Gladbeck. Die seit dem Wochenende geltende neue Corona-Verordnung des Landes sorgt noch für Unsicherheit bei Ärzten und Patienten in Gladbeck.

Die neuen Corona-Verordnungen, mit ihrer direkten Umsetzungsdirektive, hätten wohl ihn wie alle Hausärzte „auf etwas kaltem Fuß erwischt“, sagt Allgemeinmediziner Dr. Gregor Nagel. Konkret geht es um die Nachricht, dass alle Risikogebiet-Heimkehrer jetzt zu einem Coronatest verpflichtet sind, sich zudem alle in Schulen und Kitas tätigen Lehrer wie Erzieher kostenlos freiwillig testen lassen können – und dass sie dafür auch die Hausarztpraxen aufsuchen können. Neuigkeiten, die ihn am Freitagnachmittag erreichten, so Nagel, wobei die Umsetzungsvorgaben der Gesundheitsbehörde dann erst am Wochenende via Internet vorgelegen hätten. Alle Ärzte seien jetzt gefordert, zu sehen, „wie wir das im Praxisalltag umsetzen“. In seiner Gemeinschaftspraxis hätten sich am Montagmorgen „rund 30 Patienten zum Coronatest gemeldet“, berichtet Nagel.

Zuversichtlich, „dass die Hausärzte die Aufgabe stemmen können“

Dr. med. Gregor Nagel ist zuversichtlich, dass die Gladbecker Hausärzte die Coronatests bewältigen können.
Dr. med. Gregor Nagel ist zuversichtlich, dass die Gladbecker Hausärzte die Coronatests bewältigen können. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Der Vorsitzende des Gladbecker Ärzte Netzes „Glanet e. V.“ berichtet auch von Nachfragen einiger Kollegen im Stadtgebiet, „wie sie jetzt mit der Situation umgehen sollen“. Nagel ist trotz der Zusatzbelastung aber zuversichtlich, „dass die Hausärzte diese Aufgabe stemmen können“. Die Möglichkeit, Patienten zur Entlastung des Praxisbetriebes an ein zentrales Corona-Testzentrum im Kreis Recklinghausen zu verweisen, haben die niedergelassenen Ärzte auch nicht mehr. Angesichts der vor den Sommerferien sinkenden Infiziertenzahlen hatte die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe (KVWL) dem Kreis die erteilte Betriebserlaubnis für Corona-Testzentren wieder entzogen, so dass letztlich alle dieser kreisweit bis zu fünf tätigen öffentlichen Anlaufstellen schließen mussten. Weitere Crux dabei: Auch ihr eigenes zentrales Testzentrum am Prosper-Hospital in Recklinghausen betreibt die KV nicht mehr.

„Wir haben auch noch keinen konkreten Plan, eines unserer Testzentren zu reaktivieren“, so KVWL-Pressesprecherin Vanessa Pudlo. „Wir schließen das aber nicht aus und beobachten jetzt sehr genau die Situation und Nachfrage.“ Die KVWL sei selbst von der „sehr sehr kurzfristig“ über das Wochenende in Kraft getretene Verordnung vor Tatsachen gestellt worden. Die Details dazu versuche man jetzt schnellstens aufzuarbeiten, „um die konkreten Aufgabenspektren und Abrechnungsmodalitäten für unsere Mitglieder zu klären“.

Das Corona-Infotelefon des Kreises stand nicht mehr still

Etliche Ärzte im Kreis sind offenbar nicht bereit oder in der Lage, sich der kurzfristigen Zusatzaufgabe zu stellen. „Beim Corona-Infotelefon des Kreises stehen seit heute Morgen die Apparate nicht mehr still“, berichtete Svenja Küchmeister von der Pressestelle im Kreishaus. Etliche hunderte Anrufer hätten Auskunft verlangt, „wie sie jetzt mit ihrer Testpflicht umgehen sollen“, weil ihr Hausarzt den Abstrich nicht durchführen wolle und an das Gesundheitsamt des Kreises verwiesen habe. Dort erfolge indes nur noch die Kontaktnachverfolgung mit entsprechenden Testungen im Umfeld coronainfizierter Personen. Ihr sei nicht klar, „inwieweit ein Hausarzt einen Coronaabstrich trotz Landesverordnung verweigern kann“, so Küchmeister.

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„Wir versuchen gerade die Frage, ob ein Arzt dazu verpflichtet ist oder nicht, juristisch zu klären“, sagt Vanessa Pudlo von der KVWL. Jeder Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet müsse nun innerhalb von 72 Stunden einen Coronatest machen. Sie bittet um Verständnis, dass einige Mediziner aktuell so reagierten, „die ja auch keinen Vorlauf zur Vorbereitung gehab haben“. Gegebenenfalls sollte man dann bei einem anderen Arzt in der Umgebung um einen Coronatest nachfragen.

Spezielle Corona-Sprechstundenzeiten in Praxis eingeführt

Gregor Nagel räumt im Gespräch mit der WAZ ein, dass es Gemeinschaftspraxen wie seine im Vergleich zum einzelnen Hausarzt sicher einfacher hätten, die neuen Anforderungen schnell umzusetzen. Es müssten schließlich auch die behördliche Vorgaben beachtet und entsprechend einige Formulare ausgefüllt werden. „Im Hausarztzentrum Butendorf sind wir sieben Ärzte, so dass wir einen Kollegen abstellen können, der sich um die Coronatests kümmert, für die wir jetzt drei besondere Sprechstundzeiten am Morgen, Nachmittag und Abend eingeführt haben.“