Gladbeck. Bisher ist unklar, ob es weitere Fälle der in Gladbeck nachgewiesenen Virus-Mutation gibt. Mediziner: „Wir haben Mutationen schon lange hier.“

In dieser Woche ist in Gladbeck erstmals die britische Variante des Coronavirus’ nachgewiesen worden. Das Kreisgesundheitsamt hatte Kontaktpersonen des Betroffenen sowie zwei weitere Fälle im Kreis Recklinghausen aufgelistet und bei ihnen Corona-Tests mit Typisierungen angeordnet. Die Ergebnisse liegen allerdings noch nicht vor.

„Die Typisierungen laufen noch“, so Kreissprecherin Lena Heimers am Freitag auf Nachfrage. Ob und wie viele eventuelle weitere Fälle von Mutationen es in Gladbeck gibt, bleibt somit vorerst unklar. Dem Kreis sind bisher aber keine weiteren als die bisherigen drei Fälle bekannt. Die Tests bei den Kontaktpersonen aber hätten alle schon stattgefunden. „Bei Mutationen sind wir noch mal sensibler.“ So werden auch die Bewertungskriterien, wer als Kontaktperson gilt, noch strenger ausgelegt.

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Das Kreisgesundheitsamt steht in täglichem Kontakt mit den Betroffenen

Wie viele Menschen sich nach dem Auftreten der Mutation testen lassen mussten, kann die Kreissprecherin aus Datenschutzgründen nicht sagen. „Anhand der Zahlen könnte sich beispielsweise darauf schließen lassen, ob eine Familie betroffen ist oder ob die Mutation etwa im beruflichen Umfeld aufgetreten war“, so Heimers. Auch Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Betroffenen aus Gladbeck nennt die Kreisverwaltung nicht. Ebenso ist weiter unklar, wo die Ansteckung passierte. „Eine Reise konnte ausgeschlossen werden“, so Heimers. Das Kreisgesundheitsamt hat täglich telefonischen Kontakt mit den drei Betroffenen im Kreis. „Die Verlaufskontrolle ist intensiviert“, sagt Lena Heimers. Eine weitere Besonderheit bei der Mutation: „Um aus der Quarantäne entlassen zu werden, ist ein Negativtest nötig.“

Dr. Heinz-Dieter Oelmann, Ärztlicher Direktor im St. Barbara-Hospital, ist davon überzeugt, dass es die Mutation schon länger gibt. Derzeit beobachtet er wieder mehr Covid-Patienten im Krankenhaus.
Dr. Heinz-Dieter Oelmann, Ärztlicher Direktor im St. Barbara-Hospital, ist davon überzeugt, dass es die Mutation schon länger gibt. Derzeit beobachtet er wieder mehr Covid-Patienten im Krankenhaus. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Dr. Heinz-Dieter Oelmann, Chefarzt der Neurologie und Ärztlicher Direktor des Gladbecker St. Barbara-Hospitals, ist indes davon überzeugt, dass es bereits weitere Fälle der Mutation gibt. „Ich bin mir sicher, dass wir die Mutationen schon lange haben“, sagt er. Aber: In Deutschland sei lange nicht sequenziert worden, während in anderen Länder schon früh nach veränderten Arten des Virus’ gesucht worden sei.

Inzidenzen steigen wieder leicht an

Nachdem sich der Inzidenzwert in Gladbeck in der vergangenen Woche bereits der 100er-Marke genähert hatte, steigt er derzeit wieder leicht an, am Freitag lag er bei 128,3 (Vortag: 124,3). Auch im Kreis Recklinghausen stieg der Wert, der am Mittwoch erstmals die 100er-Marke unterschritt, wieder leicht an und lag am Freitag bei 109,1.

Das Kreisgesundheitsamt meldete am Freitag weitere Todesfälle, in Gladbeck ist ein 93-jähriger Mann gestorben. Die Zahl der Fälle seit Beginn der Pandemie erhöht sich somit auf 74. Auch im Kreis Recklinghausen gab es fünf weitere Todesfälle. 565 Menschen sind bisher kreisweit an oder mit dem Coronavirus gestorben. Das Kreisgesundheitsamt meldete am Freitag 14 Neuinfektionen in Gladbeck. Kreisweit gab es 109 Neuinfektionen.

St. Barbara-Hospital lässt erste Proben sequenzieren

Bei einigen Patienten habe die Klinik erste Proben zur Sequenzierung weggeschickt, Ergebnisse aber gebe es noch nicht. Das Wissen, dass es stärker ansteckende Mutationen gebe, helfe bei dem Verständnis, dass weniger Viruskontakte manchmal ausreichen, um mehr Menschen anzustecken. „Wir müssen uns noch genauer und gründlicher an Hygiene- und Abstandsregeln halten“, so der Chefarzt.

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Seit einigen Tagen beobachtet Oelmann im St. Barbara-Hospital wieder mehr Covid-Patienten. „In den vergangenen zwei, drei Tagen sind die Zahlen wieder gestiegen, nachdem ich Anfang vergangener Woche noch gehofft hatte, dass wir es vielleicht bald geschafft haben könnten.“ Um die 20 Patienten befinden sich derzeit im Krankenhaus, etwa sechs auf der Intensivstation.

Kommenden Mittwoch wollen Bund und Länder auf einem Corona-Gipfel über das weitere Vorgehen in der Pandemie beraten. Auch die Verlängerung des Lockdowns wird Thema sein. An einem solchen würde Hausarzt Dr. Gregor Nagel angesichts der Mutationen unbedingt festhalten. „Aus ärztlicher Sicht plädiere ich für eine weitere Schließung.“ Bei einer Öffnung von weiteren Geschäften sowie Schulen und Kitas „wäre zu befürchten, dass die Fallzahlen wieder rasch ansteigen“, so der Hausarzt. Ob er in seiner Praxis schon Kontakt zu Infizierten mit einer der drei bekannten Varianten hatte, weiß Nagel nicht. „Wir werden nicht darüber informiert, wir bekommen nur mitgeteilt, ob ein Patient positiv oder negativ ist.“