Gladbeck. Die Liste um Süleyman Kosar konnte trotz ihrer sechs Mandate den Einfluss im Gremium nicht ausbauen. Bahtiyar Ünlütürk bleib Vorsitzender der Migrantenvertretung. Die Gladbecker ABI-Kandidaten erhalten auch zu wenig Stimmen, um Delegierte für den Landesintegrationsrat NRW stellen zu können

Als eine Art ‘parlamentarische’ Lehrstunde mag man die erste Sitzung des neu gewählten Integrationsrates am Mittwochnachmittag bezeichnen. Denn obwohl die Alternative Bürger Initiative (ABI) bei der Wahl Ende Mai mit 33 % die meisten Stimmen erhielt, konnten ihre Vertreter den Einfluss im Gremium nicht ausbauen. Sowohl bei der Wahl des Vorsitzenden, als auch bei der Wahl der Delegierten für Hauptausschuss und Mitgliederversammlung des Landesintegrationsrates NRW hatten die ABI-Kandidaten das Nachsehen. Mit deutlicher Mehrheit zum Vorsitzenden des Integrationsrates bestimmt wurde der alte Vorsitzende Bahtiyar Ünlütürk, Kandidat der SPD-nahen Liste Sozial-Gerecht-Gemeinsam (SGG).

Das Plenum setzte damit ein Zeichen gegen das im Vorfeld nicht nur von Bürgermeister Roland kritisierte Taktieren von ABI-Spitzenmann Süleyman Kosar, Mitglied der konservativen Union Europäischer Türkischer Demokraten (UETD) Gladbeck, der sein Integrationsrat-Mandat zunächst zugunsten eines ABI-Nachrückers aufgegeben hatte. In der allzu offensichtlichen Absicht, sich bei der Wahl der Rats-Vertreter für den Integrationsrat aufstellen zu lassen, und mit stimmlicher Unterstützung der Linken, DKP und BIG durch die Hintertür

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wieder ins Gremium einzuziehen. Dadurch hatte ABI die Anzahl von fünf auf sechs Sitze ausbauen können.

Den so entfachten deutlichen politischen Gegenwind („Kalkül vor Fairness“) hatte Kosar vergeblich zu entkräften versucht, indem jetzt nicht er selbst, sondern ABI-Vertreter Habib Ay für den Integrationsrat-Vorsitz kandidierte. Der Diplom-Ingenieur hatte durchaus Sympathien außerhalb der eigenen Reihen, hätte so eventuell Chancen gehabt, statt Ünlütürk den Integrationsrat zu leiten.

Negative Vorgeschichte

Die negative Vorgeschichte mit Kosar führte aber zu Vorgesprächen innerhalb der Lager, so dass die zwölf Stimmen der Ratsvertreter von SPD (3) Grünen (1), CDU (2) sowie der Listen von SGG (3) und Interkulturelle Bürger Liste (3) klare Verhältnisse schufen. Ay erhielt nur die ABI-Stimmen (6) selbst, und Nilüfer Akcay, Kandidatin der Gladbecker Lebendige Alternative, die drei Stimmen ihrer Liste.

Auf Antrag der SPD wurde beschlossen drei, statt bisher zwei Stellvertreter für den Vorsitzenden zu wählen. Nach Bitte um zehnminütige Unterbrechung (SPD) und Absprache aller Mandatsträger, mit Ausnahme von ABI, wurden 1. Hasan Mutlu (IBL), 2. Nilüfer Akcay (GLA) und 3. Simone Steffens (Grüne) einstimmig gewählt.

Die Linke: Fehlstart des Integrationsrates 

Von einem „Fehlstart des Integrationsrates“ spricht Ratsherr Franz Kruse (Die Linke), der Süleyman Kosar als Kandidat des Rates für den Integrationsrat nominiert und so ABI ein weiteres Mandat mit verschafft hatte.

Die Migrantenvertreter der „Alternative Bürger Initiative“ mit dem stärksten Wahlergebnis seien „mit tatkräftiger Unterstützung der deutschen Stadtratsmitglieder“ im Integrationsrat „gezielt vor den Kopf gestoßen“ worden, so Kruse. Bei der Wahl des Vorsitzenden und selbst bei der Wahl der drei Stellvertreter sei die stärkste Migrantengruppe übergangen worden. Das widerspreche allen demokratischen Standards. „In früheren Integrationsräten haben sich die vom Gladbecker Stadtrat entsandten deutschen Mitglieder des Integrationsrates der Stimme enthalten, um den direkt gewählten Migranten die Besetzung der Vorsitzendenposten selbst zu überlassen“, so Kruse. Dieses Mal seien die sieben Stimmen der deutschen Mitglieder ausschlaggebend dafür gewesen, dass die Migrantengruppe mit dem besten Wahlergebnis überstimmt wurde „und so völlig ohne Einfluss im Vorsitz bleiben wird“. Dies sei „ein klarer Affront gegen die Gruppe mit dem stärksten Rückhalt in der zugewanderten Bevölkerung“. So sollte die deutsche Politik Integration gerade nicht handhaben. Dieser Integrationsrat integriere nicht, es sei jetzt schon klar, „dass er polarisiert“.

Ganz anders sehen dies Jens Bennarend, Orts-Vorsitzender der SPD und Michael Hübner, MdL, die in ihrer Stellungnahme die erneute Wahl von Bahtiyar Ünlütürk zum Integrationsratsvorsitzenden ausdrücklich begrüßen. Mit Ünlütürk, der von der SPD unterstützt werde, sei die Kontinuität gewährleistet. Man wolle nun gemeinsam mit dem Integrationsrat das von Vertrauen und Solidarität geprägte Zusammenleben in Gladbeck, egal welcher Herkunft und Kultur, weiter positiv gestalten und voranbringen. Durch seine offene und nach vorne blickende Art habe sich Ünlütürk „Vertrauen und Respekt über die Parteigrenzen hinweg erworben“, so die SPD.