Gladbeck. Die Software Skala analysiert zuvor eingegebene Daten. Das Ergebnis sind Prognosen, in welchem Quartier mit Einbrüchen gerechnet werden muss.
Es klingt nach Science Fiction, ist aber seit Dezember Realität bei der Jagd nach Ganoven im Kreis Recklinghausen: Die Polizei nutzt ein spezielles Computerprogramm des Landeskriminalamtes, um quasi auch für Gladbeck vorherzusagen, in welchem Quartier mit Wohnungseinbrüchen zu rechne ist. Skala heißt der neue Software-Kollege. Was nach bekannter Mailänder Oper klingt, das ist schlichtweg die Abkürzung für das Statistikprogramm „System zur Kriminalitätsanalyse und Lageantizipation“, das Einbrechern aber quasi die Flötentöne beibringen soll.
Mit der Kaffesatzleserei einer Wahrsagerin hat das freilich nichts zu tun. „Diese Vorhersagen beruhen auf reiner Mathematik und Algorithmen, also einem speziellen Berechnungsmuster, bezogen auf Daten und Statistiken, die zu Stadtquartieren erfasst worden sind“, erklärt Ramona Hörst von der Pressestelle der Kreispolizeibehörde.
Das Ergebnis sind Prognosen von Risikogebieten
Skala arbeitet nach dem Ansatz des sogenannten „Data Mining“ (Daten Förderung). Dies bedeute, dass das Programm mit Zahlen, Statistiken und Erkenntnissen zur Einwohner- und Gebäudestruktur (z.B. höheres Einkommen, alleinstehendes Haus), Verkehrsanbindung Richtung Autobahn (möglicher Fluchtweg) und auch Altersstruktur wie Mobilität der Anwohner (Senioren oder junge Familien) gefüttert werde. Hörst: „Daraus analysiert das Programm, welche Bedingungen in der Vergangenheit
bestimmte Einbrüche begünstigt haben und gleicht diese mit den aktuellen Bedingungen ab.“ Das Ergebnis sind Prognosen von Risikogebieten, wo in naher Zukunft im näheren Umkreis erneute Wohnungseinbrüche oder Kfz-Aufbrüche am wahrscheinlichsten sind.
Einmal pro Woche schickt das LKA die Vorhersage. „In Form einer Landkarte mit den Städten im Kreisgebiet, wobei die Quartiere, wo die Einbruchwahrscheinlichkeit drei- bis viermal höher ist, rot eingefärbt sind“, so Ramona Hörst. Diese Gebiete können dann in der Polizeiarbeit besonders in den Fokus genommen werden: Mit Zivilfahndern, die sich dort auf die Lauer legen, häufigeren Streifenwagen-Patrouillen, die abschrecken, oder gezielten Verkehrskontrollen an den Zufahrtstraßen.
Programm wird weiter verfeinert
Die Datenerfassung von Skala soll künftig noch verfeinert, beispielsweise sollen auch Serientaten besser berücksichtigt werden. Perspektivisch soll so als Ergebnis eine noch dynamischere Prognose möglich werden. Das bedeutet, dass Skala den Polizisten vor Ort dann zum Beispiel am Tablet-PC anzeigt, in welchem Gladbecker Stadtquartier am aktuellen Wochentag zu welcher Uhrzeit die Wahrscheinlichkeit am größten ist, dass in Wohnungen eingebrochen wird.
Was dazu beruhigen mag: die aktuell vorgelegte Kriminalstatistik zeigt auf, dass die Anzahl der Wohnungseinbrüche im Stadtgebiet mit 122 Taten im Vergleich zum Vorjahr deutlich, um fast 30 Prozent, gesunken ist (Vorjahr 173). Diese positive Entwicklung betrifft auch andere Bereiche, in denen Einbrecher Türen und Fenster geknackt haben, um Beute zu machen. So gingen auch deutlich die Einbrüche in Boden- und Kellerräume von 83 auf 21 Delikte zurück. Ebenfalls halbiert haben sich die gewaltsamen Einstiege in Läden und Gaststätten.
Der Diebstahl aus Kraftfahrzeugen ist indes mit 351 Delikten um zehn Taten leicht angestiegen. Gleiches gilt für den Fahrzeugdiebstahl (einschließlich unbefugter Benutzung): 20 Besitzer mussten 2018 feststellen, dass ihr Wagen verschwunden ist (Vorjahr 16).
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In den USA und Großbritannien nutzen Polizeibeamte die Vorhersagende Polizeiarbeit (Predictive Policing) schon seit längerer Zeit. In NRW wurde diese Methode Ende 2015 zum ersten Mal als Pilot für Köln und Duisburg angewandt.
- Anfang 2017 folgte die Polizei in Essen, Düsseldorf, Gelsenkirchen und Bonn. Aufgrund der positiven Rückmeldungen wurde Skala dann auf weitere Behörden ausgeweitet.