Gladbeck. Bei der Aktion “Night of Light“ werden auch Gladbecker Veranstaltungsorte beleuchtet. Event-Branche weist auf ihre Existenznot durch Corona hin.

Gut sichtbar in feuerrotem Licht sollen am 22. Juni Teile des Gladbecker Rathauses und der Stadthalle erstrahlen. Ein flammender Appell im Rahmen der bundesweit ausgerufenen "Night of Light". Eine Licht-Aktion, mit der die Veranstaltungsbranche auf ihre brenzlige wirtschaftliche Lage aufgrund der Corona-Beschränkungen hinweisen will. "Denn mit dem behördlichen Veranstaltungsverbot ab 10. März ist uns die Existenzgrundlage entzogen worden. Darauf wollen wir öffentlich hinweisen und hoffen auf Solidarität", erklärt Unternehmer Martin Fries.

Feierabendmarkt am Rathaus und 90er-Jahre-Partys in der Stadthalle mussten abgesagt werden

Mit seinem VSF Veranstaltungsservice stellt der Gladbecker zum Beispiel regelmäßig den Feierabendmarkt vor dem Rathaus auf die Beine und lässt zudem bis zu 900 Leute mehrmals im Jahr bei seinen 90er Partys in der Stadthalle tanzen. Alle dazu geplanten Veranstaltungen habe er absagen müssen. "Am Jahresanfang war ich so gut wie ausgebucht, hatte kaum weiße Flecken in meinem Terminkalender, mit Corona hat sich alles verändert", sagt Fries. "Jetzt habe ich fast nur noch weiße Flecken". Die Hoffnung, dass sich die Lage bald deutlich ändert, habe sich bislang nicht erfüllt. Als jüngstes Ergebnis habe er die für Ende des Monats geplante Veranstaltung "Ford Mustang meets Feierabendmarkt" absagen müssen, bei der rund 50 US-Kultautos der 1960er bis 70er Jahre im Herzen der Stadt auffahren sollten. Zunächst ist die Schau auf Juli/August verschoben. Ob es damit etwas wird, weiß Fries aber noch nicht. "Die aktuellen Lockerungen reichen jedenfalls nicht aus", sagt er.

Jetzt seien Veranstaltungen mit bis zu 100 Besuchern zwar wieder zulässig, die behördlichen Auflagen dazu bedeuteten aber einen Aufwand, "der nicht in Relation mit den zu erwartenden Einnahmen zu bringen ist". Die Autoschau müsste zum Beispiel eingezäunt, die Zugänge von Sicherheitspersonal überwacht werden, "damit die zulässige Besucherzahl kontrolliert werden kann". Zudem müssten die persönlichen Daten der Besucher erfasst werden, um gegebenenfalls Infektionswege zurückverfolgen zu können. "Ein Aufwand, der sich nicht lohnt", so Fries.

Die Stadtverwaltung wurde selbst als Veranstalter ausgebremst

Mit dem Corona-Stopp ausgebremst wurde auch die Stadtverwaltung selbst als Veranstalter in der Stadthalle. "Bislang 25 Veranstaltungen mussten abgesagt werden", überschlägt Stadthallen-Chefin Dagmar Wollschläger-Musiol, davon etwa die Hälfte unter Regie der Stadt. Sie hoffe aber, die Einnahmeverluste abfedern zu können, "da wir nur für zwei unserer Veranstaltungen keinen Ausweichtermin finden konnten". Der Großteil soll in die zweite Jahreshälfte verschoben werden. "Dann haben wir zwar nahezu eine Sieben-Tage-Woche, aber die Mitarbeiter sind zu diesem Einsatz bereit, Hauptsache das kulturelle Leben geht wieder los", so Wollschläger-Musiol. Erster angepeilter Termin nach der Sommerpause ist Comedy mit La Signora am 24. August.

Eine Bühnenmeisterin, ein Bühnenmeister und ein Veranstaltungstechiker sind fest für die Stadthalle angestellt, hinzu kommen drei Auszubildende. Das Gros im Team machen aber 30 Minijobber aus, die im Gastrobereich, an der Garderobe, als Bühnen- oder Saalhelfer arbeiten. Um diesen weiter eine Beschäftigung zu bieten, habe sie im Bewusstsein sozialer Verantwortung nach Möglichkeiten gesucht, so die Stadthallen-Chefin. Mit Erfolg: Die Stadthallen-Mitarbeiter unterstützen das Ordnungsamt jetzt bei den intensivierten Corona-Kontrollen im Stadtgebiet. Und Stadthallenpartner Martin Fries wurde auch unterstützt, in dem er im Auftrag über Wochen das Steigerlied als Solidaritätssignal in Coronazeiten vom Rathausturm erklingen ließ. Fries selbst organisierte weitere Einnahmequellen, indem er Desinfektionsmittelspender und Absperssysteme "zum guten Preis für die Stadt organisierte". Aus der Not gesuchte Einnahmequellen, "die freilich nicht den Verlust einer Großveranstaltung ausgleichen können", so der Veranstaltungsprofi. Er hofft, dass die "Night of Light" Druck auf die Politik ausübt, "zumindest im Außenbereich zeitnah wieder Großveranstaltungen mit weniger strikten Auflagen zuzulassen".

Die Veranstalter sind sich ihrer Verantwortung gegenüber dem Publikum bewusst

Die Veranstalter seien sich "durchaus ihrer Verantwortung gegenüber dem Publikum bewusst", unterstreicht Stephan Kückelmann. Der Bottroper Eventmanager veranstaltet regelmäßig die Tanzpartys "ExhibitionClub" und "ClubAffairs" mit mehr als 1000 Besuchern in der Gladbecker Maschinenhalle, die im März ausfallen mussten. Ob die angepeilten Oktobertermine stattfinden können, stehe noch in den Sternen. "Indoor-Veranstaltungen gelten ja als große Infektionsherde". Und solange die Corona-Gefahr durch einen Impfstoff nicht gebannt sei, hätten wohl auch kaum "viele Gäste Spaß daran, auf einer großen Party tanzen zu gehen".

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>>>Solidarität willkommen

• Die Idee zur "Night of Light" hatte der große Eventveranstalter LK AG aus Essen. Mit der Aktion soll Druck auf die Politik ausgeübt werden, um mit der Veranstaltungsbranche in den Dialog zu treten und nach kurzfristigen Auswegen zu suchen. Denn: Weitere 100 Tage ohne größere Einnahmen würden viele im Sektor tätige Unternehmen nicht überleben.

• Die Bürger sind aufgerufen, am 22. Juni ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Sie können mit Taschenlampen und roter Folie oder roten Grabkerzen von 22 bis 1 Uhr zu den Beleuchtungsorten am Rathaus und der Stadthalle kommen. Ein Programm ist dort nicht geplant, aber Betroffene stehen dort zum Thema gerne Rede und Antwort.