Gladbeck. Der bekannte Schauspieler Armin Rohde ist ein waschechtes Kind des Ruhrgebietes und ein gebürtiger Gladbecker. Im Interview sprichter über seinen neuen Film "Albert Schweitzer" in dem er die Rolle des Albert Einstein übernommen hat und Lebensansichten.

Er ist in Gladbeck geboren, als Sohn eines Bergmanns, und sein Herz schlägt für das Ruhrgebiet. Schauspieler Armin Rohde ist ein Mann aus dem Volk, der bevorzugt einfache Menschen mimt. In seiner neuesten Rolle ist der Harley-Davidson-Fan jedoch kaum wiederzuerkennen. Mit weißen Haaren, weißem Schnauzer und weisem Blick verkörpert er Albert Einstein in der Filmbiographie „Albert Schweitzer”, warnt als genialer Physiker mit seinem Freund Albert Schweitzer vor der Atomgefahr und mahnt zur Ehrfurcht vor dem Leben. Eine Rolle wie geschaffen für Armin Rohde, der auch im Interview mit Claudia Pless kein Blatt vor den Mund nimmt.

Braucht man eine gewisse Portion Größenwahn, um Einstein zu verkörpern?

Armin Rohde: Allerdings (lacht). Da gab's durchaus auch viele skeptische Stimmen von Kritikern, die mir einen vor den Kopf gegeben haben. Nach dem Motto: Einer, der „Bierchen” gespielt hat und „Räuber Hotzenplotz”, wie kann der sich an unser hochverehrtes Weltgenie wagen?

Haben Sie gegenüber Ihrer aktuellen Filmfigur eine persönliche Verbundenheit gefühlt?

Armin Rohde: Albert Einstein war nicht nur eine große Lichtgestalt, sondern auch Pazifist und Sozialist. In ihm hat ein inneres Feuer gebrannt. Das kenne ich auch. Aber ich könnte nicht die tägliche Kleinarbeit im Dienst der guten Sache verrichten. In Interviews sein Maul auf zu machen, ist kein großes Kunststück. Danach fängt die Arbeit ja erst an.

Es gibt also auch heute noch viel zu tun?

Armin Rohde: Unbedingt. Es ist richtig, als normaler Mensch verstört und irritiert zu reagieren auf das, was uns die Welt heute zeigt. Eine oft verkehrte Welt. Es hat noch nie ein Jahrhundert gegeben, in dem man so viele Informationen bekommen hat. Es wird in Echtzeit berichtet, das können wir meist gar nicht verarbeiten und verkraften.

In Ihrem Buch „Größenwahn und Lampenfieber” geben Sie praktische Lebenshilfe, nicht nur für Nachwuchsschauspieler . . .

Armin Rohde: Ich führ' die Leute nur durch den Dschungel zur Quelle, trinken muss man schon selber. Denn ich glaube ganz fest daran, dass wir alle sehr verletzliche Säugetiere sind, die bei ihren Streifzügen durchs Unterholz versuchen, nicht allzu viele Schrammen ins Fell zu kriegen.

Das heißt, wir Menschen sind alle gleich?

Armin Rohde: Der eine kann besser erwachsen spielen, der andere hat's gar nicht drauf. Und dann gibt es noch solche wie Herrn Ackermann, bei dem ich gar nicht weiß, von welchem Planeten er eigentlich kommt.

Albert Schweitzer war ein großer Menschen- und Tierfreund. Welche Rollen spielen Tiere in Ihrem Leben?

Armin Rohde: Ich bin leider nicht mit Tieren aufgewachsen. Wir mussten uns mit sechs Leuten eine 74-Quadratmeter-Wohnung teilen. Da fehlte es an Platz. Momentan denke ich aber über einen Hund nach. Ich bin ja oft von zu Hause weg und lasse meine Frau nicht gerne allein.

Wären nicht auch Kinder ein schöner Familienzuwachs?

Kindheit in Gladbeck

Armin Rohde wurde am 4. April 1955 als Sohn des Bergmanns Kurt Rohde in Gladbeck geboren. Der Vater war als Kohlenhauer auf Graf Moltke III und IV beschäftigt. Die Familie wohnte auf der Görlitzer Straße (Butendorf). Später zogen die Rohdes nach Wuppertal.

Bevor Armin Rohde in Helmut Dietls „Schtonk!” sein Kino-Debüt gibt, stand er in Klassikern von Shakespeare bis Brecht auf den Theater-Bühnen in Bielefeld und Bochum. Die Gunst des TV-Publikums erobert er als Lkw-Fahrer Kaschinski in der Serie „Auf Achse” und als trinkfreudiges „Bierchen” in Sönke Wortmanns „Kleine Haie”. Auch sein Part als Harri im Kinoerfolg „Das Leben ist eine Baustelle” wird für den studierten Schauspieler und ausgebildeten Clown zur Paraderolle. Sein Buch „Größenwahn und Lampenfieber" ist im Rowohlt Verlag erschienen.

Armin Rohde: Mit Sicherheit. Ich liebe Kinder. Aber ich bin ein manischer Sorgenmacher, mache mir die schrecklichsten Sorgen um alle Menschen, die ich liebe. Als Ältester von vier Geschwistern hab ich schon als Kind auf meine zwei Brüder und meine Schwester aufgepasst. Das prägt. Vielleicht lasse ich deshalb nur sehr wenig Menschen an mich ran. Mit jedem nahestehenden Menschen wird mein Sorgenberg größer. Deshalb habe ich inzwischen Abschied genommen von dem Gedanken, einmal selber Kinder zu haben.

Im Leben eines Schauspielers spielt das Abschiednehmen (überhaupt) eine große Rolle. Wie nehmen Sie Abschied von einer Figur?

Armin Rohde: Das ist meist eher unsentimental. Früher hatte ich mitunter eine Träne im Knopfloch. Habe gedacht, die Rolle stirbt, wenn ich sie nicht mehr spiele. Aber inzwischen habe ich rund 150 verschiedene Figuren verkörpert und gelernt, loslassen zu können.

Lampenfieber gehört zu Ihrem Beruf. Haben Sie im Laufe Ihrer Karriere diese Versagensängste abgelegt?

Armin Rohde: Nein. Die erste Nacht vor Drehbeginn mit einem neuen Regisseur schlaf' ich meistens nicht. Wenn ich noch nicht weiß, wie kommen wir miteinander klar, wie viel Raum gibt er mir. Meistens sind die Befürchtungen überflüssig, doch ich mache sie mir immer noch – nach all den Jahren.

Und beim Theaterspielen?

Da wird das Lampenfieber mit den Jahren sogar schlimmer. Physiologen haben mal gemessen, dass die Belastung eines Theaterschauspielers bei einer Premiere vergleichbar ist mit der eines Testpiloten beim Jungfernflug.

Warum sind Sie überhaupt Schauspieler geworden?

Armin Rohde: Schwer zu sagen, da kommt so vieles zusammen: die Lust am Verzaubern, am Verblüffen und Verwirren. Und dann hat man vielleicht noch so ein Erweckungserlebnis wie mein Besuch im Wuppertaler Tanztheater von Pia Bausch. Außerdem kann man als Schauspieler eine Ahnung davon kriegen, was es heißt, mehrere Leben zu leben.

Trotzdem haben auch Sie nur ein Leben . . .

Armin Rohde: Ja, leider. Es ist einfach zu wenig Zeit da. Es gibt so viel, was ich noch gerne machen würde. In den USA leben, noch mehr Schauspiel unterrichten, Theater spielen und mich in der Regie ausprobieren.

Sie kommen aus einer Arbeiterfamilie. Blicken Sie deshalb nicht nur nach oben, sondern auch nach unten?

Armin Rohde: Ich schau in alle Richtungen. Der Erfolg macht weniger Spaß, wenn man sieht, wie schlecht es anderen geht. Wenn ich sehe, dass es vielen Familien am Notwendigsten fehlt. Familien, die von Hartz IV leben, sind nicht nur von der Arbeit ausgeschlossen, sondern auch von der Mitwirkung am kulturellen Leben.

Haben Sie gute Vorsätze fürs 2010? Eine Diät haben Sie ja kaum nötig, so stark wie Sie abgenommen haben.

Armin Rohde: Zwölf Kilo. Steht mir gut oder? Ich hatte ja Heinrich George gespielt und für diese Rolle zugenommen, wog dann 108 Kilo bei 1,71 Meter und hab' meine Hose nicht mehr zugekriegt. Ich bin zwar nicht so wahnsinnig eitel, aber da hab' ich mir nicht mehr gefallen. Sechs Kilos will ich noch runterkriegen, dann ist immer noch genug Kerl da – aber auch etwas Reserve, um mit Genuss ab und zu ein bisschen über die Stränge zu schlagen.