Gladbeck. Monika Wild engagiert sich ehrenamtlich als Ausbildungspatin in Gladbeck.. Dank ihrer Hilfe hat Bjondina Sokoli wieder ein Berufsziel vor Augen.

Schule war für Bjondina Sokoli immer eher ein notwendiges Übel. Schlechte Zensuren, kein gutes Verhältnis zu ihren Lehrkräften, ein Schulabschluss nicht in Sicht. Die heute 17-Jährige war drauf und dran, die Brocken hinzuschmeißen, ihren Traum von einer Ausbildung zur Erzieherin zu begraben. Dann lernte sie Monika Wild kennen – und hat jetzt wieder ein berufliches Ziel vor Augen.

Monika Wild ist Bjondinas Ausbildungspatin, seit Mai vergangenen Jahres kümmert sich die 65-Jährige um die Jugendliche, ermuntert und motiviert sie, treibt sie auch mal an, wenn es sein muss, ist ihre Ansprechpartnerin – auch in Krisensituationen, die nichts mit der Schule zu tun haben. „Sie ist immer für mich da, sie gibt mir die Kraft, zur Schule zu gehen, hört mir bei allen Problemen zu. Sie ist ein Licht in meinem Leben, ein Engel“, schwärmt die junge Frau von ihrer Patin.

Bei der ersten Begegnung hat es klick gemacht

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Umgekehrt ist die Begeisterung ähnlich groß. Monika Wild freut sich riesig über die Entwicklung ihrer Paten-Jugendlichen. Dabei war sich die Kontaktlehrerin an der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule gar nicht mal sicher, ob der Verein „Ausbildungspaten im Kreis Recklinghausen“, der seit einigen Jahren mit der Gesamtschule kooperiert, tatsächlich einen Paten oder eine Patin für die schulisch nicht besonders motivierte Bjondina finden würde. „Aber es hat schon bei unseren ersten Begegnung klick gemacht“, sagt Monika Wild. Mittlerweile habe sich Bjondina zu einer starken Persönlichkeit entwickelt und arbeite lösungsorientiert: „Deshalb können wir auf Augenhöhe kommunizieren.“

Die Gesamtschule hat Bjondina ohne Abschluss verlassen. Jetzt besucht sie, dank Monika Wilds Unterstützung, am Berufskolleg eine Maßnahme zur Ausbildungsvorbereitung. Sie geht gern zur Schule. Ihr Ziel, dort den Hauptschulabschluss in diesem Jahr zu schaffen, hat sie wegen des Corona-Lockdowns zwar verfehlt, aber: „Ich wiederhole das Jahr, und dann wird es bestimmt klappen.“

Die RAG-Stiftung finanziert den Verein Ausbildungspaten

Der Verein sucht weitere ehrenamtliche Paten

Der Verein „Ausbildungspaten im Kreis Recklinghausen“ arbeitet eng mit den Arbeitsagenturen, der IHK, der Handwerkskammer und dem Bildungszentrum des Handels zusammen. Alle Städte im Kreis zählen zu den Mitgliedern des Vereins. Aktuelles Ziel ist es, gemeinsam mit den Ausbildungspaten Essen und dem Centrum für bürgerschaftliches Engagement Mülheim, das Projekt auf alle Kommunen im Ruhrgebiet auszuweiten.

Der Verein sucht ständig nach zusätzlichen ehrenamtlichen Patinnen und Paten. Interessenten brauchen keine Vorkenntnisse. „Voraussetzungen sind, dass sie gerne mit Jugendlichen arbeiten und, dem Alter ihrer Patenjugendlichen entsprechend, mit modernen Kommunikationsmitteln vertraut sind“, sagt Dieter Korte, Vorstandsvorsitzender des Vereins. „Außerdem brauchen sie ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis.“ Paten werden auf ihre Aufgabe in einem Grundseminar vorbereitet und können jährlich an acht bis zehn Weiterbildungsseminaren zu unterschiedlichen Themen teilnehmen.

Eine Patenschaft läuft in der Regel vom Ende des 9. Schuljahres bis zum Ende der Ausbildung, bei Bedarf auch darüber hinaus. Wer sich für ein Amt als Ausbildungspate interessiert, kann sich unter 02361-3060576 oder per Mail an info@ausbildungspaten.de beim Verein melden oder vor Ort bei Jürgen Linau-Seifer, 0160-4006336, Mail: je605@t-online.de. Detaillierte Informationen über den Verein gibt es unter www.ausbildungspaten.de.

Der Verein „Ausbildungspaten im Kreis Recklinghausen“ wurde 2007 gegründet, ging hervor aus einem Projekt des Bistums Münster, das 2003 an den Start ging mit dem Ziel, Jugendlichen während ihrer Ausbildung einen Paten zur Seite zu stellen, um Ausbildungsabbrüche möglichst zu vermeiden. „Aber man erkannte schnell, dass man früher ansetzen, die jungen Menschen schon vor dem Übergang in den Beruf begleiten muss“, sagt Dieter Korte, Vorstandsvorsitzender des Vereins, dem aktuell etwa 80 Mitglieder angehören und dessen Engagement von der RAG-Stiftung finanziert wird. „Vielfach wählen Jugendliche einen für sie falschen Beruf, sind dann frustriert und brechen die Ausbildung ab. Mit der Beratung und Unterstützung der Paten schon ab der 9. Klasse in Haupt- und Gesamtschulen können solche Fehlentscheidungen verhindert werden.“

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Der Verein ist in allen zehn Städten des Kreises Recklinghausen aktiv, vermittelt pro Jahr im Schnitt etwa 130 Patenschaften, in Gladbeck sind es aktuell sechs. In allen Kommunen gibt es einen Lokalverantwortlichen, der das Engagement vor Ort koordiniert, Kontakt zu den Schulen und den Paten hält. In Gladbeck hat Jürgen Linau-Seifer diese Rolle übernommen. Er organisiert in der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule Treffen von Paten und Jugendlichen, die nach Ansicht der Lehrkräfte Unterstützungsbedarf haben. „In einer Art ,Speeddating’ finden Paten und Jugendliche zusammen“, erzählt er. Linau-Seifer weiß aus eigenen Erfahrungen als Pate, wie wertvoll die Unterstützung für die Jugendlichen sein kann. Und er hat auch die Entwicklung von Bjondina beobachtet: „Sie ist viel selbstbewusster geworden, weiß jetzt, was sie will.“

Der Traum von einem Beruf lebt wieder

Die 17-Jährige formuliert das so: „Dank Frau Wild habe ich endlich das Gefühl, dass ich etwas erreichen kann.“ Der Traum von einer Ausbildung zur Erzieherin lebt wieder.