Gladbeck. Bis zu 190 Menschen kamen monatlich auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise vor fünf Jahren in die Stadt. Viele Gladbecker engagierten sich.

Fünf Jahre ist in diesem Sommer der Höhepunkt der Flüchtlingskrise her. Fünf Jahre, in denen viel passiert ist. Anlass, in einer kleinen Serie auf die Anfänge und die Entwicklungen zu blicken.

Zu Beginn der Flüchtlingsbewegung kamen monatlich bis zu 190 Menschen in die Stadt. Nicht alle, die Gladbeck seit Beginn 2015 ursprünglich zugewiesen waren, blieben auch. Einige gingen wieder, andere kamen hinzu. „Für viele war Deutschland eine Zwischenstation, nicht die Endstation“, so Doris Foerster, Abteilungsleiterin für Integration und Ausländerwesen im Amt für Integration und Sport.

Mit Stand Juni 2020 hatten nach Auskunft der Stadtverwaltung 1075 Menschen, die seit 2015 eingereist sind, einen Asylstatus. Die meisten Menschen (711) kamen aus Syrien, gefolgt von Irak (215) und Afghanistan (68). Unter den 1075 Menschen sind 726 Männer und 349 Frauen. 276 von ihnen sind unter 18 Jahre, 311 sind alleinstehend oder ohne ihre Familie in Deutschland. „Die Menschen, die kamen, bilden einen Querschnitt der Gesellschaft ab. Auch Hochgebildete sind dabei“, so Doris Foerster.

Neue WAZ-Serie

„Wir schaffen das.“ Am 31. August 2015 positionierte sich Bundeskanzlerin Merkel zur Flüchtlingskrise. Dieser Satz wurde der Slogan für Gegner und Befürworter ihrer Flüchtlingspolitik. Fünf Jahre später wirft die WAZ in der Serie „Flüchtlingskrise – Fünf Jahre danach“ einen Blick auf das Thema.

Dazu wird die Redaktion verschiedene Aspekte des Flüchtlingsthemas aufgreifen. Wir stellen Flüchtlinge vor, die sich voll integriert haben und Gladbeck als ihre neue Heimat empfinden. Wir gehen Gerüchten nach: Hat sich etwa die Kriminalitätsstatistik negativ verändert? Welche Herausforderungen hatte der Zustrom der Flüchtlinge in Schulen? Wie gut ist es gelungen, diesen zu bewältigen?

In der Corona-Pandemie sind bereits gebuchte Rückfluge storniert worden

Einige Menschen mussten das Land auch wieder verlassen. Ob ein Asylantrag abgelehnt oder genehmigt wird, darüber entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die zuständige Ausländerbehörde vor Ort regelt im Fall einer Ablehnung die Ausreise. Seit 2015 wurden 84 Menschen abgeschoben. Die meisten (40) im Jahr 2019.

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„Während der Corona-Pandemie sind viele bereits gebuchte Rückflüge storniert worden. Daher sind in diesem Jahr bisher nur drei Menschen abgeschoben worden“, so Foerster. Einige Menschen (276 seit 2015) reisten nach Aufforderung freiwillig wieder aus. Von den seit 2015 eingereisten Asylbewerbern wurden bisher 75 Menschen abgelehnt. Neun Personen konnten eine Ausbildungsduldung und eine Person eine Beschäftigungsduldung und damit absehbar ein Bleiberecht erhalten, so die Stadtverwaltung. 30 Asylverfahren sind bis heute nicht abschließend entschieden.

Eine zentrale Unterbringung der Menschen war von Beginn an präferiert

Mitte 2017 sei der Höhepunkt der Flüchtlingskrise geschafft gewesen. „In diesem Jahr wurden uns auch nur 70 Menschen zugewiesen, da wir die Quote erfüllt hatten“, so Foerster. 2020 kamen bisher 77 Menschen nach Gladbeck, zugewiesen ebenfalls nach dem Königsteiner Schlüssel. „Heute gibt es eine Vorlaufzeit von 14 Tagen, damals hatten wir in der Regel nur ein paar Stunden Zeit“, erinnert sie sich. Die Stadtverwaltung hatte eine dezentrale Unterbringung der Menschen von Beginn an präferiert. „Ein Leben in der Stadtgesellschaft trägt zur Integration bei. Die Menschen werden in die Nachbarschaft eingebunden“, so Thomas Andres, Leiter des Amtes für Soziales und Wohnen.

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Dennoch: Zu Beginn, um die ankommenden Menschen in der Kürze der Zeit überhaupt unterbringen zu können, mussten Container her. Innerhalb von 72 Stunden musste Wohnraum für 150 Flüchtlinge geschaffen werden, als am 26. Juli die ersten Menschen in der Landesunterkunft in Rentfort-Nord ankamen. 300 Plätze hielt die Unterkunft hier in Spitzenzeiten vor. Stadtverwaltung und das Deutsche Rote Kreuz (DRK) bauten die Landesunterkunft gemeinsam auf. Als das Land sich aus der Notunterkunft zurückzog, übernahm die Stadt den Standort. Ende 2018 baute die Stadt die Container ab.

Die Standorte der Container wurden in der ganzen Stadt verteilt

Weitere Container-Standorte gab es an der Uhlandstraße und Im Linnerott. An der Boy und an der Talstraße gab es Unterkünfte, die sich bis heute etabliert haben. „Wir wollten die Standorte in der gesamten Stadt verteilen. Dieses Konzept hatten wir bei einer Bürgerversammlung vorgestellt, und es ist auch gut akzeptiert worden“, so Sozialdezernent und Erster Beigeordneter Rainer Weichelt. Die Container, die die Verwaltung in der Stadt aufbaute, waren angemietet. „Die Firmen verlangten dafür zum Teil horrende Preise. Wir bekamen viele Angebote, manchmal zehn pro Tag. Auch unaufgefordert“, erinnert sich Thomas Andres.

Container gibt es keine mehr, seit die letzten Ende 2019 an der Uhlandstraße abgebaut wurden. 73 Menschen wohnen noch in den drei zentralen Unterbringungsmöglichkeiten An der Boy, an der Winkelstraße und an der Talstraße. 332 weitere Menschen, die von der Stadt Leistungen bekommen, wohnen in von der Stadt oder selbst angemieteten Wohnungen.

„Viele Gladbecker haben damals geholfen“, so Rainer Weichelt. Sozialverbände, die Evangelische Flüchtlingshilfe, Privatpersonen – viele engagierten sich. „Der Mix aus städtischem Handeln und der Zivilgesellschaft hat gut funktioniert.“ Er sei stolz auf die Gladbecker Stadtgesellschaft. „Es hat auch keine Übergriffe gegeben, weder von der einen noch von der anderen Seite.“ Er kritisiert aber auch die fehlende Unterstützung von Land und Bund für die Kommunen. Im Zuge der Corona-Pandemie seien viele Geldhähne aufgedreht worden, das sei in der Flüchtlingskrise nicht so gewesen. Das sei ein harter Kampf für die Kommunen gewesen, die noch heute um Erstattungen kämpften. „Wir hätten gerne mehr Geld gehabt, um die Integration noch erfolgreicher gestalten zu können.“