Gladbeck. Dirk Lögters ist mit Kumpel Alfons Sudhoff in acht Tagen von Nord nach Süd durch Deutschland geradelt. Die Mammuttour hat einen besonderen Grund.

Ein ganz besonderes Projekt hat der Gladbecker Dirk Lögters, unterstützt von seinem Freund und Nachbarn, Alfons Sudhoff, umgesetzt. „Wir sind in acht Tagen vom nördlichsten Sandkorn bis zum südlichsten Grashalm in Deutschland geradelt“, berichtet der 43-Jährige. Die ambitionierte Tour hat einen besonderen Hintergrund. Lögters ältere Schwester ist mit 47 Jahren an Blutkrebs gestorben. Für den Ausdauersportler bot die Strecke daher auch Gelegenheit zur Trauerbewältigung und zur Aktion, um etwas gegen lebensbeendende Krankheiten zu tun.

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„Meine Schwester Barbara ist im November 2020 zu früh an Leukämie verstorben. Ich will daher wachrütteln, im Jetzt zu leben, das Leben zu genießen, dabei aber auch Andere nicht zu vergessen und zu helfen, indem man sich mit geringem Aufwand für die Knochenmarkspenderdatei typisieren lässt“, erklärt der in Rentfort-Nord mit seiner Familie lebende Vater zweier Kinder (8/11) seinen Antrieb. So soll die Tour über Spendenaufrufe die bundesweite Hilfsorganisation DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei) unterstützen, „zudem wollte ich aber auch Zuhause vor Ort helfen“, sagt Lögters. Da Blutkrebs nach wie vor die häufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle bei Kindern ist, werden zudem Spenden für den Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Emscher-Lippe gesammelt (Infobox).

Der Auftakt zur Tour im Gedenken an die Tote Schwester war ein Desaster

Dirk Lögters (43, mit einem Bild seiner verstorbenen Schwester Barbara) und Kumpel Alfons Sudhoff aus Gladbeck gingen auf besondere Deutschlandtour. In Etappen begleitet von Lögters Schwester Christine und deren Mann Robert (hinten).
Dirk Lögters (43, mit einem Bild seiner verstorbenen Schwester Barbara) und Kumpel Alfons Sudhoff aus Gladbeck gingen auf besondere Deutschlandtour. In Etappen begleitet von Lögters Schwester Christine und deren Mann Robert (hinten). © Dirk Lögters

Nach einigen Monaten Vorbereitung erfolgte der Start zur Deutschlandtour am 22. Mai am Strand des Lister Ellenbogens auf Sylt. „Mit E-Bikes und je einem Ersatzakku im Gepäck, da wir auch bei Steigungen

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eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 Stundenkilometern halten wollten, um Tagesetappen von 120 bis 180 Kilometern Länge zu bewältigen.“ Der Auftakt war aber alles andere als gelungen: „Es hat stark geregnet mit starken Gegenwind und orkanartige Böen“, erzählt Lögters. Das Wetter zerrte an Kräften und der Akkuladung. Der erste Stromspender, der 60 bis 80 Kilometer halten sollte, war schon nach 27 Kilometern leer. Kompagnon Alfons entschied sich, den Rest der Tagesstrecke mit der Bahn zurückzulegen. Dirk Lögters, leidenschaftlicher Marathonläufer, wollte durchhalten. „Nach zwölf Stunden auf dem Rad bin ich völlig erschöpft im ersten Quartier angekommen und habe mir deprimiert Gedanken gemacht, wie es wohl weiter geht und ob die Kräfte überhaupt reichen.“

Um Spenden wird gebeten

Um möglichst vielen an Leukämie erkrankten Menschen eine passende Stammzellentransplantation zu ermöglichen und Leben zu retten, und um Kindern mit einer verkürzten Lebenserwartung besondere Freudenmomente zu bereiten, bittet Radtourer Dirk Lögters um Spenden. Er hat dafür unter dem Titel „!LIVE-Projekt - gegen Leukämie & für Kinderfreuden“ eine Spendenseite auf der Plattform Betterplace eingerichtet. Sie ist unter folgendem Link zu erreichen: https://betterplace.org/f37920

Zudem freut sich Familienvater Dirk Lögters selbst über , um seine Kosten zur Umsetzung der Projektidee abzufedern. Für die Materialbeschaffung (Erstausstattung E-Bike und Zubehör) und für die Durchführung (Übernachtungen und Versorgung) hat er rund 7000 Euro ausgegeben. Unterstützung ist über die Plattform Gofundme möglich unter diesem Link: https://www.gofundme.com/f/liveprojekt

Die Folgetage seien dann aber „super gelaufen“, so dass die Stimmung stieg. „Man darf einfach nicht zu viel nachdenken“, müsse mit Ausdauer und Geduld wie ein Uhrwerk stromsparend fahren und könne dabei auch die Gegend genießen, so Lögters. Möglichst schnurgerade wurde die Strecke durch Deutschland geplant, ging über ehemalige Patrouillenwege entlang der einstigen Deutsch-Deutschen Grenze. Ein Fehler, wie sich herausstellte. „Denn da ist nichts geebnet worden, sie gehen über Stock und Stein mit extremer Steigung und Gefälle von bis zu 29 Grad.“

Zwillingsschwester der Verstorbenen stößt in Bayern dazu

Insgesamt schwärmt der Pedallist aber von einer Tour, „die mir gezeigt hat, wie schön Deutschland ist, mit vielen romantischen Ortschaften mit Fachwerkhäusern, idyllischen Flusstälern wie dem der Donau“. Auch eine Mondscheinfahrt durch ein Waldgebiet mit überraschenden Wildwechseln bleibt in guter Erinnerung. Er habe sich auch gefragt, sagt Lögters, „ob die Tour was mit mir macht“. Ob es besondere Momente geben wird, wie sie zum Beispiel Pilger von ihrem Weg beschreiben. Eine große Freude war das Zusammentreffen mit seiner Schwester Christine in Ostheim vor der Rhön. Zwilling der verstorbenen Barbara, die in Süddeutschland lebt und terminbedingt nur einige Etappen mitfahren konnte.

1,6 Kilometer vor dem Ziel der Radtour in den Allgäuer Alpen ging es für Dirk Lögters nicht mehr weiter. Schnee und gefährlich steile Hänge bremsten den Gladbecker aus.
1,6 Kilometer vor dem Ziel der Radtour in den Allgäuer Alpen ging es für Dirk Lögters nicht mehr weiter. Schnee und gefährlich steile Hänge bremsten den Gladbecker aus. © Dirk Lögters

Auf einem Plateau, als plötzlich bei ruhiger Fahrt die Sonne durchbrach, sei dann der besondere Moment da gewesen, erzählt der Gladbecker. „Wir haben unsere Schwester bei uns gespürt, waren eins.“ Eine wichtige Erfahrung von Glück und Ruhe, „wo ich mit mir und der Tour völlig im Reinen war“. Da war es letztlich auch egal, dass die letzte Etappe zum Grenzstein 147 in den Allgäuer Alpen nicht klappte. Denn statt Grashalm-Idylle empfing die Tourer eine geschlossene Eisdecke auf 1800 Metern Höhe. Einen Kilometer kämpfte sich Dirk Lögters noch allein in den tiefen Schnee einbrechend und ohne Wegeorientierung voran, um schließlich 1,6 Kilometer vor der Grenze aufzugeben. Die Vernunft siegte, gleichwohl habe er „Rotz und Wasser geheult“. Dann sei die Sonne plötzlich wieder durch die Wolkendecke gebrochen, für den Extremradler eine Bestätigung, „meine tote Schwester hat das auch nicht gewollt, dass ich mich weiter in Gefahr begebe“.

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