Gladbeck. Die Foto-AG Gladbeck präsentiert ihre Werkschau 2023 auf unkonventionelle Weise. Manch einer mag die Ausstellung besuchen, ohne es zu merken.

„Da haben Leute echt vergessen, bei Grün loszufahren.“ Robert Waleczek lächelt, aber ein Ritterschlag für die ungewöhnliche Ausstellungsform der Foto-AG Gladbeck ist es irgendwie schon. Ab dem 18. August bestreitet die Gruppe ihre Werkschau nämlich schon zum zweiten Mal auf ungewöhnliche Art und Weise: Mit großen Lkw-Planen am Zaun des Berufskollegs Gladbeck an der Konrad-Adenauer-Allee.

Wie so viele Ideen dieser Tage war die Werkschau im öffentlichen Raum ein Produkt der Pandemie. „Aber sie hat auch andere Vorteile, außer der Tatsache, dass wir unsere Werke auch zu Corona-Hochzeiten ausstellen konnten“, sagt Klaus Braun von der Foto-AG. Mit den eigenen Bildern 24 Stunden, sieben Tage die Woche, präsent zu sein, sei ein großer Trumpf.

Foto-AG Gladbeck hängt ihre Werke an den Zaun

Denn viele Gladbecker, gerade die Autofahrer, dürften bis zur Finissage am 29. September die Ausstellung der AG besuchen, ob sie wollen oder nicht, ob sie es merken oder nicht. Die 21 Lkw-Planen 1,80 mal zwei Meter, hängen taktisch geschickt direkt neben der Ampel an der Kreuzung Konrad-Adenauer-Allee/Herderstraße, wo der gemeine Gladbecker Autofahrer ohnehin öfter mal warten muss. Und, wie Robert Waleczek sich erinnert, vor lauter Staunen ob der Fotokünste der AG auch gerne mal die Grünphase

Die Foto-AG Gladbeck hat ihre Werkschau aufgehängt, nun kann sie von jedermann im öffentlichen Straßenraum betrachtet werden.
Die Foto-AG Gladbeck hat ihre Werkschau aufgehängt, nun kann sie von jedermann im öffentlichen Straßenraum betrachtet werden. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

verpasst.

Aber was ist denn überhaupt drauf auf den Planen? „Jeder Teilnehmer aus der AG hat eine Plane bekommen, bis zu vier Motive passen drauf“, erklärt Udo Witteck. Eine thematische Vorgabe gibt es nicht, „die Leute können die ganze Bandbreite unserer Gruppe sehen.“ Mit von der Partie sind Naturfotografien, Bilder architektonischer Schönheiten, teils abstrakte Kunstmotive, „im Prinzip 21 verschiedene Sichtweisen auf die Dinge“.

„Ein Blick durch 21 Augenpaare“

Neue Sichtweisen quasi, auch für diejenigen, die die Arbeiten der Foto-AG schon kennen. „Keiner von uns arbeitet heute noch so wie vor zwei oder vier Jahren“, sagt Ulrike Pollmann, „es ist sozusagen ein Blick durch 21 Augenpaare“. Sogar durch zwei Augenpaare, die nicht aus Gladbeck kommen, nicht einmal aus Deutschland: Irene Haslauer und Christian Sischka sind Gastfotografen der Fotogruppe Schwechat, einer Stadtgemeinde bei Wien und Gladbecks Partnerstadt.

Vier von 21 Augenpaaren: Robert Waleczek, Ulrike Pollmann, Udo Witteck und Klaus Braun (v.l.) von der Foto-AG Gladbeck haben für ihre Werkschau 2023 eine ungewöhnliche Ausstellungsform gewählt.
Vier von 21 Augenpaaren: Robert Waleczek, Ulrike Pollmann, Udo Witteck und Klaus Braun (v.l.) von der Foto-AG Gladbeck haben für ihre Werkschau 2023 eine ungewöhnliche Ausstellungsform gewählt. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Die Werkschau ist für die Gladbecker Foto-AG aber auch ein Blick auf sich selbst. So funktioniert die AG nämlich „sie kann eine Basis sein, Fotografie kennenzulernen, aber eben auch, um Fotografie weiterzuentwickeln“, sagt Klaus Braun. Gegründet hat sich die Gruppe aus einem Kurs an der Volkshochschule und aus dem Interesse, die Kenntnisse zu vertiefen. „Wir setzen uns aus Anfängern und Fortgeschrittenen zusammen, unsere Wissensstände sind unterschiedlich.“ Viermal im Monat treffen sich die Fotografen, nicht immer mit allen Mitgliedern zu allen Terminen, aber doch immer zur gemeinsamen Arbeit an der individuellen Fotografie.

Vandalismus bei der Werkschau? „Wurden positiv überrascht“

Und das Ergebnis ist jetzt eben die Werkschau an außergewöhnlicher, öffentlicher Stelle. So öffentlich, dass man sich ja beinahe zwangsläufig Gedanken über Vandalismus machen muss. „Da haben wir bei der ersten Ausgabe natürlich auch dran gedacht“, erinnert sich Waleczek, „aber wir wurden positiv überrascht. Wenn wir politische Werke ausstellen würden, wäre es möglicherweise anders gelaufen.“ Und außerdem, sagt das Quartett nicht ohne Stolz, gebe es ja so etwas wie einen Ehrenkodex unter Künstlern im öffentlichen Raum, seien es Fotografen oder Graffitikünstler: „Man respektiert die Werke anderer Künstler.“