Gladbeck. Beim Stadtteilcheck der WAZ bekommt die Politik in Gladbeck gerade mal eine „Drei minus“. Die Redaktion diskutierte darüber mit vier Ratsleuten.
Kommunalpolitik und Verwaltung schneiden beim WAZ-Stadtteilcheck Gladbeck nicht besonders gut ab: Im Schnitt gab es (beurteilt nach Schulnoten) von den 2112 Teilnehmern der nicht repräsentativen Befragung gerade mal eine „Drei minus“ – genau: 3,46 – für die politische Arbeit in der Stadt. Mit einem deutlichen Ausreißer nach unten: Rentford-Nord. In diesem Stadtteil gaben die Leser der Politik nur eine 4,02 – ausreichend. Am besten schnitt noch Stadtmitte mit der Note 3,05 ab - ein glattes befriedigend.
Eher schlecht fiel die Note auch für Brauck (3,9) und Butendorf (3,82) aus. Aus diesen Stadtteilen gab es auch nicht erst in jüngster Zeit Klagen über eine stiefmütterliches Behandlung (Brauck) oder über Probleme mit Schrott- und Problemimmobilien (Bramsfeld und Steinstraße) im Ortsteil (Butendorf). Auf dem Rosenhügel (3,18) und in Alt-Rentfort (3,19) sind die Befragten dagegen offenbar wesentlich zufriedener mit der Arbeit der Lokalpolitik.
Die Hochhausruine Schwechater Straße 38 ist das Übel in Rentfort-Nord
Auf Einladung der WAZ trafen sich politische Akteure aus Rentfort-Nord und aus der Stadtmitte in der Lokalredaktion, um über die Ergebnisse zu diskutieren und sie zu bewerten. Für SPD-Ratsfrau Claudia Braczko und den CDU-Ratsherrn Dieter Rymann, die beide in Rentfort-Nord politisch aktiv sind und den Ortsteil im Rat der Stadt vertreten, war schnell klar, warum die politische Note für ihr Stadtviertel so ausfiel, wie sie ausfiel: Wegen des langen Hin und Her um die Schrottimmobilie Schwechater Straße und des Mangels bei einer Nahversorgung.
Auch interessant
Die Politik habe da aber durchaus ihre Hausarbeit gemacht, so Braczko, unterliege gerade bei diesem Thema aber Sachzwängen, und ihr Einfluss sei begrenzt, weil es sich hier um Privateigentum handele. Braczko verweist aber auf das jahrelange Bemühen der Verwaltung, einer Lösung den Weg zu ebnen. Andererseits sei es für die Politik auch schwer, so Rymann, ein so komplexes Thema wie das der Schwechater Straße 38 den Bürgern zu vermitteln, die sich schnelle Lösungen wünschen, gerade wenn es um Nahversorgung geht. Ein Mangel an Informationen mache ein Projekt bei den Bürgern aber unglaubwürdig.
Kommunalpolitiker: Kritik gehört zur Politik dazu
Dass jetzt der Knoten geplatzt sei und der Abriss nach den jüngsten und letzten Vertragsvereinbarungen kommt, beweise, so Braczko und Rymann, dass es mitunter in der Politik viel Geduld brauche, um Probleme zu lösen. Politik könne nicht selbst ein Projekt beschleunigen, sondern nur anstoßen, daran zu arbeiten, betont der CDU-Ratsherr. Der Bürger habe mitunter höhere Erwartungen, messe Erfolge an dem, was Politik schnell bewerkstellige, obwohl „die manchmal an Grenzen stößt“. Auch Claudia Braczko, die sich dankbar äußert über das Engagement der privaten Investoren, meint, dass dieser Fall zeige, wie wichtig gegenseitiges Vertrauen zwischen Politik und Bürgern sei.
Auch interessant
Das Urteil der Leser stimme zwar nachdenklich, so Braczko und Rymann, ihr politisches Engagement leide darunter aber nicht. „Kritik gehört zur Politik dazu, das kann auch ein Mittel sein, jetzt erst recht weiterzumachen.“ Ohne Idealismus sei Politik nicht machbar.
In Stadtmitte zahlen sich die Investitionen in den City-Umbau aus
SPD-Ratsherr Volker Musiol, der wie CDU-Ratsfrau Müzeyyen Dreessen in Stadtmitte aktiv ist, kennt ähnliche Situationen und weiß, dass es immer öfter an Grundvertrauen der Bürger in die Politik fehle. Schwierige Prozesse ließen sich nicht über Nacht lösen. „Heutzutage wird aber alles sehr schnell kritisiert, mitunter mangelt es an Respekt.“ Gleichwohl müsse man Kritik ernst nehmen, die auch beflügeln könne. Müzeyyen Dreessen sagt sogar, wer sich ehrenamtlich in der Politik engagiere, brauche Kritik, das sporne an. Die Ungeduld über das Klein-klein in der Kommunalpolitik sei nachvollziehbar, „weil die Leute die unterschiedlichen Prozesse hin zu einer Lösung nicht richtig mitbekommen.“
Auch interessant
Das bessere Abschneiden der Politik in der Stadtmitte sehen Dreessen und Musiol darin begründet, dass in den letzten Jahren viel Geld in den City-Umbau investiert wurde. „Da kriegen die Leute nach langen Planungen mit, dass sich was tut“, so Dreessen. Musiol: „Entscheidend war hier, dass die Politik Defizite erkannt hat und eigens einen Innenstadtausschuss installierte, der alles bündelt und Maßnahmen initiiert.“
Trotz einer Menge Erfolge und auch trotz vieler Vorwürfe - Politik ist immer gefragt
Auch interessant
Man sehe nun die Ergebnisse, „und das ist es, was Politik ausmacht“, freut sich Musiol, der allerdings betont, dass neben der Politik auch die Eigentümer Pflichten hätten, gerade in einem Bereich wie Stadtmitte.
Dreessen warnt, man müsse aufpassen, dass die City, trotz aller Erfolge, nicht an Niveau verliere. Sie stört in den Randzeiten illegaler Autoverkehr in der Fußgängerzone. „Oft wird sogar gerast.“ Außerdem weist Musiol auf eine zunehmende Brisanz zwischen Anwohnern und Gastronomie hin. Ihr Urteil: „Politik ist weiter gefragt.“
Auch Positives
Die Ratsleute Claudia Braczko (SPD) und Dieter Rymann (CDU) merken an, dass es neben dem Thema „Schwechater“ auch andere Themen in Rentfort-Nord gab, die „gar nicht so schlecht“ liefen.
Sie zählen auf: Das Projekt Innovation City, das Quartiersmanagement, der Markt an der Awo, Kita- und Sportplatzlösungen am Platz an der Enfieldstraße sowie Verbesserungen beim Nahverkehr.