Gladbeck. Die Grünen werfen der SPD vor, Absprachen nicht einzuhalten. Der neue SPD-Fraktionschef Wedekind bedauert das Aus. Beratungen mit der CDU.

Politisches Donnerwetter drei Wochen vor der konstituierenden Ratssitzung in Gladbeck: Die Grünen haben am Donnerstag die Koalitionsverhandlungen mit der SPD gestoppt. Die Vertrauensbasis für eine Zusammenarbeit mit der SPD sei zerstört, begründet Parteichefin Ninja Lenz gegenüber der WAZ das überraschende Aus. Die SPD halte sich nicht an Absprachen, die sie mit den Grünen getroffen habe. Der neue SPD-Fraktionschef Wolfgang Wedekind bedauert die Aufkündigung. „Die Grünen waren unser Wunschpartner für eine Zusammenarbeit.“ Wedekind kritisiert aber eine mangelnde Kompromissbereitschaft der Grünen. Es sei nicht gelungen, bei den Eckpunkten einer Zusammenarbeit „überein zu kommen“.

Lenz betont, die Sozialdemokraten hätten den Grünen vor der Bürgermeister-Stichwahl für eine Wahlempfehlung zu Gunsten der SPD-Kandidatin und inzwischen gewählten Bürgermeisterin Bettina Weist im Gegenzug Angebote unterbreitet, an die sie sich inzwischen offenbar nicht mehr gebunden fühlten. Es ging um das Amt der ersten Vizebürgermeisterin, um zwei Ausschussvorsitze und das Thema Verkehrswende, das man gemeinsam angehen wollte. „Zwei Wochen haben sie rumgeeiert und vertröstet – das ist keine Basis für eine vernünftige Zusammenarbeit“, so Parteichefin Lenz, die sich auch um das Amt der Grünen-Fraktionschefin bewirbt. Es fehle an Respekt, Wertschätzung und Anerkennung für eine Fortsetzung der Gespräche.

Die Grünen wollen sich nun auf eine „grüne Oppositionsarbeit“ konzentrieren

Mitte September, gut eine Woche vor der Bürgermeister-Stichwahl, schien die rot-grüne Koalition auf dem Weg: Da tauschten Simone Steffens (l., Grüne) und SPD-Kandidatin Bettina Weist, inzwischen zur Bürgermeisterin gewählt, bereits rote Rosen und Sonnenblumen aus.
Mitte September, gut eine Woche vor der Bürgermeister-Stichwahl, schien die rot-grüne Koalition auf dem Weg: Da tauschten Simone Steffens (l., Grüne) und SPD-Kandidatin Bettina Weist, inzwischen zur Bürgermeisterin gewählt, bereits rote Rosen und Sonnenblumen aus. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Lenz: „Wir haben uns Aufbruch gewünscht, waren motiviert, hatten Lust auf Neues und wollten in einer neuen Kooperation moderne, nachhaltige und gerechte Politik für unsere Stadt umsetzen. Wir hatten uns Rot-Grün 2.0 vorgestellt.“ Es habe auch inhaltlich viele Schnittmengen gegeben. Die Gespräche seien aber nicht auf Augenhöhe verlaufen. Die Grünen, so Lenz, ließen sich nicht „vor den Karren der SPD spannen“. Sie wollen sich nun auf eine „grüne Oppositionsarbeit“ konzentrieren.

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Wolfgang Wedekind, seit der vergangenen Woche Vorsitzender der neuen SPD-Fraktion, spricht von einem „Missverständnis“. Es sei Auffassung beider Seiten gewesen, so Wedekind, nach der Stichwahl in konkrete Kooperationsgespräche einzusteigen. „Es hat vorher keine autorisierte Zusage von Ratsfraktion, Verhandlungskommission und Bürgermeisterin in Richtung der Grünen gegeben, was Einzelheiten einer Zusammenarbeit angeht.“ Es habe sich herausgestellt, dass die Forderungen der Grünen sehr ambitioniert gewesen seien, „und es war keine Beweglichkeit erkennbar gewesen.“

SPD-Fraktion setzt auf eine „stabile Mehrheit“ im Rat

Bild mit möglicher Symbolkraft: Die CDU-Spitze (li.) gratuliert am Abend der Bürgermeister-Stichwahl Bettina Weist SPD, Mitte) zum Sieg – der Anfang einer künftigen Zusammenarbeit?
Bild mit möglicher Symbolkraft: Die CDU-Spitze (li.) gratuliert am Abend der Bürgermeister-Stichwahl Bettina Weist SPD, Mitte) zum Sieg – der Anfang einer künftigen Zusammenarbeit? © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Wedekind: „Unsere Aufgabe ist es jetzt, im Interesse der Stadt und ihrer Menschen eine stabile Mehrheit für den Rat zusammen zu bekommen. Wir sprechen auch mit anderen Fraktionen, außer mit der AfD, und werden diese Gespräche fortsetzen.“ Wedekind bestätigte, mit der CDU bereits Gespräche geführt zu haben, die nun bewertet würden.

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Der bisherige und wahrscheinlich auch neue CDU-Ratsfraktionschef Peter Rademacher spricht von „formellen Gesprächen“ mit der SPD, einem Abtasten. „Es ist noch nichts 100-prozentig abgesprochen, für uns ist das erstmal alles grüne Wiese“. Dennoch: „Über allem schwebt, dass es denkbar ist, zu kooperieren“. Wenn es um wichtige Themen für Gladbeck gehe, sei es richtig, mit der SPD und der neuen Bürgermeisterin zu reden, auch wenn man 16 Jahre schlechte Erfahrungen mit den Sozialdemokraten und dem scheidenden Bürgermeister gemacht habe.

CDU begrüßt „Paradigmenwechsel“ bei den Sozialdemokraten

Dass es offenbar bei der SPD einen Paradigmenwechsel gegeben habe, über einen anderen Umgang in der Ratsarbeit nachzudenken, sei eine großer Fortschritt, so Rademacher, der allerdings einen „Wunsch“ bei weiteren Gesprächen mit der SPD voran trägt: Die Position des ersten stellvertretenden Bürgermeisters. Den wolle die CDU besetzen – mit dem bei der Bürgermeisterwahl unterlegenen CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Dietmar Drosdzol.