Gladbeck. Ineos Phenol investiert vier Millionen Euro in den Anschluss an das europäische Gasnetz. Die Energieversorgung des Werks wird umweltfreundlicher.
Wollte man es stark vereinfachen, so ließe sich sagen: Ineos Phenol hat vier Millionen Euro in den Sand gesetzt, um sich umweltfreundlicher aufzustellen. Das wäre aber schräg und würde dem Großprojekt nicht gerecht. Konkret geht es um die Verlegung einer unterirdischen Anschlussleitung im polsternden Sandbett, um Erdgas aus dem bestehenden lokalen Netz in Richtung Gladbecker Chemiewerk zu leiten. Ein neuer Brennstoff für das Uniper-Kraftwerk, das in direkter Nachbarschaft die Ineos-Produktionsanlagen mit Dampf für den Betrieb versorgt. „Mit dieser neuen strategischen Ausrichtung auf Erdgas kann die Verbrennung schwefelarmen Schweröls ersetzt werden. Damit verbessern wir unseren ökologischen Fußabdruck deutlich, indem wir so unsere jährlichen Kohlenstoffdioxid-Emissionen um 42 Prozent reduzieren“, so der Technische Leiter des Gladbecker Werks, Andrzej Kurpik.
Die sei „ein deutlicher Beitrag für den European Green Deal“ , unterstreicht Geschäftsführer Benie Marotz, zur Unterstützung des Zieles der Europäischen Union, die CO2-Emissionen bis 2030 um bis zu 55 Prozent zu reduzieren. Zudem trage die umweltfreundlichere Energieversorgung auch „zur Sicherung des Standortes in Zweckel“, und damit der mehr als 200 Arbeitsplätze bei. Um die Ökobilanz zu verbessern, hat sich das Chemiewerk in Koordination mit dem Betreiber an die Hauptleitung des europäischen Gasnetzes angedockt. Von diesem Netz-Anschlusspunkt (NAP) an der Hackfurthstraße auf Bottroper Stadtgebiet wurde eine Gasleitung bis zum etwa 1,5 Kilometer entfernten Werk im Gladbecker Norden erstellt. Im Sommer mussten für die Verlegungsarbeiten auch Straßen im Umfeld des Standortes gesperrt werden.
Spezialfliesen verhindern elektrostatische Aufladung
Die Pipeline kommt in einem schmucklosen Zweckbau an, der Gasdruck-Regelstation (GDR). Hier wird der aus dem holländischen Nordseeboden gewonnene fossile Brennstoff (L-Gas) von 40 Bar auf sieben Bar reduziert, so dass er in das Dampfwerk Zweckel (DWZ) eingespeist werden kann. Im Inneren der GDR bringen zumindest knallgelbe Gasleitungen etwas Farbe in die Anlage. Die beiden unauffälligen Spezialbauten „waren deutliche Kostenpunkte im Projekt“, informiert Werksleiter Benie Marotz. Was sich erklärt, indem allein die Bodenfliesen, die vom Aussehen an günstigen privaten Kellerbodenbelag erinnern mögen, pro Quadratmeter mehrere 100 Euro gekostet haben. „Sie sind aus besonderem Material mit Graphitanteilen, um elektrostatische Aufladung beziehungsweise Entladung im Bereich der Gasleitungen zu vermeiden“, erklärt Ingenieur Andrzej Kurpik.
Mit der Gaseinspeisung wird die Energieversorgung des Gladbecker Standortes optimiert und sichergestellt. „Als langfristiger Zielwert ist eine maximale Heizkapazität von 200 Megawatt im Jahr für das Werk anvisiert“, so Marotz. Die Energieausnutzung soll dazu weiter verbessert werden. „Es ist beabsichtigt, ab 2026 statt dem Nordseegas hochwertigeres H-Gas aus Russland in das Netz einzuspeisen.“ Zudem werde das Uniper-Dampfwerk derzeit auch noch mit Z-Öl betrieben, das bei der Produktion im Phenolwerk anfällt. „Wenn die Gaseinspeisung gut funktioniert, dann soll auch das heute eingesetzte Öl durch Erdgas ersetzt werden. Die Anlage ist für die entsprechende Einspeismenge bereits ausgelegt worden“, erklärt Ineos-Projektingenieurin Meike Greiff.
Das Erdgas soll ab der kommenden Woche im Uniper-Kraftwerk verfeuert werden
Aktuell laufen noch Kontrollarbeiten zur Dichtigkeit der Leitungen an der Gasdruck-Regelstation. „Die Anlage soll in der kommenden Woche angefahren werden“, sagt Geschäftsführer Benie Marotz. Die komplette Inbetriebnahme zur dauerhaften Einspeisung in das Dampfwerk Zweckel sei dann ab Mitte Januar vorgesehen.