Gladbeck. Land beharrt auf den Corona-Regeln: Keine stadtscharfen Lösungen für Kreisstädte. Kritik kommt vom Landrat. Inzidenzwert in Gladbeck bei 72,7.

Das Land hat dem Kreis und der Stadt bei der Bekämpfung der deutlich angespannten Corona-Lage in Gladbeck eine Absage erteilt. Trotz eines Inzidenzwertes, der am Freitag auf 72,7 (Vortag 59,5) stieg, und schon zu Wochenbeginn bei über 70 lag, gebe es keine Anpassungen der Corona-Schutzverordnung und es werde keine Ausnahme ermöglicht, um stadtscharfe Entscheidungen in einer kreisangehörigen Stadt wie Gladbeck zu ermöglichen, teilt der Kreis Recklinghausen die Antwort des Landes mit. Am Freitag wurden in Gladbeck 14 Neuinfektionen bekannt, drei weitere Schule sind mit je einem neuen Corona-Fall betroffen. Insgesamt sind in Gladbeck 21 Schüler und eine Lehrkraft in fünf Schulen betroffen. Hunderte Schüler sind in Quarantäne, wurden oder werden getestet.

Das Land halte dennoch an der in der Corona-Schutzverordnung festgeschriebenen Vorgehensweise fest, wonach erst dann weitere Maßnahmen angeordnet werden können, wenn der Inzidenzwert des Kreises über den kritischen Marken von 35 oder 50 liege, heißt es. Im Kreis liegt der Inzidenzwert am Freitag bei 29,4 (Vortag 23,9). Diese Zahl gebe, so Landrat Cay Süberkrüb, ein „verzerrtes Bild“ wieder, da es Städte mit hohen (auch in Haltern ist der Wert hoch, liegt bei 42,1) und sehr niedrigen Werten wie Oer-Erkenschwick (3,2) und Waltrop (13,6) gebe.

Landrat Süberkrüb bedauert Entscheidung des Landes sehr

Landrat Cay Süberkrüb kritisiert das Nein des Landes zu Sondermaßnahmen zur Corona-Eindämmung in Gladbeck.
Landrat Cay Süberkrüb kritisiert das Nein des Landes zu Sondermaßnahmen zur Corona-Eindämmung in Gladbeck. © Kreis RE

Er sei sicher, so Süberkrüb, „dass etwas getan werden muss“. Der Kreis Recklinghausen könne nicht wie andere Flächenkreise mit geringerer Einwohnerzahl behandelt werden. „Ich bedauere sehr, dass das Land diese Einschätzung nicht teilt“, so Süberkrüb. Kreis und Städte könnten dem Bürger nicht plausibel erklären, „warum nichts unternommen wird, um die Infektionen einzudämmen“.

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Vor dem Anstieg der Neuinfektionenzahl am Freitag hatte sich die Corona-Lage in Gladbeck in den vergangenen zwei Tagen etwas entspannt. Am Donnerstag hatte das Kreisgesundheitsamt stadtweit fünf Neuinfektionen registriert, am Mittwoch waren es sieben gewesen (Montag und Dienstag 16 und 13). Und der Inzidenzwert (50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen) sank von 71,4 auf 59,5 am Donnerstag, liegt nun wieder über 70. Er liegt damit weiterhin deutlich über dem 50er-Grenzwert. Die ganze Woche lag die Zahl bei 70 und darüber – am Freitag sind es nun 78 akut Infizierte – der höchste Wert, so die Stadtverwaltung, der je während der Pandemie festgestellt worden sei.

Nächste Woche treffen sich die Gladbeck, Haltern und Castrop mit dem Kreis

Die Corona-Tests an der Werner-von-Siemens-Realschule am vergangenen Samstag waren alle negativ.
Die Corona-Tests an der Werner-von-Siemens-Realschule am vergangenen Samstag waren alle negativ. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Im Rathaus hieß es, man bleibe bei dem Thema am Ball: Nächste Woche treffen sich die drei am stärksten betroffenen Städte (neben Gladbeck und Haltern auch Castrop) mit dem Kreis, um das weitere Vorgehen zu beraten. Eine Analyse habe ergeben, dass größere Veranstaltungen nicht Ursache für die hohe Infektionsrate in Gladbeck seien. Die Fälle seien ziemlich gleich verteilt im Stadtgebiet, nur mit einem kleinen Überhang zum Stadtsüden.

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Unterdessen gibt es ein großes Aufatmen an der Werner-von-Siemens-Realschule in Gladbeck: Es gebe keine weiteren Corona-Infektionen an der Schule, berichtet Schulleiter Daniel Kroll von Ergebnissen der umfangreichen Tests vom vergangenen Samstag, die endlich bekannt wurden. Alle Tests seien negativ gewesen. „Das war ein befreiender Moment“, so Kroll. Es bleibe bei den sechs Infektionen an der Schule (fünf Schüler, ein Lehrer). Zwei von sechs betroffenen Schulklassen, die in Quarantäne mussten, seien wieder im Unterricht. Kroll berichtete, dass die zurückgekehrten Schüler sehr diszipliniert und problembewusst am Unterricht teilnehmen – komplett werde auf freiwilliger Basis Mund-Nasenschutz getragen.

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DRK testet am Samstag 660 Gesamtschüler

An der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule Gladbeck ist es dagegen zu einem weiteren Corona-Fall gekommen, wie Schulleiterin Alrun ten Have bestätigte. Folge: Eine Klasse aus dem 8. Jahrgang (29 Schüler) müsse in Quarantäne. Bereits in der vergangenen Woche waren elf Infizierungen in zwei Klassen aufgetreten. Die Schüler aus diesen Klassen können ab Freitag wieder am Unterricht teilnehmen. Am Samstag sollen nun Schüler aus vier Jahrgangsstufen der Gesamtschule (Stufen acht bis elf) - rund 660 Schüler - vom DRK auf das Coronavirus getestet werden. Die Teilnahme ist freiwillig.

Neue Infektionsfälle bestätigte die Kreisverwaltung an Ratsgymnasium und Heisenberg-Gymnasium in Gladbeck mit je einem Fall. An der Gladbecker Mosaik-Grundschule ist am Freitag ein weiterer Fall bekannt geworden, nachdem es dort bereits in der vergangenen Woche eine Infektion gegeben hatte.

Besuchsverbot im St. Barbara-Hospital

Aufgrund der steigenden Infektionszahlen in Gladbeck gilt im St.-Barbara-Hospital ab Samstag, 3. Oktober, wieder ein Besuchsverbot. Bisher gab es für Besucher ein Zeitfenster zwischen 15 und 18 Uhr.

Außerdem werden ab Montag, 5. Oktober, alle Patienten, die zu Untersuchungen in die verschiedenen Ambulanzen des Krankenhauses kommen, im Eingangsbereich vollständig gescreent. Bisher sei dies nur stichprobenartig erfolgt. Vor dem Eingang müsse daher mit Wartezeiten gerechnet werden, so die Katholischen Kliniken Emscher-Lippe (KKEL).

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