes Gefühl, von der Autobahn runterzufahren und zurückzukommen.“ Und die Turnerei klappt nach 40 Jahren auch nicht mehr so wie früher: „Die Kapriolen von damals gehen nicht mehr, aber einen Handstand und ein Rad und einen Salto vom Bootsrand ins Wasser, den kriege ich noch hin und damit konnte ich auch bei meinen Jungs punkten“, sagt sie und lacht.

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