Gladbeck. Der Gladbecker Ratsherr tritt bei der Kommunalwahl nicht mehr an. Eine wichtige Stimme aus dem Stadtsüden verstummt. Seit 2009 war er im Rat.
Er gilt als ausgesprochener Sachpolitiker, als verlässlich und selbstbewusst, als Mann der klaren Worte – aber vor allem ist György Angel seit vielen Jahren die SPD-Stimme aus Gladbeck-Brauck, die sich im hektischen Politgeschäft stadtweit Gehör verschafft und seinen Stadtteil mit viel Engagement im Rat der Stadt vertreten hat. Diese politische Stimme aus Brauck wird nun verstummen: Angel, der in wenigen Tagen 64 Jahre alt wird und von vielen im Ortsteil kurz „Schorsch“ gerufen wird, zieht sich aus der Politik zurück. Am Sonntag bei der Kommunalwahl tritt er nicht mehr an.
Zur Begründung zieht Angel eine alte, ungeschriebene Regel der Partei heran, wonach man zu Beginn einer neuen Wahlperiode, in der man das Rentenalter erreicht, aus der Politik ausscheide. Allerdings klingt auch ein wenig Enttäuschung, ja Frust durch, hinterfragt man seine Motive: Ihm sei nicht im vollen Umfang gelungen, gibt der Sozialdemokrat zu, sein „Projekt 2020“ in Brauck umzusetzen, an dem er seit Jahren gearbeitet habe und mit dem er junge Leute für die Kommunalpolitik gewinnen und dem Ortsverein einen Weg in die Zukunft bahnen wollte.
Zum Abschied klingt auch ein wenig Enttäuschung mit
Ihm passt auch nicht die zurückhaltende Präsenz des Ortsvereins im Stadtteil, was im Wahlkampf auffallend gewesen sei. Die persönliche Begegnung mit Menschen sei nicht zu ersetzen, um das Vertrauen der Bürger zu gewinnen, so Angel. „Wenn einem im Ortsverein die Unterstützung fehlt, dann kommt der Punkt, das Feld denen zu überlassen, die einen anderen Weg gehen wollen.“ So begründet der „überzeugte“ Braucker im Rückblick auch seinen Rückzug 2018 vom Ortsvereinsvorsitz, den er fünf Jahre zuvor vom erst kürzlich verstorbenen Braucker SPD-Urgestein Dieter Knappmann übernommen hatte.
Angel warnt, „Themen der Menschen“ liegen zu lassen, oft sei ein langer Atem nötig, vieles müsse den Leuten aufwändig und mühsam erklärt werden. Verlässliche Politik müsse Werte leben und sollte Gegengewichte schaffen zu den schnellen Versprechungen von Populisten, so Angel, den die AfD-Erfolge in Brauck bei der Europawahl im vergangenen Jahr sehr bedrücken, wie er sagt.
Schorsch Angel kommt aus dem Bergbau und der Gewerkschaftsszene
Schorsch Angel, ehemaliger Bergmann und alter Gewerkschafter (seit 1976), war nicht der Allzeitpolitiker, wie es Kommunalpolitiker oft sind. Erst 2008 stieß er zur Sozialdemokratie, aber schon seit 2009 vertrat er Braucker Interessen im Rat. Zweimal gewann er für die SPD seinen Wahlbezirk Brauck-Nord. Der gebürtige Ungar, der bereits als Baby 1956 mit seinen Eltern aus der alten Heimat floh und über mehrere Stationen 1980 nach Gladbeck kam, war im Sozial- und Innenstadtausschuss tätig, aber mit viel Herzblut vor allem im Bau- und Planungsausschuss, den er seit 2015 bis jetzt leitete. Seit 2014 war er auch stellvertretender SPD-Fraktionschef.
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Angel, der knapp 20 Jahre auch IG BCE-Chef in Brauck-Nord war und seit 27 Jahren Knappschaftältester ist, zieht eine erfolgreiche Bilanz seiner politischen Arbeit für Brauck. Er zählt auf: mehr barrierefreie Wohnungen, auch Mehrgenerationen-Wohnen auf dem ehemaligen Grund der Versöhnungskirche, das neue Seniorenzentrum an der Brauckstraße, der „Entwicklungsplan Süd“ mit dem Allgenerationenwohnen, der Anstoß zum modernen Sportpark Mottbruch und die Entwicklung der Haldenwelt. Wobei ihm wichtig ist, das Nein der Stadt zum Riesen-Windrad auf dem Mottbruch angestoßen zu haben. „Das wäre für Brauck außerordentlich schädlich.“
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„Der Ausbau der Horster Straße hätte schneller laufen können“
Besonders stolz ist Angel auf viele Verbesserungen der Versorgungslage im Stadtteil, wobei mit dem Rewe-Markt Dick an der Horster Straße auch das städtebauliche Bild verbessert worden sei und bei der Aldi-Realisierung an der Roßheidestraße eines der geschichtsträchtigen Betriebsführerhäuser erhalten blieb. Nur eins hätte schneller laufen können, gibt der Braucker zu: „Der Ausbau der Horster Straße!“
Puschadel verlässt den Rat nach über 20 Jahren
Abschied aus der Stadtpolitik nimmt auch die langjährige SPD-Politikerin und Erste Stellvertretende Bürgermeisterin Brigitte Puschadel. Sie steht für einen langen Atem und für Kontinuität in der Kommunalpolitik – sie vertrat seit 1999 die Interessen der Gladbecker im Stadtrat.
Seitdem gehörte sie ohne Unterbrechung dem Haupt- und Finanzausschuss sowie dem Ausschuss für Soziales, Senioren und Gesundheit an. Auch im Jugendhilfeausschuss und im Kulturausschuss wirkte sie mit.
Seit fünf Jahren gestaltet sie die Geschicke Gladbecks im Umweltausschuss sowie im Betriebsausschuss des ZBG mit. Und seit elf Jahren ist sie ehrenamtliche Vertreterin des Bürgermeisters. Brigitte Puschadel gilt als Frau der klaren Worte, vertritt ihre Meinung mit Kompetenz und zuweilen auch mit Temperament.
Ganz aus der Politik verabschiedet sich die SPD-Frau allerdings nicht: Sie kandidiert erneut für den Kreistag, dem sie bereits seit 2010 angehört.