Gladbeck / Recklinghausen. Kreis Recklinghausen und Münsterland bilden ein Rettungsdienstnetzwerk. Jetzt müssen Gladbecker Fahrzeuge mit Digitaltechnik ausgerüstet werden.

Nach Ostern, also im April 2024, geht der Telenotarzt im Kreis Recklinghausen an den Start. Dieser Termin ist jetzt von der Kreisverwaltung Recklinghausen bestätigt worden. Der Telenotarzt wird aus der Ferne zugeschaltet, wenn bei einem medizinischen Notfall der Notarzt nicht mit vor Ort ist. Dann können die Rettungskräfte in Gladbeck und im Kreis vom Einsatzort aus den Telenotarzt zuschalten. Das ist denkbar, wenn es etwa darum geht, dass ein ärztlicher Rat benötigt wird oder eine Medikamentengabe nicht ohne ärztliche Anordnung erfolgen darf.

Bereits im September 2021 hatte der Kreistag grünes Licht gegeben. Schon damals ging es um die Kooperation mit Teilen des Münsterlandes. Die Kreise Recklinghausen, Coesfeld, Borken, Steinfurt und Warendorf sowie die Stadt Münster haben sich in dieser Angelegenheit zu einem Rettungsdienst-Netzwerk für insgesamt zwei Millionen Einwohner zusammengeschlossen. Die Telenotarzt-Zentrale selbst erhält ihren Standort in der Leitstelle der Feuerwehr in Münster. Mehrmals hatte sich der Start des Telenotarztes für Gladbeck und den Kreis verzögert, zuletzt hatte es geheißen, dass das System Mitte 2023 einsatzbereit wäre.

Notarzt wird per Kamera zugeschaltet

Wenn künftig Besatzungen von Rettungswagen ärztliche Unterstützung bei ihrer Arbeit benötigen, können sie sich digital mit der Zentrale in Münster verbinden. Kameras und Übertragungsgeräte können zu jedem Notfall mitgenommen werden und sollen auch während der Fahrt störungsfrei funktionieren. Dank der Live-Bilder sowie der digitalen Übertragung wichtiger medizinischer Daten sei eine erste Einschätzung aus der Ferne möglich, noch bevor notärztliche Hilfe physisch zum Einsatzort gelangt, heißt es in einer Mitteilung der beteiligten Partner.

Bei Neubeschaffungen sollen die geänderten Anforderungen künftig ebenfalls berücksichtigt werden
David Hennig

Aktuell sind im Kreis Recklinghausen 32 Rettungswagen unterwegs. Der Fahrzeugpark soll im Laufe der nächsten Jahre auf 50 aufgestockt werden, auch um die Hilfsfristen im Rettungsdienst besser einhalten zu können (siehe Info). Alle Rettungswagen werden nach und nach von der Firma Umlaut telehealthcare GmbH (Aachen) mit der notwendigen Digitaltechnik ausgestattet (die Firma hatte sich bei einer europaweiten Ausschreibung durchgesetzt).

Kreis Recklinghausen startet zunächst mit zwei Musterfahrzeugen

Nach Angaben von Kreissprecherin Svenja Küchmeister erfolgt der Start im Kreis RE zunächst mit zwei Musterfahrzeugen. Die sollen in Oer-Erkenschwick, wo es keinen Notarztstandort gibt, und in Dorsten stationiert werden. Dorsten ergibt Sinn, weil der Telenotarzt nach Einschätzung von Experten vor allem in ländlichen Regionen gebraucht wird, wo die Anfahrtswege mitunter weit sind.

In Gladbeck liefen aktuell die Abstimmungen mit dem Kreis, der als Träger des Rettungsdienstes dabei führend ist, erläutert Stadtsprecher David Hennig auf Nachfrage. Und weiter: „Nach der rund dreimonatigen Testphase in den zwei genannten Kreisstädten soll die Umsetzung in den anderen Städten sukzessive erfolgen.“ Das bedeute, dass die vorhanden Fahrzeuge in Gladbeck nach und nach mit der entsprechenden technischen Ausstattung nachgerüstet würden. Schon jetzt seien entsprechende Prüfungen gelaufen und es gebe auch schon eine Priorisierung für den Umbau der Autos. „Bei Neubeschaffungen sollen die geänderten Anforderungen künftig ebenfalls berücksichtigt werden“, so Hennig.

Wann das System schließlich auch in Gladbeck zum Einsatz kommen wird, vermag noch niemand sicher zu sagen. Allerdings, so Svenja Küchmeister, sei es das Ziel, bis zum Ende des Jahres alle Fahrzeuge im Kreis mit der entsprechenden Technik auszustatten. In welcher Reihenfolge das geschieht, dazu gibt es noch keine Informationen.

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In Aachen ist das Telenotarzt-System bereits 2013 entwickelt und seitdem erfolgreich eingesetzt worden. Die Erfahrungen zeigten, dass telemedizinische Hilfe die Notfallversorgung verbessere, ohne dass ein Notarzt zur Einsatzstelle kommen müsse. In vielen Fällen könne die Besatzung des Rettungswagens die Versorgung eigenständig leisten. Das NRW-Gesundheitsministerium lässt derzeit flächendeckend in allen Regionen des Landes Telenotarzt-Systeme einrichten. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen.

Tagsüber stehen im Kreis Recklinghausen elf Notärzte bereit, nachts sind es neun. Stationiert sind sie an den Kliniken im Vest. Herzanfälle, Schlaganfälle, Luftnot, Krampfanfälle, Unterzuckerung und Verkehrsunfälle sind die häufigsten Anlässe für die Anforderung von Sanitätern und Notärzten. Jährlich werden im Kreis rund 60.000 Notfalleinsätze notiert.

Hilfsfristen im Kreis werden verfehlt

Innerhalb von acht Minuten soll der Rettungsdienst im Ernstfall beim Patienten eintreffen. Im ländlichen Raum gelten zwölf Minuten als angemessene Frist.

Die vorgegebenen Hilfsfristen werden im Kreis Recklinghausen allerdings nur zu 50,7 Prozent (8 Minuten-Bereich) beziehungsweise 56,7 Prozent (12 Minuten-Bereich) eingehalten. Der Zielwert liegt bei 90 Prozent.