Gladbeck. Die Stadt Gladbeck lässt in ihre Berechnungen für Anliegerbeiträge viele Kriterien einfließen. Eine Kernfrage: Um welchen Straßentyp geht’s?
Das Thema bringt Vertreter von Kommunen und Parteien sowie Bürger gleichermaßen auf die Barrikaden. Die einen wollen Anwohner weiterhin zur Kasse bitten, andere würden sie streichen: Straßenausbaubeiträge. Und auch Gladbecker wehren sich gegen die Zahlungen, ziehen in dieser Sache sogar vor Gericht. Die Stadt wurde in den Jahren 2015 bis 2019 zwölf Mal verklagt – mit unterschiedlichem Ausgang.
Verwaltungssprecher David Hennig berichtet: „Bislang sind acht Verfahren beendet.“ Zwei Prozesse habe die Stadt Gladbeck gewonnen, drei verloren. Die übrigen seien durch einen Vergleich beendet worden. Nicht selten geht es um Summen, die Anlieger nicht mal eben aus der sprichwörtlichen Portokasse auf den Tisch blättern können – ein zentraler Kritikpunkt an den Straßenausbaubeiträgen, gegen die sich Bürger in gut 50 Initiativen zusammengeschlossen haben. In einer Volksinitiative haben etwa 470.000 Gegner mit ihrer Unterschrift bekundet: Die Straßenausbaubeiträge müssen weg.
In Nordrhein-Westfalen hat die Koalition von CDU und FDP jetzt auf Proteste reagiert. Allerdings nicht so, wie es Betroffene, SPD, Grüne und AfD gefordert haben. Ginge es nach ihnen, wären diese Beiträge (bald) Geschichte. Doch die Landesregierung hat statt dessen entschieden: Die Forderungen bleiben, aber die Beträge sollen gedeckelt werden. Zudem sollen großzügige Raten- und Stundungsregelungen möglich sein. Immerhin dreht es sich in Einzelfällen um sechsstellige Summen.
In die Berechnung fließen viele Kriterien ein, denn Straße ist nicht gleich Straße. Der Anteil der Gladbecker Anlieger am beitragsfähigen Aufwand kann zwischen 30 und 70 Prozent liegen, wenn es sich um eine Hauptverkehrsstraße handelt. Bei Haupterschließungsstraßen sind es 50 bis 70 Prozent. Für Anliegerstraßen berechnet die Verwaltung einen Anteil zwischen 70 und 80 Prozent.
Gladbeck: Die Stadt stellt jährlich 300.000 Euro für Einnahmen aus Straßenbaubeiträgen in den Haushalt ein
Wie viel Gladbecker im teuersten Fall berappen müssen, kann Hennig nicht sagen. Der Rathaus-Sprecher: „Den höchsten oder niedrigsten Beitrag gibt es nicht. Die Höhe richtet sich einerseits nach dem beitragsfähigen Ausbauaufwand der einzelnen Baumaßnahme, andererseits nach der Größe und der baulichen Nutzung der betroffenen Anliegergrundstücke.“
Die Einteilung in die jeweilige Kategorie – Hauptverkehrs-, Haupterschließungs- und Anliegerstraße – nimmt die Stadtverwaltung vor. Seltener gehe es um die Typen Hauptgeschäfts- und Fußgängergeschäftsstraßen. „Für die Einstufung und damit die Funktion einer Straße im Verkehrsnetz der Gemeinde sind die Verkehrsplanung, der Ausbauzustand, die straßenverkehrsrechtliche Einordnung und die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse maßgebend“, so Hennig.
Er erklärt: „Anders als im Erschließungsbeitragsrecht, wo 90 Prozent des Aufwands auf die Grundstücksanlieger umgelegt werden, liegt die Umlegungsrate beim Straßenausbaubeitrag niedriger. Die Stadtverwaltung ist gehalten, hier in ihrer Beitragssatzung eine Abwägung vorzunehmen, weil der Vorteil der Allgemeinheit mit der zunehmenden Verkehrsbedeutung einer öffentlichen Straße wächst.“ Dabei differenzieren die Fachleute, denn „Gehwege, Park- und Grünstreifen verschaffen unabhängig vom Straßentyp den Anliegern größere Vorteile, während bei Fahrbahnen, Radwegen, Beleuchtungs- und Entwässerungseinrichtungen mit zunehmender Verkehrsbedeutung der Straße“ der Vorteil für die Allgemeinheit in den Vordergrund trete. Diese so genannten Teileinrichtungen fließen ebenfalls in die Berechnung des Anliegeranteils ein.
Die Stadt Gladbeck stellt nach Aussage Hennigs per anno einen Betrag von 300.000 Euro für Einnahmen aus Straßenbaubeiträgen in den Haushalt ein. Eine Gesamtsumme für jährliche Ausgaben auf diesem Sektor könne nicht beziffert werden: „Jeder so genannte Vollausbau von Straßen – zum Beispiel Horster Straße – wird einzeln im Haushalt angemeldet.“ Aufgrund von Breite, Ausstattung und Klassifizierung variieren die Kosten. Der Verwaltungssprecher weist darauf hin: „Reine Sanierungsmaßnahmen sind nicht beitragsfähig.“