Gladbeck. Die Gewerkschaft Verdi hat in Gladbeck am Mittwoch zum Streik aufgerufen. In Zeiten der Corona-Pandemie sieht der ganz anders aus.

Um 7.45 auf dem Parkplatz hinter dem Rathaus vergewissert sich ein Mann, dass erst ab 9 Uhr ein Parkschein gebraucht wird. „So lange dauert das nicht“, meint er und geht auf das Rathaus zu. Die Beschäftigten von Jugendamt, Kitas und Stadtverwaltung verweigern für einen Tag die Arbeit. Sortiert nach Arbeitsbereich bilden sie drei Schlangen, um sich für den Streik registrieren zu lassen. Die Beschäftigten vom Zentralen Betriebshof Gladbeck (ZBG), also der Müllabfuhr und der Grünflächenpflege, haben zuvor schon ihre Arbeit bestreikt.

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Stefanie Rade trägt eine gelbe Warnweste und nimmt an einem Stehtisch auf dem Willy-Brandt-Platz Zettel mit Daten der Beschäftigten an. Sie überprüft das Datum und die geplante Arbeitszeit, danach erhalten alle eine Laugenstange und – gehen nach Hause. Denn da Gladbeck seit Samstag als Risikogebiet gilt, sind Kundgebungen und Demozüge nicht möglich, sagt Bertram Polenz.

Personalratsvorsitzender Bertram Polenz.
Personalratsvorsitzender Bertram Polenz. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Auswirkungen etwa auf Eltern lastet Polenz den Arbeitgeberverbänden an

Er ist Personalratsvorsitzender bei der Stadtverwaltung und setzt sich so für die Tariferhöhung ein. „Es wurde noch nie gesagt, ,jetzt ist ein guter Zeitpunkt für einen Streik‘“, sagt er zum Timing des Streiks mitten in der Corona-Pandemie. Die Auswirkungen, zum Beispiel auf Eltern, die eine Alternative zur Kita suchen müssen, lastet Polenz den Arbeitgeberverbänden an.

Nicht verantwortlich seien die Streikenden, die ihr Grundrecht auf Streik nutzen. „Zwei Verhandlungsrunden sind vergangen, ohne dass die Arbeitgeberverbände irgendein Angebot gemacht haben“, kritisiert er. Das Argument, die Kommunen hätten wegen coronabedingter Steuerausfälle weniger Geld zur Verfügung, nennt er „eine alte Orgel“. Schon seit 40 Jahren würden die Kommunen gerade im Ruhrgebiet zu schlecht von Bund und Ländern mitfinanziert.

Die Streikenden trugen sich am Mittwochmorgen in Streiklisten ein.
Die Streikenden trugen sich am Mittwochmorgen in Streiklisten ein. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Rund 300 Beschäftigte haben sich nach Schätzung von Verdi an dem Streik beteiligt

Etwa eine halbe Stunde nach Streikbeginn sind der Willy-Brandt-Platz und die Fläche hinter dem Rathaus fast wieder leer. Andrea Bornemann, Verdi-Sekretärin, verteilt Schilder, auf denen steht: „Wir sind es wert.“ Die verbleibenden Streikenden stellen sich für ein Foto auf. „Lächeln hinter der Maske, das sieht man!“, ruft Bornemann, während sie Fotos für Verdis Online-Auftritt schießt. Sie schätzt die Zahl derer, die sich am Mittwoch zum Streik entschieden haben, auf 300.

Stefanie Rade nimmt indes die letzten Zettel zur Streikerfassung entgegen. Die Verwaltungsfachangestellte hofft, dass der eintägige Warnstreik Wirkung zeigt. „Die zuletzt von den Arbeitgebern geforderte Nullrunde für 30 Monate ist de facto eine Kürzung, wenn man Inflation und steigende Krankenkassenbeiträge bedenkt. Wir leisten gute Arbeit und wollen dafür auch entlohnt werden“, fordert sie. Personalrat Bertram Polenz hält die Streikbereitschaft unter den Beschäftigten für hoch. „Gerade in der Corona-Zeit hat die Verwaltung gezeigt, dass sie funktioniert und die Mitarbeiter haben es verdient, in Zukunft mehr Geld zu bekommen“, sagt er.

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Für den Fall, dass die Arbeitgeber den Beschäftigten zum dritten Mal überhaupt kein Angebot machen, sind laut Rade und Polenz weitere Streiks möglich. Dann soll ein Hygienekonzept ausgearbeitet werden, um coronasicher eine Kundgebung oder Demonstration abzuhalten.