Gladbeck. Polizeikräfte haben bundesweit gegen einen weltweit agierenden Drogenring zugeschlagen. Auch von Gladbeck aus wurden die Transporte organisiert.

In den frühen Morgenstunden haben am Dienstag Polizeikräfte bundesweit zugeschlagen, um einer Tätergruppe in Deutschland das Handwerk zu legen, die die Transport-Logistik eines weltweit agierenden Drogenrings abgewickelt haben soll. Dabei wurden auch Wohnungen in Gladbeck durchsucht und Tatverdächtige festgenommen.

Wie die Staatsanwaltschaft Essen und die Polizei Recklinghausen mitteilen, waren zuvor bereist am Montag vier Untersuchungshaftbefehle vollstreckt worden. Bei den Verhafteten handelt es sich um einen 38-jährigen Mann aus Gladbeck, zwei Männer aus dem rheinland-pfälzischen Speyer (22, 54), jeweils mit syrischer Staatsangehörigkeit, sowie einen 43-jährigen Mann aus Straubing (Bayern) mit algerischer Staatsangehörigkeit. Gestern und in den frühen Morgenstunden des heutigen Tages wurden außerdem mehrere Wohnungen in Nordrhein-Westfalen (5), Hessen (3), Rheinland-Pfalz (1) und Bayern (2) durchsucht und zwei weitere Männer (24, 34) aus Gladbeck und Darmstadt vorläufig festgenommen. Es konnten diverse digitale Datenträger, schriftliche Unterlagen und ein Tresor als Beweismittel sichergestellt werden.

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Fahnder stellen 372 Kilogramm Amphetamin sicher

Fund in Constanta Rumänien: Die Drogen waren als Seifen getarnt verschickt worden.  
Fund in Constanta Rumänien: Die Drogen waren als Seifen getarnt verschickt worden.   © Polizei Recklinghausen | NN

Ins Visier der Fahnder waren die kriminellen „Logistiker“ bereits im April 2020 geraten, nachdem rumänische Behörden im Hafen von Constanta 372 Kilogramm Amphetamin in Tablettenform sichergestellt hatten. Denn im Rahmen der Ermittlungen ergaben sich erste Hinweise auf eine Tätergruppierung in Deutschland, die für die Abwicklung bzw. die Organisation des Drogentransportes verantwortlich gewesen sein soll, darunter der 38-Jährige aus Gladbeck. Ob er der dafür verantwortliche Kopf war? „Der Mann war an allen im Rahmen der Ermittlungen stehenden Transporte beteiligt“, so Oberstaatsanwaltin Anette Milk von der Staatsanwaltschaft Essen. Die genauen Hierarchien würden noch ermittelt.

Der Hinweis auf den Gladbecker führte zum Einsatz einer Ermittlungskommission bei dem Kommissariat für organisierte Kriminalität in Recklinghausen, die in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Essen umgehend die Ermittlungen aufnahm. Die Tatverdächtigen konnten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern ausgemacht werden. Sie sollen einer Tätergruppe angehören, die den Transport von Drogen per Schiffscontainer organisiert haben; teilweise wurde aber auch die Herstellung von Drogen (Amphetamin) in Syrien mit aus China importierten Grundstoffen organisiert.

Die Drogenlieferung wurde in falschen Kartonagen oder Maschinenteilen versteckt

Das Rauschgift wurde für den Transport auch in Maschinenteilen versteckt. 
Das Rauschgift wurde für den Transport auch in Maschinenteilen versteckt.  © Polizei Recklinghausen | NN

Das Rauschgift wurde in Maschinenteilen oder „falschen“ Kartonagen versteckt und dort auf Containern für den Seeweg verladen. Bestimmt waren die Drogen fast ausschließlich für den arabischen Raum. Zur Verschleierung der Transportroute wurden allerdings zunächst regelmäßig europäische Häfen, unter anderem in der Türkei, Rumänien, Spanien, Schweden oder Deutschland, angefahren. Im Zuge der Ermittlungen ergaben sich Hinweise auf eine weitere Rauschgiftlieferung nach Constanta. Im August 2020 konnten die Beamten der Ermittlungskommission mit Hilfe der rumänischen Behörden dort etwa 750 kg Amphetamin in Tablettenform und 1.500 kg Haschisch sicherstellen. Die beiden in Constanta sichergestellten Drogenlieferungen hatten allein einen Schwarzmarktwert von schätzungsweise 130 Millionen Euro.

Zudem konnten Hinweise auf einen Kühlcontainer mit Kokain aus Südamerika gewonnen werden, für den die Gruppe logistisch ebenfalls verantwortlich gewesen sein soll. Die in den Seitenwänden versteckten Drogen, wobei es sich mindestens um 100 kg Kokain gehandelt haben soll, waren ursprünglich für Spanien bestimmt, wurden jedoch durch mehrere Häfen weiter transportiert. Schließlich wurde der Container im Hafen von Göteborg (Schweden) von Bord des Schiffes genommen und entladen. Die schwedischen Behörden konnten aber Anfang September 2020 nur noch den leeren Container mit aufgetrennten Seitenwänden feststellen.

Der Gladbecker (38) soll an allen Lieferungen beteiligt gewesen sei

Den in Untersuchungshaft genommenen 38, 54 und 43 Jahre alten Männern wird mit den Haftbefehlen zur Last gelegt, von Deutschland aus die beiden in Constanta sichergestellten Lieferungen organisiert zu haben, den beiden 38 und 54 Jahre alten Beschuldigten außerdem die Lieferung des (nicht sichergestellten) Kokains nach Göteborg. „Die Hauptrouten der Lieferungen erfolgten ausschließlich auf dem Seeweg“, so Anette Milk, diese Drogen seien so selbst beispielsweise nicht nach Gladbeck gelangt. Der 22-jährige soll Drogengeld gewaschen haben. Darüber hinaus wird geprüft, ob die Beschuldigten als Drahtzieher für weitere Lieferungen in Frage kommen. Denn in den Jahren 2019 und 2020 konnten in Griechenland, Ägypten, den Arabischen Emiraten und der Ukraine weitere Container mit Drogen sichergestellt werden, für die dieselbe Tätergruppe in Frage kommt.

An dem Ermittlungsverfahren waren bzw. sind viele Staaten beteiligt. Die bisherigen Ermittlungserfolge konnten laut Staatsanwaltschaft auf Grund guten polizeilichen und juristischen Zusammenarbeit zwischen allen Ländern erreicht werden. Die Ermittlungen des Kommissariats zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität des Polizeipräsidiums Recklinghausen und der Staatsanwaltschaft Essen dauern an. Der 38-jährige Syrer aus Gladbeck war laut Oberstaatsanwältin Milk „zuvor nicht polizeilich aufgefallen“. Seine Festnahme erfolgte in einer Wohnung im westlichen Stadtgebiet von Gladbeck.