Gladbeck. Gladbecker Rektor nutzt die vom Gesundheitsminister ermöglichte Beschäftigtentestung. Ihn beunruhigt, dass die Zulassung ohne Prüfung erfolgt.
Der Rektor der Werner-von-Siemens-Realschulein Gladbeck ist beunruhigt. Grund: „Es ist erschreckend einfach, einen Zugriff auf das Vordruck-Formular des Landes NRW zu erhalten, um einen negativen Antigen-Schnelltest zum Nachweis des Covid-Virus zu bescheinigen“, so der Schulleiter. Der Vorgesetzte von 43 an der Schule beruflich tätigen Personen hat die aktuell von Gesundheitsminister Karl Josef Laumann ermöglichte Beschäftigtentestung genutzt. Seine Angaben seien nicht gegengeprüft worden. Er befürchtet, „dass damit auch dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet werden könnten“. Seine Bedenken sind begründet: Auch die WAZ-Redaktion erhielt nach Anmeldung innerhalb von Sekunden Zugriff auf den Download der amtlichen Bescheinigung.
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Ein Kollege habe ihn auf den Artikel in der WAZ „Corona-Test vom Arbeitsplatz kann im Alltag genutzt werden“ hingewiesen, erzählt der Rektor. Darin werde über die vom Gesundheitsministerium eingeräumte Möglichkeit berichtet, dass Arbeitgeber jetzt auch ihren Beschäftigten nach einem negativen Schnelltest eine „Shopping-Bescheinigung“ ausstellen können. Er habe daraufhin die Probe aufs Exempel gemacht, da diese Erleichterung ja auch vorteilhaft für sein Kollegium sein könne. „Wenn zum Beispiel ein Werklehrer noch rasch fehlendes Material für den Unterricht in einem Baumarkt besorgen möchte“, so Kroll.
Schulleiter betrachtet sich als ausreichend fachkundige Person
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Über die Pressemitteilung des Gesundheitsministers sei er dann dem Anmeldungslink gefolgt, berichtet der Schulleiter weiter. Ein Online-Formular müsse ausgefüllt werden, mit Anschrift des Arbeitgebers, verantwortlichen Personen (z.B. Inhaber, Geschäftsführung) und einer für die Testung geschulten zuständigen Kontaktperson. Dort habe Kroll sich selbst eingetragen. Er betrachte sich auch als ausreichend fachkundige Person, die die Testung durchführen soll. Er sei Bio- und Chemielehrer, habe auch mal im Krankenhaus gearbeitet „und ich leite sowieso schon die mit Schulungsvideo eingeführten Schüler-Selbsttest in unserer Realschule an“, so der Rektor.
Der Antrag werde dem anzugebenden zuständigen Gesundheitsamt übermittelt, „aber wohl nicht weiter auf Legitimität überprüft“, so Kroll, „da mich kurz nach dem Abschicken schon eine offensichtlich automatisierte Antwortmail und ein Link erreicht haben, mit dem ich sofort das amtliche Formular zur Bescheinigung über das Vorliegen eines positiven oder negativen Antigentests für Beschäftigte herunterladen und jetzt bei Bedarf ausdrucken und ausfüllen kann“. Bei einem so einfachen Verfahren ohne Gegenprüfung sei doch zu befürchten, „dass nicht berechtigte Personen diese Möglichkeit missbrauchen und schlimmstenfalls auch negative Bescheinigungen für Shopping und Co. ausfüllen, ohne dass überhaupt ein Covid-Schnelltest stattgefunden hat“.
Das Kreis-Gesundheitsamt hat keinen Prüfauftrag des Landes
Die WAZ-Redaktion überprüfte die Angaben des Schulleiters und probierte selbst das Online-Anmeldeverfahren aus. Kaum 20 Sekunden nach dem Abschicken war auch hier der Zugriff auf den Download des amtlichen Dokuments möglich. Die Durchführung der Beschäftigtentestung und Ausstellung von Testnachweisen wird gegenüber dem Gesundheitsamtes des Kreises als zuständiger Behörde gemäß § 4 der Corona-Test- und Quarantäneverordnung NRW angezeigt. Darauf wird auch im Anmeldeformular hingewiesen: dass mit Absendung des Onlineformulars eine Mail an die zuständige untere Gesundheitsbehörde und das Landeszentrum Gesundheit geschickt werden. „Das ist richtig“, bestätigt Lena Heimers, Sprecherin der Kreisverwaltung, „die Angaben beziehungsweise Mails werden im Fachbereich Gesundheit registriert und gespeichert“. Mehr als 150 Meldungen seien dazu schon eingegangen. „Einen weiteren Prüfauftrag des Gesundheitsministeriums habe wir aber nicht“, so Heimers.
Quarantäne nach positivem Ergebnis
Auch für Beschäftigtentests gilt wie bei allen Schnelltests: Bei einem positiven Antigen-Schnelltest muss sich der Arbeitnehmer unmittelbar in Quarantäne begeben und hat zur Bestätigung oder auch Widerlegung Anspruch auf einen PCR-Test, der sofort erfolgen sollte.
Bei einem positiven Selbsttest muss die Person unmittelbare Kontakte vermeiden und die Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen strikt einhalten. Für die Mitteilung an das zuständige Gesundheitsamt ist die Meldepflicht nach § 1 Absatz 7 der aktuellen Corona-Test-und-Quarantäneverordnung zu beachten
Das bestätigt Carsten Duif, Referent im Gesundheitsministerium des Landes, auf Anfrage. Wie in allen Feldern der Pandemiebewältigung könne das Virus nur aus einem Zusammenwirken von staatlichen Maßnahmen und persönlicher Verantwortung bekämpft werden. Das Verfahren sei von Gesundheitsminister Laumann bewusst niederschwellig gewählt worden. „Einen Missbrauch durch ein maximal bürokratisches Verfahren mit bundesweiter Datenspeicherung, behördlicher Kontrolle von Verfahren, Nachweispersonen und Testverfahren vermeiden zu wollen, stünde in keinem Verhältnis zu dem erzielten Nutzen“, so Duif. Wichtig sei, dass die Testungen in den Unternehmen stattfinden und das sowohl Unternehmen wie auch Beschäftigte „davon gesundheitlich und eben auch in der Teilnahme am öffentlichen Leben einen Vorteil haben können“.
Ein Missbrauch der Bescheinigung wird zur Anzeige gebracht
Das Verfahren und die Ausstellung der Bescheinigung beruhe „auf Ehrlichkeit und Verantwortung“ so der Referent weiter. Wobei Carsten Duif ausdrücklich auf die auch auf der Bescheinigung ausgewiesenen Konsequenzen hinweist: „Missbrauch wird konsequent geahndet. Wer dieses Dokument fälscht oder einen nicht erfolgten Test unrichtig bescheinigt, macht sich nach § 267 StGB der Urkundenfälschung strafbar.“ Jeder festgestellte Verstoß werde zur Anzeige gebracht. „Wer ein gefälschtes Dokument verwendet, um Zugang zu einer Einrichtung oder einem Angebot zu erhalten, begeht nach der Coronaschutzverordnung des Landes eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße in Höhe von 1000 Euro geahndet wird.“