Gladbeck. Der Gladbecker Influencer filmt seine Besuche leerstehender Gebäude. In einem alten Krankenhaus hat er tausende Patienten-Akten entdeckt.
In Sachen Youtube-Videos hat der 29-jährige Influencer schon einen großen Bekanntheitsgrad. Rund 470.000 Fans haben seinen Kanal „ItsMarvin“ abonniert, und mehr als drei Millionen Mal werden seine Beiträge im Schnitt monatlich abgerufen. Jetzt hat Marvin aus Gladbeck, der bittet, seinen Nachnamen nicht zu veröffentlichen, aber deutschlandweit für weiteres mediales Aufsehen gesorgt. Denn sein Videobericht über ein seit rund zehn Jahren leerstehendes Krankenhaus in Büren bei Paderborn deckte einen Skandal auf. Grund: In dem ohne großen Aufwand zugängigen Gebäude lagern noch tausende von Patientenakten, die nicht gesichert oder entsorgt worden sind.
Die Stadtverwaltung soll von dem Missstand gewusst haben
Die über empörte Bürger verständigte lokale Presse hakte beim Bürgermeister nach. Im Raum steht der Vorwurf, dass die Stadtverwaltung längst von dem Missstand im ehemaligen St.-Nikolas-Hospital wusste und nicht angemessen reagiert habe. Der Skandal kochte bundesweit in den Medien hoch, so dass auch bei Youtuber Marvin das Telefon nicht stillsteht. „Bestimmt schon 100 Anfragen von Fernseh- und Radiosendern, Zeitungen und Zeitschriften“ hätten ihn erreicht, erzählt Marvin in dem Büro seiner Produktionsfirma Creativemedia. Der Bürener Bürgermeister wolle ihn wegen Hausfriedensbruch anzeigen, dem sehe er aber gelassen entgegen. Denn: „Anzeigen kann mich eigentlich nur der Hauseigentümer, die Hamburger MK-Kliniken AG. Mit der habe er aber bereits gesprochen, „und die hat daran wohl kein Interesse“. Dort sei man vielmehr dankbar, dass er den Missstand aufgedeckt habe; man versuche, den damaligen Insolvenzverwalter für eine Klärung des Sachstands zu erreichen. „Denn so wie ich es verstanden habe, sollte der die Krankenhaus-Immobilie nach der Insolvenz abwickeln, räumen und sichern.“
In seinem Hauptquartier an der Straßburger Straße in Gladbeck-Brauck hat Marvin dazu schon ein Erklärvideo auf seinem Kanal ins Netz gestellt, das schon fast ebenso oft aufgerufen wurde wie sein Krankenhaus-Dreh. Dass der für so viel Aufsehen sorgt, „das hat mich selbst überrascht“, sagt Marvin. Denn über leerstehende Villen, Fabriken, Schwimmbäder oder eine alte Feuerwache als vergessene Orte, so genannte Lost-Places, zu berichten, das ist inzwischen für den Gladbecker vom Hobby zum Job geworden. Ein professionalisiertes Abenteuer und ein Nervenkitzel, an dem seine treuen Fans via Youtube-Clip teilhaben können. Und mit dem sich so auch Geld verdienen lässt, über die Werbung, die in seinen millionenfach abgerufenen Videos geschaltet wird.
Zwei bis drei neue Film-Clips pro Woche erwarten die Fans
In Bottrop aufgewachsen
Youtuber ItsMarvin fühlt sich nach eignen Aussagen als Gladbecker. Er ist aber in Bottrop geboren und aufgewachsen und lebt nach wie vor im Stadtteil Welheim.
Seine ersten beruflichen Schritte machte Marvin als Produzent von Imagefilmen. Dem Gladbecker Jugendrat ist er auch verbunden, mit dem er vor Jahren ein Video-Projekt durchgeführt hat.
Wieviel genau, sagt ItsMarvin nicht, es lasse sich „aber gut davon leben“. Andererseits steht der Jäger der vergessenen Orte auch unter dem Druck, regelmäßig neue Drehs abzuliefern. Denn zwei bis drei Clips pro Woche erwarte die Fan-Basis, die ihm auch Tipps zu Drehorten gibt. „Fester Sendetermine für einen neuen Lost-Place ist Freitag“, am Mittwoch seien Bastelfilme dran und manchmal lädt ItsMarvin auch am Sonntag was auf seinen Kanal hoch, Spaßfilmchen mit Freunden, oder der Youtuber plaudert zu einem Thema, das ihn bewegt, gemütlich von der Couch aus. Die „Bastelfilme“ sind quasi das zweite auch berufliche Standbein des Influencers. Denn in einer ehemaligen RBH-Halle an der Talstraße hat sich Marvin darauf spezialisiert, Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr, Rettungs- oder sonstigen Hilfsdiensten aufzubereiten und zu modernisieren. „Wir tauschen zum Beispiel die alten Blaulicht-Drehleuchten gegen moderne LED-Technik aus“, so Marvin. Bastelstunden, die mitgefilmt und von den begeisterten Youtube-Fans abgerufen werden.
Rund 500 Lost-Places hat Marvin in den vergangenen fünf Jahren schon besucht, darunter auch das ehemalige Karstadt-Gebäude in Gladbeck. Für ihn sei es „der Reiz, an die Geschichte des Gebäudes und Ortes zu erinnern“, quasi ein filmisches Denkmal zu setzen, „da die meisten der besuchten Gebäude ja verschwinden und abgerissen werden“. In Sachen lokaler Historie bereite er in diesem Sinne gerade eine besondere Serie vor; Titel: „Spuren des Bergbaus“. Auch einem weiteren Skandal ist ItsMarvin auf der Spur, „der vermutlich auch deutschlandweit für großes mediales Aufsehen sorgen wird“. Konkretes will er dazu noch nicht verraten, dafür sei die Sache viel zu heiß. Er gibt aber einen Hinweis, in welche Richtung es geht: „Organisierte Kriminalität“.