Gladbeck. Im Kreis Recklinghausen liegt die Quote der Leistungskürzungen unter Bundesdurchschnitt. Jobcenter-Chef hält Sanktionen aber weiter für nötig.

Wenn Hartz-IV-Empfänger eine Arbeit ablehnen oder eine vereinbarte Umschulung nicht antreten, werden ihnen von den Jobcentern bald nicht mehr die Leistungen gekürzt. Die Bundesregierung hat kürzlich ein „Sanktionsmoratorium“ beschlossen. Bis zum Jahresende werden fast alle Sanktionen gestrichen – mit einer Ausnahme: Nimmt jemand unentschuldigt einen Termin im Jobcenter nicht wahr, kann ihm der Regelsatz von aktuell 449 Euro weiterhin gekürzt werden.

„Das Thema Sanktionen ist hochpolitisch und umstritten“, sagt Dominik Schad, Leiter des Jobcenters Kreis Recklinghausen, zu dem auch die Gladbecker Stelle gehört. Er selbst hat eine klare Meinung dazu: „Sanktionen sind das letzte Mittel, aber trotzdem notwendig als Instrument für diejenigen, die sich über einen längeren Zeitraum verweigern.“

Reform der Grundsicherung Hartz IV soll zum neuen Bürgergeld werden

Die Erfahrungen aus dem von der Ampelkoalition vereinbarten Sanktionsmoratorium sollen in eine grundlegende Reform der Grundsicherung Hartz IV einfließen, die zu einem neuen „Bürgergeld“ werden soll. Aber noch gelten die alten Regeln, betont Dominik Schad. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit beträgt der Anteil der von Sanktionen betroffenen Leistungsbezieher bundesweit 3,1 Prozent. Die Quote sei seit Jahren konstant. Im Kreis Recklinghausen ist sie deutlich niedriger. Laut Statistik des Jobcenters lag sie im Jahr vor Corona (2019) bei 1,8 Prozent, 2021 bei 0,9 Prozent. Zum Vergleich herangezogen wurden jeweils die Monate März.

Lesen Sie auch

In konkreten Zahlen heißt das: Von 46.071 erwerbsfähigen Leistungsbeziehern wurden im März letzten Jahres 426 mit Sanktionen belegt. Zu 80 Prozent, so Schad, waren es Meldeversäumnisse, die geahndet wurden – und die auch weiterhin mit der Streichung von Leistungen quittiert werden können.

++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook! ++

Das Prinzip des „Förderns und Forderns“ hat nach Einschätzung des Jobcenter-Chefs nach wie vor seine Berechtigung. Es gehe in den Beratungsgesprächen darum, mit den Jobcenter-Kunden eine Perspektive aufzubauen. Wer sich der Zusammenarbeit verweigere, schade auch der Gemeinschaft, die dafür einiges an Geld in die Hand nehme. Pauschale Vorwürfe wie „Jobcenter sind Sanktionszentren“ weist Schad entschieden zurück. „Sanktionen werden bei uns erst ausgesprochen, wenn jemand zwei- bis dreimal einen Termin unentschuldigt versäumt“, betont er. „Auch zwingen wir keinen Menschen in einen Arbeitsplatz. Das wäre nicht im Interesse der Unternehmen, die die Stellen zur Verfügung stellen.“