Gladbeck. Die SPD verliert in Gladbeck rund zehn Prozentpunkte und kommt auf nur noch rund 36,5 Prozent. Bürgermeister-Stichwahl in zwei Wochen.

Wahldebakel für die SPD: Bei der Wahl zum Rat der Stadt Gladbeck stürzten die Sozialdemokraten, einst eine Bastion in Gladbeck, auf den historischen Tiefstwert von 36,48 Prozent zurück – ein dramatischer Verlust von rund zehn Prozentpunkten! Vor sechs Jahren kam die SPD, jahrzehntelang absolute Mehrheiten gewohnt, noch auf 47,3 Prozent. Immerhin: Sie holte in 19 von 22 Wahlbezirken das Direktmandat. Offen ist das Rennen im Wahlbezirk 01, wo es zur Pattsituation kam: Thorsten Nagel (SPD) und Jörg Baumeister (CDU) holten beide 378 Stimmen – 29,74 Prozent.

Profitiert hat von den großen SPD-Verlusten die CDU nur leicht, sie konnte ihr Ergebnis gegenüber 2014 (25,2 Prozent) auf 26,27 Prozent steigern. Deutliche Zuwächse verbuchten die Grünen, die ihren Stimmenanteil mehr als verdoppelten. Sie kamen auf 12,25 Prozent (2014: 5,8 Prozent) Aber: Abräumer ist die AfD, die aus dem Stand 9,68 Prozent holte. Die Linke verlor mehr als 1,5 Prozentpunkte und kam auf 4,18 Prozent. Die FDP verbesserte sich von 2,7 auf 3,35 Prozent. Interessant: Die Migranten-Partei ABI steigerte sich von 1,6 auf 2,47 Prozent und landete vor der BIG, die 2,30 Prozent holte (2014: 2,6 Prozent).

Seltene Patt-Situation zwischen SPD und CDU im Wahlbezirk 01 in Stadtmitte

Die CDU freute sich über den Prozentgewinn bei der Ratswahl und gibt die Bürgermeisterwahl mit dem CDU-Bürgermeisterkandidaten Dietmar Drosdzol (Mitte) noch nicht verloren
Die CDU freute sich über den Prozentgewinn bei der Ratswahl und gibt die Bürgermeisterwahl mit dem CDU-Bürgermeisterkandidaten Dietmar Drosdzol (Mitte) noch nicht verloren © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Durch die Patt-Situation im Wahlbezirk 01 bleibt die Sitzverteilung laut Wahlamt vorerst offen – das Wahl-Computerprogramm werfe in einem solchen Fall kein genaues Ergebnis, hieß es am Abend. Am heutigen Montag entscheidet der Wahlausschuss, ob die Stimmenauszählung wiederholt wird oder ein Losentscheid für Klarheit sorgt.

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SPD-Parteichef Jens Bennarend beurteilte das Wahlergebnis in einer ersten Stellungnahme am Sonntagabend als nicht so dramatisch. „Wir sind in fast allen Wahlbezirken vorn!“, sagte er. Nur in Alt-Rentfort und in Rentfort-Nord (östlicher Bereich) konnte die CDU ihren Kandidaten durchbringen. „Ja, wir mussten Federn lassen, aber das ist dem Gegenwind, der der SPD von außen entgegenweht, geschuldet.“ Immerhin: Die SPD, so Bennarend, behaupte sich als stärkste Partei in Gladbeck.

Bürgermeisterwahl: Weist nicht im ersten Wahlgang Siegerin

CDU-Fraktionschef Peter Rademacher zeigte sich „relativ zufrieden“ mit dem Abschneiden seiner Partei. Schließlich habe die CDU den Abstand zur SPD sehr verringern können. „Wir können Politik in Gladbeck leicht gestärkt weitermachen“, sagte er. In den nächsten zwei Wochen wolle die CDU noch viele Menschen überzeugen wollen. „Wir werden wie die Löwen kämpfen, kündigte Rademacher an.

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Auch bei der Bürgermeisterwahl kann sich die SPD mit ihrer Kandidatin nach dem vorläufigen Endergebnis nicht auf Anhieb durchsetzen: Bettina Weist blieb mit 42,44 Prozent deutlich unter der absoluten Mehrheit. Dietmar Drosdzol (CDU) kam auf rund 23,48 Prozent und zwingt Weist in die Stichwahl in 14 Tagen.

CDU: Wir gegen die Bürgermeisterwahl nicht verloren

Auch wenn die Grünen-Bürgermeisterkandidatin Simone Steffens (r.) enttäuschen abgeschnitten hat, freuen sich die Grünen über ihren Wahlerfolg für den Rat.
Auch wenn die Grünen-Bürgermeisterkandidatin Simone Steffens (r.) enttäuschen abgeschnitten hat, freuen sich die Grünen über ihren Wahlerfolg für den Rat. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Enttäuschend ist das Ergebnis der Grünen-Bürgermeisterkandidatin Simone Steffens, die nur 9,02 Prozent holte. Der bislang politisch nicht agierende AfD-Kandidat Marco Gräber kam auf 7,85 Prozent. Abgeschlagen sind die Kandidaten der kleineren Partien, die zwischen ein und drei Prozent holten.

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CDU-Stadtverbandsvorsitzender Dietmar Drosdzol - gleichzeitig CDU-Bürgermeisterkandidat - reagierte gelassen auf das Ergebnis: „Wir jubeln nicht, wir weinen aber auch nicht.“ Das Ergebnis der Bürgermeisterwahl nennt er für sich „enttäuschend“, aber: „Wir geben die Wahl noch nicht verloren.“ Entscheidend sei, wie sich die Stimmen bei der Stichwahl verteilen. Das Abschneiden der CDU für den Rat (plus 1 Punkt), sei „in Ordnung“, vor allem, wenn man an das Abschneiden der SPD denke.

SPD freut sich trotz Stimmenverluste über die vielen Direktmandate

Naturgemäß sieht das SPD-Bürgermeisterkandidatin Bettina Weist anders: Sie gehe gestärkt in die Stichwahl, habe ohnehin nicht damit gerechnet, dass sie als „Newcomerin bei elf Kandidaten da durchmarschieren“ werde. „Ich freue mich aber, dass ich so deutlich vor dem Zweitplatzierten liege.“ Mit einem so klaren Vorsprung habe sie nicht gerechnet.

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Trotz der Verluste der SPD für den Rat: „Bei uns überwiegt gerade die Freude, dass wir auf jeden Fall 19 von 22 Wahlbezirken direkt geholt haben.“ Den Stimmengewinn der AfD bezeichnete Weist als „fürchterlich und beängstigend“. Sie habe die Befürchtung, dass die Partei im Stadtrat eine Blockade-Politik betreiben werde. „Das ist aber ein Ergebnis, mit dem wir jetzt umgehen müssen.“

Grüne äußerst zufrieden mit dem zweistelligen Ergebnis

Die Grünen bezeichneten es als „schönes Gefühl“, vor der AfD zu liegen. „Es ist auch positiv, dass wir uns gegenüber 2014 mindestens verdoppelt konnten“, sagte Grünen-Vorsitzende Ninja Lenz. Es sei das Ziel der Grünen gewesen, ein zweistelliges Ergebnis einzufahren. „Wir gehen mit gestärkter Brust aus der Wahl hervor und jetzt in mögliche Koalitionsgespräche“, so Bürgermeister-Kandidatin Simone Steffens. Die Zuwächse bei der AfD und die niedrige Wahlbeteiligung „gehen jedoch gar nicht“, so Steffens. Die AfD zeigte sich „mit dem Ergebnis absolut zufrieden“, so AfD-Sprecher und Bürgermeister-Kandidat Marco Gräber.

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Enttäuschte Gesichter bei den Linken: „Wir sind nicht glücklich mit dem Ergebnis“, so Linke-Spitzenkandidat Olaf Jung. Die Partei wird nur noch zwei statt drei Mandate im Rat haben. Das Abschneiden der AfD geißelte Jung als „Schande für Gladbeck“. Auch FDP-Vorsitzender Michael Tack zeigt sich enttäuscht. „Ich habe mit mehr gerechnet“, sagt er zu dem Ergebnis von 3,35 Prozent. Das Abschneiden der AfD sei „schwer erträglich“.