Gladbeck. Hauptausschuss richtet als „kleiner Rat“ Appell an Minister Laumann und Landrat Klimpel. Über 1000 Gladbecker rufen protestierend das Rathaus an.
In einem einstimmigen Beschluss hat der Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschuss in Gladbeck – coronabedingt in seiner Funktion als „kleiner Rat“ – eindringlich einen Appell an NRW-Gesundheitsminister Laumann und Landrat Bodo Klimpel gerichtet, zeitnah eine „bürgernahe und pragmatische Lösung“ bei der Corona-Impfung der über 80-jährigen Gladbecker zu finden. Politik und Verwaltung schlagen vor, ein mobiles Impfzentrum in Gladbeck einzurichten. Wenigstens aber sollten „Zeitfenster“ im Impfzentrum Recklinghausen möglich gemacht werden, um Gladbecker, die gemeinsam mit einem Fahrdienst nach Recklinghausen gebracht werden, im Block zu impfen.
Bürgermeisterin Bettina Weist berichtete dem „kleinen Rat“, dass sich mehr als 1000 Gladbecker aus der genannten Altersgruppe telefonisch an das Rathaus oder das „Team Gladbeck“ der Seniorenberatung gewandt hätten. Aus den Anrufen gingen Unmut, Verunsicherung und Verzweiflung der Betroffenen hervor. Für viele sei die Termin-Organisation und vor allem der weite Weg nach Recklinghausen problematisch. Mehr als 300 Personen hätten sich bereits für den Fahrdienst registrieren lassen, der vom „Team Gladbeck“ (DRK, Seniorenberatung, Behindertenbeirat und Ehrenamtler) mit DRK-Transportwagen organisiert werde. Insgesamt gehe es um etwa 4800 Gladbecker, die 80 Jahre und älter sind.
Bürgermeistern Weist spricht von einer „unbefriedigenden Situation“
Die Bürgermeisterin, die von einer „sehr unbefriedigenden Situation“ sprach, sieht „dringenden Handlungsbedarf“. Weist brachte die Stadthalle oder ein Seniorenzentrum als „mobiles Impfzentrum“ ins Gespräch. Aber auch ein Impfen im näheren Bottrop und Gelsenkirchen sei weiterhin eine Option, da sei sie mit den Stadtoberhäuptern der Nachbarstädte in Gesprächen. Die hätten aber darum gebeten, die Arbeit in ihren Impfzentren zunächst anlaufen zu lassen. Weist: „Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen.“ Wenigstens erwarte man kurzfristig notwendige „Zeitfenster“ für Gladbecker in Recklinghausen, heißt es in dem Appell. Und: Minister Laumann und Landrat Klimpel sollten „dringend“ auf die kassenärztliche Vereinigung einwirken, um das möglich zu machen.
Von allen Fraktionen kam Zustimmung zu dem Vorgehen. SPD-Fraktionschef Wolfgang Wedekind versprach Unterstützung bei den Forderungen. Er verwies auf die „strukturelle Entscheidung“ der Landesregierung, ein Impfzentrum pro Kreis oder kreisfreier Stadt einzurichten, das keine Ausnahmen vorsehe. CDU-Fraktionsvorsitzender Peter Rademacher fand es „richtig und wichtig, zu intervenieren“. Seine Partei wolle zusätzlich ihre „Kanäle“ nach Recklinghausen (CDU-Landrat Klimpel) und Düsseldorf (CDU-Minister Laumann) nutzen. Rademacher machte die kommunale Neuordnung aus den 70er Jahren als Grund für die Misere aus: „Läge Gladbeck mit 78.000 Einwohnern in Niedersachsen oder Hessen wären wir kreisfrei und hätten ein eigenes Impfzentrum.“
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ABD und Linke mahnen finanzielle Unterstützung für Fahrt nach Recklinghausen an
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Linke-Fraktionschef Olaf Jung bewertete die Lösung des Impfzentrums in Recklinghausen für Gladbecker als unbefriedigend. „Eine Hilfe wäre schon eine Impfmöglichkeit in Bottrop oder Gelsenkichen.“ ABD-Ratsherr Süleyman Kosar meinte, am besten und sozialsten wäre eine Impfmöglichkeit direkt in Gladbeck. Er kritisierte, dass es vielen auch finanziell Schwierigkeiten bereite, nach Recklinghausen zu kommen. Er schlug vor, mit Taxiunternehmen Pauschalpreise zu verabreden. Jung wies darauf hin, dass es für Vorerkrankte ärztliche Taxischeine gebe, meinte aber auch, der Fahrdienst des Teams Gladbeck sollte finanzielle Hilfen bekommen.
Bürgermeisterin Weist berichtete, dass am Montag von 399 möglichen Impfkandidaten - wahrscheinlich auch wetterbedingt - nur 333 zur Impfung nach Recklinghausen gekommen sind. Alle 66 konnten am Mittwoch die Impfung nachholen, darunter auch Gladbecker. Der Wartebereich im Impfzentrum könne nicht vergrößert werden, teilte sie nach Gesprächen mit dem Kreis mit. Zahlreiche Senioren hatten geklagt, sie hätten lange draußen in der Kälte warten müssen. Kreis wie Stadt legen nahe, nicht viel früher als zum angegeben Zeitpunkt nach Recklinghausen zu fahren.