Gelsenkirchen / Gladbeck. Im Tierheim Gelsenkirchen sind die Vermittlungszahlen in der Corona-Krise gestiegen. Darum profitieren aber nicht alle Hunde und Katzen davon.

Zusammen ist man weniger allein – Tierhalter wissen das aus Erfahrung. Die Zeit der Kontaktbeschränkungen durch die Corona-Pandemie hatte für sie deshalb eine andere Qualität: Trotz aller Auflagen ließ sich mit dem Hund eine große Runde drehen, bei Trauer mit der Katze oder dem Kaninchen knuddeln. Das wollen aktuell immer mehr Menschen auch in Gladbeck erleben und legen sich einen tierischen Mitbewohner zu.

Im Tierheim Erle sind die Vermittlungszahlen deutlich gestiegen

Im Tierheim in Erle, in dem auch Tiere aus Gladbeck betreut werden, sind die Vermittlungszahlen aus diesem Grund deutlich gestiegen – und zwar gegenüber dem Juli des Vorjahres um rund 50 Prozent. „Der Trend ist gut“, so Heike Reddig, aus dem Vorstand des Tierschutzvereins Gelsenkirchen, der das Tierheim betreibt. „Wobei man sagen muss, dass bei den Hunden nur die problemlosen Tiere davon profitieren, die alten, kranken und schwierigen Hunde leider nicht.“ Im Klartext: Junge Hunde ohne Macken sind gefragt, ältere und jene mit bewegter Lebensgeschichte bleiben sitzen. Und das wohl auch länger.

Denn Zufallsbegegnungen sind aktuell seltener. „Zu anderen Zeiten sind die Menschen durch die Reihen gegangen und hatten Mitleid mit dem einen oder anderen Tier. Jetzt befassen sie sich zu Hause über unsere Internetseite und unseren eigenen Videokanal mit den Tieren und rufen für bestimmte Tiere an.“ Erst danach werden Termine für persönliche Treffen vereinbart. Zum Schutz der Mitarbeiter nämlich gibt es bis zum Jahresende keine regulären Öffnungszeiten.

Die Mitarbeiter haben durch die Corona-Pandemie mehr Zeit für die Tiere

Der Vorteil der neuen Regelung: Die Mitarbeiter haben mehr Zeit für die Tiere und auch für die wenigen Besucher. „Wir gehen schon auch mit den Interessenten durch die Reihen und empfehlen Hunde entsprechend den jeweiligen Möglichkeiten,“ erläutert Heike Reddig. Die meisten Menschen aber wollten einen jungen Hund. „Das spüre ich auch in der Hundeschule des Tierheims in meinen Welpenkursen“, sagt die Hundetrainerin.

Dabei sei ein älterer Hund für viele die bessere Wahl. „Da hat man die ganzen Anfangsschwierigkeiten nicht.“ Erfahrene Hunde seien meist stubenrein, leinenführig und könnten oftmals einige Stunden alleine bleiben.

Heike Reddig aus dem Vorstand des Tierschutzvereins Gelsenkirchen, hier ein Bild aus dem vergangenen Jahr, spricht über die Vermittlung von Tieren während der Corona-Pandemie.
Heike Reddig aus dem Vorstand des Tierschutzvereins Gelsenkirchen, hier ein Bild aus dem vergangenen Jahr, spricht über die Vermittlung von Tieren während der Corona-Pandemie. © Funke Foto Services GmbH | Joachim Kleine-Büning

Grundsätzlich sind die Tierschützer natürlich dankbar für jeden Vierbeiner, der in ein schönes Heim vermittelt werden kann. Besonders bei Hunden und Katzen drohte in den vergangenen Jahren stets die Überfüllung. Nun konnte man im Juli allein 32 Katzen vermitteln. „Für jene Tierfreunde, die nicht so viel laufen können und wollen, ist eine Katze ein guter Begleiter“, weiß Heike Reddig. Während hier schon ein Corona-Trend zu erkennen sei, sieht sie diesen noch mehr bei Kaninchen.

Tierheim hofft weiterauf Spendenbereitschaft

„Da glaube ich besonders, dass die aktuelle Lage eine Rolle gespielt hat – leider.“ Die Befürchtung der Tierschützer ist natürlich immer, Familien hätten für die Kinder im Corona-Sommer einen kuscheligen Gefährten geholt, der hinweg trösten soll über Urlaubsausfall und Schulchaos. „So ein Tier ist jedoch kein Spielzeug.“

Der einzige Wermutstropfen der aktuellen Situation liegt für die Tierschützer darin, dass kaum Menschen ins Tierheim kommen – und somit hier auch kaum Geld ausgeben. „Wir haben das Sommerfest absagen müssen und auch das Herbstfest. Sonntags gibt es keinen Trödelverkauf mehr“, führt Heike Reddig an und erinnert auch daran, dass Besucher am Wochenende Kaffee und Kuchen gegen eine Spende bekommen hätten. Gelder, die nun fehlen.

Das Tierheim ist weiterhin auf Spenden angewiesen

Heike Reddig: „Die Spendenbereitschaft war groß und dafür sind wir dankbar. Die Kosten laufen aber natürlich trotzdem weiter, von der Pacht über das Futter bis hin zu den Tierarztkosten. Und es weiß ja keiner, was die Zukunft noch bringt. Deswegen hoffen wir weiter auf Unterstützung durch die Bevölkerung. Corona hat bei uns schon ein Loch gerissen.

Das Tierheim bietet auf www.tierheim-gelsenkirchen.de viele Infos über seine Tiere.