Kreis Recklinghausen / Gladbeck. Die Corona-Pandemie verunsichert viele. Das bekommt auch das Team der Hotline im Kreis zu spüren. Manchmal kommen auch schockierende Vorschläge.
Maurice Roth kann verstehen, dass die Menschen Klärungsbedarf haben. Man müsse schon versiert sein im Lesen von Verordnungen und Allgemeinverfügungen, um nachzuvollziehen, was die Behörden da alles zu Papier bringen, meint der 37-Jährige. Roth ist Teamleiter an der Corona-Hotline der Kreisverwaltung Recklinghausen.
Bis zu 1200 Anrufe gehen bei der Corona-Hotline täglich ein, darunter auch Anrufe aus Gladbeck
Mit 24 Mitarbeitern, die sich in Schichten abwechseln, versucht der Kreis Recklinghausen, die Fragen der Ratsuchenden zu beantworten und ihnen bei ihren Anliegen zu helfen. Zehn Leitungen sind geschaltet. „Im Moment sind es 1000 bis 1200 Anrufe am Tag, die entgegengenommen werden“, sagt Roth. Unklar ist, wie viele Anrufer gar nicht erst durchkommen.
Die zweite Corona-Welle rollt, die Verschärfung der Schutzmaßnahmen schränkt das Leben der Menschen weiter ein. Das bekommen auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an der Hotline des Kreises zu spüren. „Der Ton wird rauer“, berichtet Roth. Verunsichert, unzufrieden, besorgt, aufgebracht – so beschreibt der Teamleiter den Gemütszustand vieler Anrufer.
Maximal zehn Personen aus zwei Haushalten dürfen sich in der Öffentlichkeit treffen
Das „Callcenter“ ist in Sitzungssälen des Kreishauses eingerichtet worden. Es besteht aus zwei räumlich getrennten Teams mit jeweils fünf Kräften. Auf den Schreibtischen liegt viel Papier, die PC-Bildschirme flimmern. Alle Informationen sollen griffbereit sein und möglichst schnell abgerufen werden. Eine Anruferin möchte wissen, mit wie vielen Leuten sie sich jetzt noch in der Öffentlichkeit treffen darf. Für die Antwort auf diese Frage, braucht die Hotline-Mitarbeiterin keine Unterlagen zurate zu ziehen: Maximal zehn Personen aus zwei Haushalten sind erlaubt, lautet die prompte Antwort.
Hinweise werden an die kommunalen Ordnungsbehörden weitergegeben
Andere Anfragen sind komplizierter. Da ist der Mann, der wegen der Quarantäne Probleme mit seinem Arbeitgeber bekommen hat, oder die Bürgerin, die sich krank fühlt und nicht weiß, was sie jetzt tun soll.
Ein anderer Anrufer beschwert sich über einen Nachbarn, weil dieser aus einem Risikogebiet zurückgekehrt ist und sich doch, wie er meint, in Isolation begeben müsste. „Wir geben solche Hinweise an die Ordnungsbehörden der jeweiligen Stadt weiter“, sagt Maurice Roth. „Die überprüfen dann, ob der Vorwurf berechtigt ist.“ Häufig werden auch persönliche Dinge an die Mitarbeiter herangetragen. Eine alleinerziehende Mutter mit ihren vier Kindern ist verzweifelt, weil ihr während der Quarantäne in ihrer Wohnung die Decke auf den Kopf fällt. Das Gespräch wird vom Hotline-Team an einen Sozialarbeiter im Kreishaus übergeben. Der wird versuchen zu helfen. Um die einsame Seniorin, die niemanden hat, der für sie Lebensmittel einkauft, wird sich eine der Hilfsorganisationen kümmern, mit denen der Kreis in der Corona-Krise zusammenarbeitet.
Häufig müssen den Bürgern die Corona-Maßnahmen erläutert werden
Meistens geht es in den Gesprächen aber darum, den Bürgern die Corona-Maßnahmen zu erläutern. Die Gesetze und Verordnungen sind allerdings so schnelllebig, dass sich auch Experten wie Maurice Roth immer wieder in die Themen einarbeiten müssen.
„Manchmal werden die neuen Verordnungen am Sonntagabend herausgebracht und gelten dann ab Montag.“ Für das Hotline-Team heißt es dann, die Bestimmungen am Montagmorgen schnell zu verinnerlichen. Denn ab 8 Uhr klingeln die Telefone. „In den meisten Fällen sind die Anrufer mit den Antworten zufrieden, wir können aber nicht jedes Problem lösen“, sagt der Teamleiter. Dem jungen Paar zum Beispiel, das traurig darüber ist, dass die Hochzeitsfeier ausfallen muss, kann am Telefon nur alles Gute für die Zukunft gewünscht werden. Der ältere Herr, der tatsächlich vorschlug, die Häuser von Corona-Infizierten zu markieren, erhielt allerdings eine deftige Ansage von Maurice Roth. „So etwas hatten wir schon mal bei der Judenverfolgung in der Nazi-Zeit.“ Er sei regelrecht schockiert gewesen, sagt Roth.
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